Der dunkle Thron
»Und?«
Sie nahm seine Hand und drückte sie an die Wange. »Es ist wunderbar.«
»Es gibt auch größere Kammern. Ich habe diese ausgewählt, weil das Fenster auf den Garten zeigt. Und weil sie so nah an der meinen liegt, muss ich gestehen. Aber du kannst dir die anderen gern anschauen, wenn du willst.«
»Nick …«
»Oder falls dir hier irgendetwas nicht gefällt, können wir es ändern. Wenn ein Möbelstück dich stört, fliegt es raus. Und sag Josephine oder Alice Bescheid, wenn du neue Bettvorhänge möchtest oder Ähnliches …«
»Nick.« Sie stand auf, wandte sich zu ihm um und ergriff seine Hände. »Es ist ein wunderbarer, behaglicher Raum. Ich werde mich hier sehr wohlfühlen, glaub mir. Aber denkst du wirklich, ich sei wegen des Wohnkomforts hergekommen?«
Er befreite seine Hände, legte die Arme um ihre Taille und atmete tief durch. »Nein.«
»Warum bist du nervös?«
»Ich weiß es nicht«, gestand er. »Ich kann meinem Glück vermutlich noch nicht so ganz trauen.«
»Aber warst nicht du derjenige, der zu mir gesagt hat, wir beide hätten genug gezahlt?«
»Was dich betrifft, bin ich mir dessen sicherer als in meinem Fall«, gestand er mit diesem verlegenen kleinen Lächeln, das sie so liebte.
Kopfschüttelnd führte sie ihn zu ihrem breiten Bett mit den einladenden frischen Laken. »Dann ist es wohl das Beste, dich auf andere Gedanken zu bringen.«
»Sei so gut«, murmelte er und begann, sie auszuziehen. Er tat es ohne Hast, beinah mit so etwas wie Feierlichkeit, und mit Händen und Lippen strich er über jeden Zoll ihrer Haut, den er freilegte.
Als das Hemd herabrutschte und wie ein weißer Kranz um ihre Füße lag, schleuderte sie es mit dem großen Zeh achtlos beiseite und streifte Nick die Schaube von den Schultern. Er riss ungeduldig an der Kordel, die den Ausschnitt des Wamses verschloss, aber Janis schob seine Hände kopfschüttelnd weg und fuhr fort, ihn mit der gleichen quälenden Geruhsamkeit aus den Kleidern zu schälen. Als er nackt vor ihr stand, bewunderte sie ihr Werk. Sie fand Gefallen an allem, was sie sah: den muskulösen Beinen, dem prallen Glied, das so stolz aufragte und ungeduldig zuckte, sodass es sie beinah zum Lachen brachte, dem flachen Bauch, der beinah haarlosen Brust und den alabasterweißen Schultern. Zu guter Letzt sah sie in sein Gesicht. Die blonden Bartstoppeln schimmerten im Licht der einzelnen Kerze, der ausgeprägte, fein geschwungene Mund, in den sie sich als Erstes verliebt hatte, war leicht geöffnet, und die Augen, die ihren Blick unverwandt erwiderten, schienen im Halbdunkel zu funkeln.
Janis nahm seine Linke und beförderte ihn mit einem plötzlichen Stoß aufs Bett. Gierig streckte er die Hände nach ihr aus, umschloss ihre Taille und wollte sie zu sich herabziehen, um auf sie zu gleiten, aber Janis befreite sich energisch von seinen Händen, ehe sie rittlings auf ihn kletterte. »Heute Nacht gehört Ihr mir, Mylord«, stellte sie klar.
Mit einem Lächeln, das Seligkeit und Lüsternheit zu gleichen Teilen ausdrückte, breitete er die Arme auf den Kissen aus. »Dann verfügt über mich, wie es Euch gutdünkt, Madam.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, murmelte Janis und ließ ihn langsam in sich hineingleiten.
Hatfield, Dezember 1542
»Mylord of Waringham!« Mary trat lächelnd auf ihn zu. »Das wurde aber auch Zeit.«
Er verneigte sich und führte ihre Hand kurz an die Lippen, so wie er es immer tat. »Ich hoffe, Ihr werdet mir vergeben, Madam. An mir hat es nicht gelegen. Francis’ Pony hat kurz hinter Brentwood ein Eisen verloren. Das war besonders ärgerlich, weil ich natürlich darauf brenne, zu erfahren, was die Überraschung ist, von der Ihr mir geschrieben habt.«
Die einstige Prinzessin lächelte geheimnisvoll. »Alles zu seiner Zeit. Zuerst möchte ich Euch meine neue Hofdame vorstellen.« Einen Moment sah sie sich suchend um.
Es war viel Betrieb in der weihnachtlich geschmückten Halle von Hatfield. Draußen dämmerte es bereits, und allmählich versammelten sich der Haushalt des Prinzen und seine Gäste, um das vorgeschriebene Fastenmahl einzunehmen, ehe sie in die Christmette gingen. Nick sah den kleinen Prinzen mit seinen beiden Onkeln, Edward und Thomas Seymour, an der hohen Tafel sitzen. In einer Fensternische entdeckte er Polly, die vor Francis auf dem Boden kniete und ihn selig an die Brust drückte, was seinem Sohn sichtlich unangenehm war, aber er ertrug es stoisch. Lady Elizabeth und Eleanor – wie üblich
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