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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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froh, dass Ihr nicht tot seid.«
    »Ja, ich auch«, gestand Nick. »Und ich bedaure, wenn ich Euch Unannehmlichkeiten bereitet habe. Ich hoffe, ich war nicht gar zu teuer?«
    Chapuys lachte in sich hinein, schloss die Tür und führte ihn in ein kleines, schwach erhelltes Gemach. »Seid unbesorgt. Bartholomew Kestrel ist ein zu guter Geschäftsmann, um einen treuen Kunden wie mich zu vergrellen. Nehmt Platz, Mylord. Ein Schluck Wein? Interessante Gewänder übrigens.«
    Nick nahm dankbar einen gut gefüllten Becher entgegen und trank. »Sie werden sich noch als nützlich erweisen, hoffe ich.«
    »Ja, eine brauchbare Verkleidung, wenn Ihr das Land verlassen wollt. Und das müsst Ihr wohl, nicht wahr? Ein Jammer. Ich wünschte nur, ich hätte eine Möglichkeit, die Prinzessin wissen zu lassen, dass Ihr wohlauf seid. Gott allein weiß, welche Gerüchte und Schauergeschichten sie gehört hat.« Er hob seufzend die Schultern. »Jeder Kontakt zu ihr ist mir untersagt. Das arme Kind ist abgeschnitten von allen Freunden und Neuigkeiten.«
    »Ja.« Nick stellte den Becher ab und richtete sich auf. »Deswegen bin ich hier, Master Chapuys. Ich habe nicht die Absicht, das Land zu verlassen, sondern ich werde mich in den Haushalt der kleinen Prinzessin Elizabeth einschleichen und dort das tun, was ich einmal geschworen habe: Ich werde Marys Freund sein. Das heißt, ich werde das Bindeglied zwischen ihr und Euch sein, sodass sie wenigstens hin und wieder Nachrichten von Euch und ihrer Mutter erhalten kann, und ich werde auf sie achtgeben, so gut es mir möglich ist.«
    Chapuys starrte ihn an, als hätte er plötzlich Gälisch gesprochen. »Was?«
    »Noch mal von vorn?«, offerierte Nick.
    »Wie stellt Ihr Euch das vor? Wie wollt Ihr Euch dort einschleichen?«
    »Als Stallknecht. Das hat Tradition in meiner Familie …«
    »Aber … das ist vollkommen verrückt.«
    »Keineswegs. Es ist bis ins Detail durchdacht. Eine meiner Mägde aus Waringham hat sich bereits als Amme der kleinen Prinzessin in Hatfield verdingt.«
    »Etwa die Mutter Eures kleinen Bastards?«
    Er nickte. »Ganz recht. Ein fahrender Barbier, der nach Waringham kam, erzählte, einer der Ammen der kleinen Elizabeth sei die Milch versiegt, und es werde händeringend eine neue gesucht. Polly hat Milch genug für ein halbes Dutzend Kinder, also habe ich sie überredet, sich um die Stellung zu bewerben. Ich hatte die Absicht, regelmäßig hinzureiten, mich bei Dunkelheit mit ihr zu treffen und so herauszufinden, was geschieht und wie es Prinzessin Mary ergeht. Aber jetzt wird es viel einfacher: Ich werde selbst dort sein, Polly kann mir in der Gesindeküche erzählen, was im Haus vorgeht, ich schreibe alles auf, was Ihr wissen müsst, und verstecke meinen Bericht im Sockel des Wegkreuzes, wo der Pfad nach Hatfield von der Straße nach London abzweigt. Ihr lasst ihn abholen und hinterlegt mir dort Eure Nachrichten. Was Mary wissen muss, lasse ich ihr über Polly zukommen.«
    Chapuys hatte ihm konzentriert zugehört. »Aber man wird Euch sofort erkennen. Ihr wart in letzter Zeit oft bei Hofe und …«
    »Viermal seit Anne Boleyns Krönung, und ich habe mich immer bemüht, unauffällig zu sein. Außerdem, wer vom Hof wird sich schon die Mühe machen, den Haushalt einer Prinzessin zu besuchen, die gerade mal ein halbes Jahr alt ist?«
    »Ihre Mutter vielleicht?«, schlug Chapuys vor. »Und sie würde Euch erkennen – Anne Boleyn ist berühmt dafür, dass sie niemals ein Gesicht vergisst.«
    »Ja, aber sie käme im Traum nicht darauf, auch nur in die Nähe des Pferdestalls zu kommen. Das gilt auch für königliche Boten und die adligen Gouvernanten der beiden Prinzessinnen. Der ganze Haushalt besteht doch praktisch nur aus Frauen, und Frauen meiden Stallungen.«
    »Was, wenn George Boleyn, der seit Monaten Eure Freundschaft gesucht hat, seine kleine Nichte besucht, und Euch würde befohlen, ihm sein Pferd zu bringen, wenn er wieder fortreitet?«
    »Das erledigen Pagen. Sie holen die Pferde in den Stallungen ab und bringen sie den Herrschaften.«
    Der kaiserliche Botschafter schüttelte langsam den Kopf. »Trotzdem. Es ist zu gefährlich und …«
    Nick schlug mit der Faust auf den Tisch, dass der Wein aus den Bechern schwappte. »Dann sagt Ihr mir, was wir tun sollen, um Mary zu beschützen! Ihr seid doch sonst nie um einen genialen Einfall verlegen.« Er atmete tief durch, um seinen Zorn unter Kontrolle zu bringen, und fuhr sich kurz mit dem Unterarm über die Stirn.

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