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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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oder?«
    »Es sagt überhaupt nichts«, gab Nick wegwerfend zurück. »Surreys Mutter war eine Stafford , Sir Richard, deren Vorfahren sich bis zu Edward dem Bekenner zurückverfolgen lassen. Surrey hat also jedes Recht, das Wappen zu führen. Wie verzweifelt müsst Ihr sein, wenn Ihr solchen Unsinn fabuliert, um einem Mann Verrat zu unterstellen?«, fragte er bitter.
    »Oh, wir sind nicht verzweifelt, Mylord, seid unbesorgt«, entgegnete Rich. »Aber der König wird alt. Und darum setzt er alles daran, die Nachfolge seines Sohnes zu sichern. Jetzt endlich ist der Zeitpunkt gekommen, da jeder Edelmann in England Stellung beziehen muss, für Henry und Prinz Edward oder gegen sie. Dazwischen ist nichts mehr. Und Ränke gegen die Seymour-Brüder zu schmieden – die vertrauten Onkel des jungen Prinzen –, wie Norfolk es getan hat, oder plötzlich und aus heiterem Himmel ein ungenehmigtes Wappen zu führen, das auf die eigene angeblich königliche Herkunft verweist, wie Surrey es getan hat, ist kein überzeugendes Votum für Henry und Prinz Edward. Versteht Ihr?«
    Nick verstand vor allem, dass die Reformer bei Hofe unter Führung der Seymour-Brüder offenbar beschlossen hatten, Henrys zunehmende Schwäche und Abhängigkeit zum Anlass zu nehmen, um alle Reformkritiker in England endgültig zum Schweigen zu bringen und ihre eigenen Machtansprüche zu sichern.
    »Und das bringt uns zu Euch, Lord Waringham«, setzte Rich wieder an und hielt ihm hin, was er mitgebracht hatte. »Erkennt Ihr das?«
    Es war eine abgegriffene Ledermappe mit einem Stapel unfachmännisch gehefteter Blätter darin. Nick erkannte sie auf einen Blick, nahm sie aber trotzdem zur Hand und schlug sie auf, denn sie war ein Stück Zuhause. »Es sind ein paar Kindergeschichten, die ich geschrieben habe«, sagte er und klappte den Deckel wieder zu.
    »Kindergeschichten, Mylord?«, fragte Rich skeptisch.
    »Genau. Für Latein-Anfänger. Die Kinder meiner Schule lesen sie gern und lernen die fremde Sprache auf diese Weise leichter als mit Caesar oder Tacitus.«
    »Dann haben wir also recht daran getan, Eure Schule zu schließen, denn Ihr scheut offenbar nicht davor zurück, die giftige Saat Eures Verrats schon in Kinderherzen zu pflanzen.«
    Nick legte beide Hände flach auf die Ledermappe in seinem Schoß. »Ihr habt die Schule geschlossen?«
    »Ganz recht.«
    »Wo ist Millicent Howard?« Es war weiß Gott nicht die drängendste seiner Sorgen, aber er hatte das kleine Mädchen ins Herz geschlossen. Jetzt waren ihr Vater und Großvater verhaftet worden. Wo immer das arme Kind gestrandet war, er hoffte, nicht in Sumpfhexes Klauen …
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis«, beschied Rich. »Und Ihr ignoriert den entscheidenden Punkt. Diese Schriften hier, die Ihr als Kindergeschichten zu bezeichnen beliebt, sind in Wahrheit Satiren verbotenen Inhalts und erfüllen den Tatbestand des Verrats.«
    »Die Abenteuer von Füchsen und Igeln im Wald? Ich fürchte, das müsst Ihr mir ein bisschen näher erklären.«
    »Es geht weniger um die Füchse und Igel, sondern um den König der Tiere in Euren Geschichten. Um den Löwen.«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Ihr stellt ihn als einfältig und träge dar. Als dumm und verfressen und fett. Er denkt an nichts als nur seine Bequemlichkeit, lässt sich von seinen Hofschranzen gängeln und schickt treue, rechtschaffene Ritter in die Verbannung. Und in jeder Geschichte hat er eine andere Frau.« Rich stützte die Ellbogen auf den Tisch und lehnte sich leicht vor. » Kindergeschichten? Wollt Ihr mich für dumm verkaufen, Mylord?«
    Nick musste zugeben, die Charakterisierung seines Königs der Tiere war verdächtig. Als er die Geschichten geschrieben hatte, war ihm gar nicht recht bewusst gewesen, was er tat. Er hatte versucht, den König zu einer komischen Figur zu machen, die die Kinder zum Lachen brachte. Dass er Henry dabei porträtierte, war ihm irgendwie entgangen …
    »Was wollt Ihr andeuten, Rich?«, fragte er brüsk. »Und überlegt Euch gut, was Ihr sagt, denn wenn Ihr eine Ähnlichkeit zwischen meinem törichten Löwenkönig und lebenden Personen zu erkennen glaubt, seid womöglich Ihr der Verräter.«
    »Ich deute überhaupt nichts an, und ich muss auch nichts auslegen. Der Löwe ist das Wappentier des Königs. Und damit liegt Euer Verrat auf der Hand.«
    »Zu schade für Euch, dass ich diese gefährlichen politischen Satiren nie veröffentlicht habe.«
    »Ich schätze, allein sie zu schreiben und arglose Kinder

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