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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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stützte ihn. Es war ihm nicht einmal peinlich. Entweder war er zu erledigt dafür, oder es lag daran, dass diese Frau alt genug war, um seine Großmutter zu sein. Jedenfalls ließ er sich dankbar von ihr zu einer kleinen Bank gegenüber dem Eingang führen und sank darauf nieder.
    Lady Margaret wandte sich ab und versperrte die Tür. Dann trat sie vor ihn und betrachtete ihn eingehend. »Besser, die Prinzessin sieht Euch nicht in diesem Zustand.«
    Er nickte und lehnte den Kopf zurück an die dunkle Wandtäfelung.
    »Sie ist schlafen gegangen«, fuhr Lady Margaret fort. »Also lassen wir sie schlafen. Kommt mit in die Halle, Mylord. Das Feuer brennt noch. Wärmt Euch auf, während ich eine Kammer für Euch herrichten lasse. Wollt Ihr essen?«
    »Bloß nicht …«
    Sie half ihm geschickt auf die Füße und brachte ihn durch eine Doppeltür in einen behaglichen, dämmrigen Raum. Vor dem Kamin stand ein langer Tisch mit acht oder zehn Stühlen. Nick setzte sich auf den, der dem Feuer am nächsten war. Der Stuhl war ungepolstert und hart, aber Nick war nicht wählerisch.
    »Ich bin gleich zurück«, versprach Lady Margaret. »Braucht Ihr irgendetwas?«
    »Vermutlich sollte ich meinen Arm schienen. Alles andere wird von selbst wieder, schätze ich.«
    Lady Margaret schwebte mit einem unverbindlichen Lächeln hinaus – eine Dame vom alten Schlag: unerschütterlich in ihrer Vornehmheit. Nick blieb allein zurück, sah ins Feuer und dachte nach. Ein Diener kam nach einer Weile, stellte einen Krug mit dampfend heißem Wein und eine Platte mit Brot auf den Tisch, zündete ein paar zusätzliche Kerzen an und legte Holz nach. Kaum war er verschwunden, wurde die Tür schon wieder geöffnet.
    »Ist noch ein Bote gekommen, Lady Margaret? Ich dachte, ich …« Der Satz endete in einem Schrei. Aber er war nicht besonders laut: Ein matter Laut, der Resignation ebenso ausdrückte wie Schrecken. »Lord Waringham … Was … was haben sie mit Euch getan?«
    Nick lächelte ihr zu. Es fühlte sich ziemlich schiefmäulig an. »Hab ich Blut im Gesicht?«, fragte er schuldbewusst.
    Prinzessin Mary kam langsam näher, sank auf den Stuhl neben ihm und sah ihn unverwandt an. »Im Gesicht. Im Haar. Überall.«
    »Ich glaube, es sieht schlimmer aus, als es ist, Hoheit.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach sie.
    Lady Margaret kam zurück. »Ach je, Hoheit. Ich hatte gehofft, wir könnten Euch den Anblick bis morgen ersparen.« Eine Magd mit einer Schüssel und Verbandszeug war ihr in die Halle gefolgt. Nick beäugte die Utensilien argwöhnisch.
    »Ich habe die Tür gehört«, antwortete die Prinzessin.
    Lady Margaret bedachte Nick mit einem vorwurfsvollen Blick. »Eure Kammer ist bereit, Lord Waringham.« Es klang frostig, wie er es von ihr gewohnt war. »Ihr solltet Euch hinlegen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Liegen ist … ziemlich grässlich, Madam.«
    »Aber Euch schwindelt. Ihr müsst Euch ausruhen. Morgen sieht die Welt gewiss schon ganz anders aus.«
    Sie hatte recht, Nick hatte das Gefühl, als schwankten Tisch und Stuhl ein wenig. Doch nun, da Mary ihn gesehen hatte, konnte er sich nicht hinter irgendwelche Bettvorhänge verkriechen und seine Wunden lecken, sondern musste tun, wozu er hergekommen war. Jetzt.
    Die Prinzessin stand auf. »Seid so gut und lasst uns allein«, bat sie die Countess und die Magd.
    Das junge Mädchen knickste wortlos und ging zur Tür. Lady Margaret sah kritisch von Mary zu Nick und wieder zurück. »Es ist nicht schicklich, sagt, was Ihr wollt«, brummelte sie.
    Mary nickte unverbindlich und sah sie abwartend an.
    Stirnrunzelnd folgte Lady Margaret der Magd hinaus.
    Die Prinzessin tauchte ein Tuch in die Wasserschüssel, wrang es aus und tupfte Nick das Gesicht ab. Er nahm ihr das Tuch aus der Hand. »Das tu ich lieber selbst. Dann ist es nicht so peinlich. Wenn Ihr Euch nützlich machen wollt, schient mir den Arm, Hoheit.« Er wies auf die beiden Holzlatten, die die Magd mitgebracht hatte.
    Mary machte sich ans Werk, behutsam und geschickt, aber trotzdem zuckte er zusammen, als sie die Schienen anlegte und mit einer Lederschnur umwickelte. Mary schaute erschrocken auf, und er sah mit sinkendem Herzen, dass Tränen über ihr Gesicht liefen.
    Schweigend tauchte er das Tuch ins Wasser, das sich rosa zu verfärben begann, wrang es wieder aus und rubbelte sich weit weniger vorsichtig über Gesicht und Haar, als sie es getan hatte. Das machte er so lange, bis das Tuch keine Blutschlieren mehr aufwies und

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