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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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haben offensichtlich doch das eine oder andere gemeinsam!«
    Almut zwickte in diesem Augenblick ein kleines Teufelchen. Vorsichtig setzte sie ihren Becher ab und meinte beiläufig: »Oh, wir haben mehr gemeinsam, als Ihr glaubt!«
    »Ach, haben wir das?« Der Tonfall ließ Aziza aufhorchen.
    »Ja, beispielsweise kennen wir beide einen aufrechten Baumeister namens Conrad Bertholf.«
    Mit weit aufgerissenen Augen sah Aziza ihr Gegenüber an.
    »Wie, zum Teufel, seid Ihr dahinter gekommen?«
    »Wohinter, Aziza?«
    »Dass er mein Vater ist!«
    »Oh, ganz einfach. Weil er auch meiner ist, Schwester!«, sagte Almut mit einem breiten Grinsen und genoss den unbeschreiblichen Gesichtsausdruck der maurischen Hure, die keine war.

18. Kapitel
    Bruder Johannes hatte eine Niederlage einstecken müssen, und zwei Tage lang verbrachte er verbissen betend auf den Knien, um seinen Geist von den lähmenden Erinnerungen zu reinigen. Als er sich schließlich geläutert erhob, war sein Bild von sich als erfolgreichem Hüter der kirchlichen Werte wiederhergestellt, und er war bereit, die Herausforderung de Lipas anzunehmen und den Mörder seines Adlatus Jean de Champol zu suchen. Mit neu erwachtem Spürsinn nahm er die Fährte auf und besuchte das Haus der de Lipas. Hier fand sich ein Knecht, den einige einschüchternde Worte über den Aufenthalt im Fegefeuer ein wenig mehr aus dem Privatleben seiner Herrschaften ausplaudern ließen, als es sonst der Fall gewesen wäre. So erfuhr der Inquisitor, dass Jean zunächst im Haushalt gut gelitten war und Frau Dietke sich gerne mit dem wohlerzogenen, gut aussehenden Jungen unterhalten hatte. Dann aber trat plötzlich eine Änderung ein, und die Dame zeigte ihm gegenüber nur noch kühle Höflichkeit. Den Grund dafür kannte der Knecht nicht, er erinnerte sich nur noch an den Zeitpunkt dieser Veränderung: nach einem längeren Aufenthalt ihres Mannes auf den Weingütern. Diese Weingärten lagen auf der anderen Rheinseite und wurden von einem fähigen Verwalter betreut, ein Umstand, der de Lipas Anwesenheit nicht unbedingt erforderte. Schon gar nicht war dort große, anstrengende Arbeit erforderlich, eher, vermutete der Knecht, ging de Lipa seinen Vergnügungen nach. Jagd vielleicht, vielleicht stellte er auch den Dorfmädchen nach. Jedenfalls hatte ihn Jean begleitet, und anschließend war Frau Dietke verschnupft gewesen.
    Von dem Knecht erhielt Bruder Johannes außerdem die Namen derer, die mit Jean häufiger bei dessen Arbeit zu tun hatten, und er suchte das Lagerhaus auf. Ein junger Mann, der in den Kellern die Fässer für die Lieferungen des Tages kontrollierte, beantwortete seine Fragen. Nur zu bereitwillig, wie sich zeigte, denn er war eifersüchtig auf diesen Fremden gewesen, der sich in die Gunst seines Herren eingeschmeichelt hatte. Selbst ehrgeizig, hatte er verfolgt, wie Jean immer häufiger von de Lipa mit besonderen Aufgaben betreut wurde, von den schweren Arbeiten meist befreit war und oft genug mit ihm zu Kunden mitgenommen wurde, ganz wie ein Gleichgestellter. Von Frau Dietkes Benehmen jedoch wusste er nichts, dagegen hatte er von nächtlichen Ausschweifungen gehört und brachte Bruder Johannes auf die Spur von Tilmann. Dieser nun, in Person, war schwer zu fassen, sein Ruf hingegen stadtbekannt, und so konnte sich der Inquisitor ziemlich schnell ein Bild von dem geschäftstüchtigen Herren machen. Ein zweifelhaftes Bild. Darin enthalten waren auch Gerüchte über gepantschte Weine und eine Schenke im Westen der Stadt.
    Am Donnerstagabend klopfte Bruder Johannes Deubelbeiß an die Seitenpforte des Klosters am Gereons-Tor, das Almut und Aziza tags zuvor besucht hatten. Für den Bruder Cellerar und seine Helfer brach der Tag des Zornes an. Es fiel Feuer vom Himmel und verzehrte sie. Und der Teufel, der sie verführte, wurde geworfen in einen Pfuhl von Feuer und Schwefel, wo auch das Tier und der falsche Prophet waren; und sie werden gequält werden Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
    Hat Johannes gesagt – der Apostel, nicht der Bruder.

19. Kapitel
    Almuts Lügengespinst hatte sich als ein nicht allzu haltbares Gewebe erwiesen, und als sie morgens im Konvent eintraf, begegnete ihr eine äußerst ergrimmte Meisterin.
    »Ich muss mich jetzt zuerst um einen sehr lukrativen Auftrag kümmern, Almut. Aber wenn ich zurückkomme, erwarte ich unverzüglich eine Erklärung für dein Fortbleiben. Ganz bestimmt hast du nämlich heute Nacht nicht deine Familie besucht!«
    Almut war rot

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