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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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viel eher mit dir reden sollen. Eine der vielen verpassten Gelegenheiten in meinem Leben.«
    »Es hat überhaupt nichts mit Ketzerei zu tun, oder?«
    »Nein.«
    »Sondern mit dem Königlichen Anliegen.« Es war keine Frage.
    Jasper sah seinen Sohn stumm an.
    »Suffolk hat mir viele Dinge erzählt gestern Abend. Von deiner Freundschaft zu Prinz Arthur. Von Kardinal Wolsey und … meiner Mutter.« Sein Vater kniff die Augen zu, aber Nick fuhr fort: »Als er sagte, Wolseys Zukunft hinge davon ab, dass die Ehe des Königs mit Königin Catalina annulliert wird, war mir auf einmal klar, dass du deswegen hier bist.«
    »Weißt du, was es ist, das der König um jeden Preis will?«
    »Einen Sohn, natürlich. Bis auf Prinzessin Mary hat die Königin nur Totgeburten vorzuweisen. Aber England braucht einen Erben.«
    »Henry will die Welt glauben machen, die Königin sei unfruchtbar, weil sie die Frau seines Bruders war. Es steht in der Bibel, im Buch … im Buch Levitikus.«
    »Und nimmt ein Mann seines Bruders Weib, so ist es unrein. Er hat die Scham seines Bruders entblößt, und sie sollen kinderlos bleiben«, zitierte Nick auf Lateinisch. »Ich wusste nicht, dass das auch gilt, wenn der Bruder tot ist.«
    »Tut es nicht.« Für einen kurzen Moment flammte das altvertraute Feuer in Jaspers Augen auf, das sich früher immer bei theologischen Disputen gezeigt hatte, aber sogleich erlosch es wieder. »Doch als Rechtfertigung für die Auflösung der Ehe kommt es Henry gerade recht. Dafür müsste die Ehe zwischen Catalina und Prinz Arthur aber vollzogen worden sein.«
    »Was die Königin im Sommer vor einer ganzen Kirche voller Bischöfe unter Eid bestritten hat«, sagte Nick langsam, dem erst jetzt klar wurde, welche Tragweite diese Frage hatte.
    »Und sie sagt die Wahrheit«, bestätigte sein Vater. Die Stimme wurde dünner, und die Lider wollten sich senken, aber er zwang sie wieder auf. »Ich weiß es. Sie … sie hatten ja nur vier Monate zusammen. Sieben Nächte haben sie miteinander verbracht – ich habe … mitgezählt. Und nichts ist passiert. Arthurs Vater …« Seine Stimme bröckelte.
    »Schsch. Sprich nicht so viel«, bat Nick angstvoll.
    »Hör mir zu, Nick. Es ist wichtig. Du musst diese Dinge wissen. Der König hatte Arthur verboten, seine Braut anzurühren, weil sie noch so jung war. Seine eigene Mutter …«
    »… ist bei seiner Geburt beinah gestorben, ich weiß. Sie war erst dreizehn.«
    »Arthur war wütend. Und Catalina war … so bezaubernd. Endlich einmal wollte der Prinz gegen seinen strengen Vater rebellieren.« Der Schatten eines Lächelns verzog seine blutverkrusteten Lippen für einen Lidschlag und ließ die Wangen noch eingefallener wirken. »Aber er hat es nicht mehr … geschafft. Die Schwindsucht … ist ein unerbittlicher Tugendwächter.« Er hustete schwach. »Ich könnte … ich könnte also bezeugen, dass die Königin die Wahrheit sagt. Das wäre Kardinal Wolseys Ende. Und auf einmal fürchtet er sich vor mir …«
    Nick ahnte den Rest. »Er will, dass du entweder unter Eid aussagst, die Ehe zwischen Prinz Arthur und der Königin sei vollzogen worden, oder dass du hier unten stirbst?«
    »Ich habe Letzteres gewählt«, flüsterte Jasper, und die Augen schlossen sich. »Er war hier. Wolsey. Ein paar Stunden, bevor du kamst. Er hat mich eingehend betrachtet und … und mir ewiges Höllenfeuer angedroht, wenn ich sterbe, ohne zu beichten. Aber ich mache meinen Frieden mit Gott selbst, Nick. Ich brauche keinen verdammten Pfaffen als Mittelsmann. Gott allein ist mein Richter …«
    Der Druck seiner Finger verstärkte sich für einen Moment – der einzige Weg, der ihm blieb, seinem Zorn Ausdruck zu verleihen. Jasper of Waringhams Leib war zerbrochen, aber nicht sein Geist oder sein Wille, erkannte Nick, und er war von unbändigem, wütendem Stolz erfüllt. »Stirb nicht, Vater«, brach es aus ihm hervor.
    »Es ist der einzige Weg.« Es klang wie ein Seufzen. »Und nun … nimm den Ring und geh.«
    Nick blickte auf den alten Siegelring am Zeigefinger seines Vaters hinab. »Ich nehme den Ring, wenn du diese Welt verlassen hast.«
    »Tu es jetzt. Sonst stehlen ihn die Wachen, und er landet … bei einem Hehler.«
    Nick biss sich auf die Unterlippe, um sein Wort nicht so kurz vor dem Ende noch zu brechen.
    »Bei einem Hehler«, wiederholte der Sterbende. »Vielleicht wäre das … passend. Unter Wert verscherbelt. So wie wir.«
    »Nein«, widersprach Nick und schüttelte

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