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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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der päpstlichen Kirche zu führen, dann hätten wir es inzwischen gemerkt. Und die junge Königin trägt außerdem keine Verantwortung für die Untaten ihres Vaters. Es schien mir geboten, das Geheimnis zu hüten, um das Andenken der Schwestern von Wetherby zu schützen.«
    »Ihr seid ein wirklich anständiger Kerl, Chapuys.«
    »Für einen Diplomaten, meint Ihr, ja?«
    Nick lachte in sich hinein, aber das Gefühl, als habe sich ein Bleigewicht auf sein Herz gelegt, blieb.

Waringham, September 1540
    Nick saß mit Madog über der Pachtabrechnung, als die Tür sich öffnete und sein Bruder eintrat. »Entschuldige die Störung, Nick …«
    »Ray!« Nick strahlte. »Ich wusste gar nicht, dass du hier bist.«
    »Eben angekommen«, erklärte der Jüngere. »Madog.«
    Der Steward winkte ihn näher. »Trinkst du einen Schluck mit uns? Diese Abrechnung ist so ein Albtraum, dass ich dringend eine Stärkung brauche.«
    »Schlechte Ernte?«, fragte Raymond besorgt.
    Madog hob vielsagend die Schultern. »Kein Tropfen Regen seit Anfang Juni. Die Kornpreise werden diesen Winter höher sein als die Berge in Wales.«
    »Und dann werden wir in der Krippe kein Brot mehr an die Straßenkinder verteilen können«, fügte Nick hinzu. »Wenn du an den Hof zurückkommst, Ray, frag König Henry bei Gelegenheit, wie er seine leidgeprüften Untertanen über den Winter zu bringen gedenkt.«
    Raymond schnaubte. »König Henry ist gerade nicht besonders gut auf seine leidgeprüften Untertanen zu sprechen, weil es im Norden wieder Unruhen gegeben hat. Er hat gebrüllt, er werde sie alle noch viel ärmer machen, damit sie endlich Ruhe geben.«
    »Verstehe. Die Londoner Straßenkinder werden dem Hungertod gewiss mit Langmut entgegensehen, wenn wir ihnen sagen, dass ihr König es so beschlossen hat.«
    Raymond nickte mit einem hilflosen Achselzucken. »Nick, meine Mutter wünscht dich zu sprechen.«
    »Ah ja? Weswegen?«
    »Es ist wohl besser, das sagt sie dir selbst.« Raymond wirkte eigentümlich verlegen. »Komm schon, tu’s für mich.«
    »Na schön, meinetwegen.«
    Nick betrat sein Geburtshaus auf der anderen Hofseite nicht gern und tat es für gewöhnlich nur einmal im Jahr, um Sumpfhexe ihren Anteil an der Pacht und die Abrechnung zu bringen. Er hatte seinen Schwur gehalten und keine Nacht mehr dort verbracht – selbst als er im Winter nach seinem sechzehnten Geburtstag das Lungenfieber bekommen hatte und so krank gewesen war, dass seine Stiefmutter versucht hatte, ihm zu befehlen, bis zu seiner Genesung in das wärmere, trockene Haus zurückzukehren, hatte er sich geweigert. Aber nun überwog seine Neugier seine Aversion gegen das Haus und seine Bewohner, und er folgte Raymond die hölzerne Treppe hinauf in die behagliche Halle.
    Sumpfhexe saß an ihrem üblichen Platz, und damit nicht genug: Brechnuss und ihr Gemahl standen hinter ihr. Sie wirkten seltsam förmlich.
    »Dudley«, grüßte Nick kühl.
    »Waringham«, antwortete Jerome im gleichen Tonfall.
    Nick sah fragend zu Lady Yolanda. »Hier bin ich, Madam. Also?«
    Sie faltete die Hände vor sich auf der Tischplatte und straffte die Schultern. »Nicholas, ich möchte dich davon in Kenntnis setzen, dass ich beschlossen habe, wieder zu heiraten.«
    Er musste blinzeln. Das war nun wirklich das Letzte, womit er je gerechnet hatte. Sumpfhexe war fünfundvierzig – eine alte Schachtel in Nicks Augen und doch gewiss jenseits ihrer gebärfähigen Jahre. Es war ein Alter, da die meisten Damen es sich in ihrem Witwenstand bequem machten. Aber sie offenbar nicht. Und als ihm aufging, was es bedeutete, hatte er Mühe, einen Jubelschrei zu unterdrücken. Doch er zog lediglich eine Braue in die Höhe und fragte: »Wer ist denn der Glückspilz?«
    »Der Earl of Burton.«
    »Wirklich? Nun, ich kann nicht behaupten, dass ich verstehe, was Euch in die nördliche Einöde ziehen mag, aber vermutlich hegt Ihr den Wunsch, zu Euren Wurzeln zurückzukehren oder Ähnliches.« Er verneigte sich formvollendet. »Ich wünsche Euch Glück, Madam. Und Burton auch. Er wird es brauchen …«
    Wie eh und je wurde ihr Gesicht ziegelrot vor Zorn, während ihre Nase noch einen Moment weiß blieb. Früher hatte der bizarre Anblick ihn immer mit Schrecken erfüllt; heute weidete er sich daran.
    Sumpfhexe war offenbar sprachlos vor Wut, und so war es Brechnuss, die ihn anschnauzte: »Sei lieber vorsichtig. Vielleicht ist dir nicht klar, wie mächtig wir Howard geworden sind.«
    »Louise«, bat Raymond beschwichtigend

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