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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sitzen lassen? Man möchte, dass ich etwas zur Unterhaltung beitrage.«
    »Geht Ihr fort?«
    »Nein, nein.«
    Aziza stand auf, und jemand reichte ihr ein Musikinstrument. Ein bauchiges Ding, mit Saiten bespannt und mit einem gebogenen Hals.
    »Sie spielt die Laute wunderbar!«, erklärte Esteban und rollte verzückt die Augen.
    Das musste Almut zugeben, und obwohl sie die stickige Luft, die alkoholischen Ausdünstungen, das laute Stimmengewirr und die klebrigen, harten Holzbänke und Tische als ungemütlich empfand, begann sie, ihr Abenteuer sogar zu genießen.
    Doch damit war es schlagartig vorbei, als eine neue Gruppe junger Männer zur Tür hereinkam. Laut und angetrunken pöbelten sie Aziza unflätig an. Sie spielte gelassen einen Schlussakkord, reichte dem Besitzer der Laute das Instrument zurück und schlüpfte auf ihren Platz neben Almut zurück.
    »Das dürfte interessant für Euch werden, Schwester!«
    »Die kenne ich doch!«, flüsterte Almut, plötzlich alarmiert.
    »Schöne Bekanntschaften habt Ihr!«
    »Man kann sie nicht direkt als Bekanntschaft bezeichnen, den Burschen mit den hochgebundenen Schuhspitzen habe ich neulich geohrfeigt, als er mich belästigt hat!«
    »Tilmann? Sehr schön. Zeigt mir Eure Hände! Oh, nun, das wird sich gelohnt haben!«
    Aziza grinste, als sie Almuts raue Hand tätschelte.
    »Wer ist dieser Tilmann?«
    »Ein zwielichtiger Geselle. Was er eigentlich betreibt, weiß niemand so genau, aber er scheint über ein gewisses Vermögen zu verfügen.«
    »Reiche Eltern?«
    »Nein. Zumindest sind sie in Köln nicht bekannt. Er vermittelt Geschäfte, hörte ich sagen. Er ist viel in Gasthäusern und Schenken anzutreffen und wird ein gutes Ohr für Gelegenheiten haben. Für solche Hinweise sind viele bereit, etwas zu zahlen.«
    »Er wüsste auch Abnehmer für guten Rotwein aus Burgund?«
    »Aber sicher.«
    Almut beobachtete, wie Tilmann sich mit seinen Gesellen an einem Tisch breit machte und nach Wein rief. Beflissen eilte der Bruder Cellerar herbei und brachte eine gefüllte Kanne.
    »Ich komme nicht allzu häufig hierher«, bemerkte Aziza leise. »Aber bislang ist er jedes Mal hier aufgekreuzt, wenn ich da war. Er und seine Freunde saufen meist bis zum Umfallen und können sehr unangenehm werden. Also lenkt nicht ihre Aufmerksamkeit auf Euch!«
    Die Warnung kam zu spät. Almuts interessiertes Beobachten hatte Tilmann schon bemerkt, und er musterte sie jetzt mit frecher Aufdringlichkeit.
    »Da ist man mal acht Tage nicht in der Stadt, und schon entgeht einem alles Mögliche! Wer ist diese schöne Unbekannte in unseren Kreisen?«, rief er aus und stand auf, um sie näher zu begutachten.
    »Aziza, meine Hübsche, rück ein wenig zur Seite, damit ich Freundschaft mit deiner Begleiterin schließen kann.«
    »Ich bin nicht sicher, ob das auch ihr Wunsch ist!«, erwiderte Aziza und blieb stur an ihrem Platz sitzen.
    »Aber sicher doch. Sie wird einen Trunk guten Rotweins sicher nicht ablehnen. Und du auch nicht, Maurin!«
    Obwohl ihr der zudringliche Tilmann unangenehm war, trat Almut ihrer Nachbarin sacht auf den Fuß und lächelte dem Mann zögerlich zu.
    »Siehst du, sie ist nicht so unnahbar wie du, Aziza!«
    Tilmann winkte den Bruder Cellerar zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Almut spitzte die ihren und vermeinte etwas zu verstehen wie: »…einen Krug von unserem Fass!«
    Kurze Zeit später brachte der Mönch eine bauchige Kanne und stellte sie vor Tilmann, der sich dreist neben Aziza und sie auf die Bank gezwängt hatte und nun versuchte, Almuts Aufmerksamkeit zu erregen. Sie wurde ihm bereits stärker zuteil, als er ahnte, doch bemerkte er davon nichts. Ganz genau hatte sie bereits sein Gesicht und seine Kleidung gemustert. Er war kein unattraktiver Mann, etwa gleich alt wie sie selbst, mit dichten, goldblonden Haaren, die ihm glatt bis zur Schulter fielen. Sein Züge waren sanft, beinahe jungenhaft zu nennen und würden irgendwann schwammig werden. Seine Augen hingegen wirkten alles andere als jungenhaft, sie erschienen ihr einfach berechnend. Sein reich besticktes, gepolstertes Wams erweckte den Eindruck eines prächtigen, muskulösen Oberkörpers, doch die schlanken, glatten Hände zeugten nicht von harter, körperlicher, Arbeit.
    »Trinken wir, meine schönen Freundinnen. Auf das Leben und die Liebe!«
    Er hob seinen Becher und neigte mit blitzenden Augen den Kopf. Ohne ihm allzu deutlich Bescheid zu tun, hob Almut ihren Becher und nippte vorsichtig an der dunkelroten

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