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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Freie, gingen durch einen Torbogen in den inneren Burghof und hielten sich rechts.
    Zwei weitere Yeoman Warders, die lange Hakenbüchsen über der Schulter trugen, kamen ihnen auf einem Patrouillengang entgegen. Nick hielt den Atem an, aber die Wachen blickten beiseite. Offenbar waren sie eingeweiht.
    Sein schweigsamer Begleiter führte ihn durch eine schmale Tür in einer Mauer und eine enge Treppe mit ausgetretenen Stufen hinab. An ihrem Ende befand sich eine dicke eisenbeschlagene Tür. Der Mann zückte einen Schlüssel, sperrte auf und drückte Nick die Fackel in die Hand. »Ich warte hier. Klopf, wenn du raus willst. Und beeil dich.«
    »Danke.« Nick musste den Kopf einziehen, um durch die Tür zu passen, und kaum war er über die Schwelle getreten, fiel sie hinter ihm zu.
    Der Junge blieb stehen, und als die Flamme der Fackel zur Ruhe kam, sah er seinen Vater. Jasper of Waringham lag mit dem Rücken zur Tür im verdreckten Stroh auf der Seite, das linke Bein angewinkelt, das rechte ausgestreckt, und beide sahen irgendwie nicht richtig aus. Man hatte ihm die Schuhe und alle Kleider bis auf ein Paar Hosen abgenommen. Der bloße Rücken wirkte krumm und war mit schmalen, länglichen Brandwunden übersät, die im Fackelschein dunkelrot glänzten. Nick wusste, sie stammten von einem glühenden Schürhaken. Und er hatte versucht, sich auf einen Anblick wie diesen vorzubereiten. Doch es hatte nicht viel genützt, stellte er jetzt fest. Sein Magen verknotete sich schmerzhaft, und für einen Moment überkam ihn solche Furcht, dass er glaubte, der Boden unter seinen Füßen sacke durch. Das war sein Vater, der da lag und dem sie das angetan hatten. Sein Vater musste Qualen und Entwürdigungen erleiden, weil er keine Macht mehr besaß, sich zu schützen. Sich oder die Seinen …
    Nick zwang seine Füße, sich zu bewegen, und umrundete die reglose Gestalt im Stroh. »Vater?«
    Jasper zuckte leicht zusammen, und ganz allmählich öffneten sich die Lider. Seine Nase war gebrochen, die Lippen zerbissen, und Blut verklebte den unordentlichen Bart, aber die Augen waren so blau und wach wie einst.
    Nick fand einen eisernen Ring in der Wand, steckte die Fackel hinein und kniete sich vor seinem Vater ins Stroh. Er wagte nicht, ihn anzurühren. »Hier, ich habe dir Wein mitgebracht.« Er nahm die Ledertasche von der Schulter und begann, sich an der Schnalle zu schaffen zu machen.
    »Wie kommst du hierher?« Die Stimme klang rau, so als spreche er zum ersten Mal seit langer Zeit. Oder war er heiser von all den Schreien, die sie ihm abgerungen hatten?
    Nick schärfte sich ein, nicht darüber nachzudenken. Denn das Letzte, was er wollte, war, seinem Vater etwas vorzuheulen. Gegen dessen eindringlichen Rat und Widerspruch hatte er seinen Paten überredet, ihn hier einzuschmuggeln, und er hatte ihm hoch und heilig versprochen, nichts zu sagen oder zu tun, was es für seinen Vater schwerer machen würde. Er gedachte nicht, dieses Versprechen zu brechen. »Der Duke of Suffolk hat mir geholfen«, antwortete er, brachte endlich die Tasche auf und holte den Weinschlauch heraus.
    »Charles Brandon …«
    »Ja.«
    Jaspers Lider senkten sich ein wenig; vielleicht war es ein Nicken. »Ich hatte gehofft, dass er sich deiner annimmt.«
    »Das tut er«, antwortete Nick, obwohl er nicht sicher war, ob es stimmte. Er hatte Suffolk mit großer Mühe diesen Gefallen hier abgerungen, aber sie hatten kein Wiedersehen verabredet. Nick wusste auch nicht, ob er das gewollt hätte. »Kannst du den Kopf anheben? Damit du einen Schluck trinken kannst?«
    »Ich will nichts. Ich glaube, ich werde heute Nacht sterben, Nick. Aber wenn ich jetzt trinke, lebe ich womöglich noch, wenn sie morgen kommen, und das …« Er unterbrach sich. »Es tut mir leid. Du solltest diese Dinge nicht hören und sehen.«
    »Ich habe gewusst, was mich erwartete«, log Nick.
    Langsam schob Jasper die linke Hand in seine Richtung, und Nick schloss seine Rechte darum. »Haben sie dir auf der Streckbank die Beine gebrochen?«
    Wieder dieses Nicken mit den Augenlidern. »Und die rechte Schulter. Ich kann mich nicht mehr rühren. Ich bleibe liegen, wo sie mich fallen lassen, und wenn genug Zeit vergangen ist, wird es ein wenig besser. Aber wenn sie jetzt noch einmal kommen …« Er sprach ganz ruhig, fast ein wenig schleppend, doch in seinen Augen stand Entsetzen.
    »Was wollen sie denn?«
    »Es würde so lange dauern, dir das zu erklären. Das … schaffe ich nicht mehr. Ich hätte

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