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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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gut zu sehen, dass es noch so viele Menschen in England gibt, die der wahren Kirche die Treue halten.«
    »Und Euch, Hoheit«, fügte Nick hinzu.
    »Und mir«, räumte sie mit einem fast scheuen Lächeln ein. »Sie glauben, das sei ein und dasselbe, und das ist mir immer ein bisschen peinlich.«
    »Ihr habt nie um Popularität gebuhlt, darum gibt es keinen Grund, warum sie Euch unangenehm sein sollte«, widersprach er. »Doch falls es so ist, seid Ihr der einzige Tudor, der unter dieser Art von Bescheidenheit leidet …«
    Pater Miguel lachte in sein Weinglas. »Wohl wahr, Mylord.« Und an Mary gewandt, fügte er hinzu: »Die Menschen, die Euch für die Bewahrerin des Glaubens in diesem Land halten, haben ja keineswegs unrecht. Und auch darum bauen sie ihre Hoffnungen auf Euch.«
    »Was uns zu Lord Waringhams Besuch bringt.« Mary wandte sich an Nick. »Es gibt drei Gründe, die Euch zu einem Stirnrunzeln veranlassen, mein Freund. Unehrenhaftes oder unritterliches Betragen in der Öffentlichkeit ist der häufigste. Er bringt eine Ärgerfalte über Eurer Nasenwurzel hervor. Lateinische Zitate, die Ihr nicht versteht, sind der zweite, und jenes Stirnrunzeln geht immer mit roten Ohren einher. Das dritte Stirnrunzeln bedeutet schlechte Neuigkeiten und ist stets mit verengten Augen gepaart, so wie jetzt. Also, raus mit der Sprache.«
    Ihre intime Kenntnis seiner Gesichtszüge war nicht verwunderlich, wenn man darüber nachdachte, aber dass sie sie vor Pater Miguel so untypisch schamlos demonstrierte, machte ihn verlegen. Und so antwortete er brüsk: »Euer Bruder hat ein Testament aufgesetzt, das Euch in der Thronfolge übergeht.«
    Es schlug ein wie eine der Kanonen auf dem Wehrgang des Tower. Pater Miguel rutschte das Weinglas aus der Hand und zerschellte klirrend auf dem Fliesenboden. Die Diener und Mägde, die die Tafel abräumten, zogen erschrocken die Luft ein, eine schrie auf. Ein Silbertablett ging scheppernd zu Boden.
    Nur Mary hatte sich nicht gerührt und keinen Ton von sich gegeben. Als wieder Ruhe eingekehrt war, sagte sie: »Ich nehme nicht an, dass das Edwards Idee war?«
    »Vermutlich nicht, Hoheit. Aber inzwischen glaubt er genau das. Northumberland ist sehr geschickt darin, den König zu manipulieren. Und wie dem auch sei. Der König hat es unterschrieben, genau wie der gesamte Kronrat.«
    »Der gesamte Kronrat?«, wiederholte der Jesuit fassungslos. »Auch Erzbischof Cranmer? Und ich dachte, er ist ein Ehrenmann, selbst wenn er ein Ketzer ist. Eure Worte, Lord Waringham.«
    »Auch Cranmer«, bestätigte Nick bitter. »Als Letzter. Nachdem der König ihm versichert hatte, dass es tatsächlich sein Wille ist.«
    Der Rest war rasch berichtet.
    »Jane Grey …«, sagte Mary schließlich. »Ich erinnere mich an sie. Ein stilles, rothaariges Kind mit riesigen Augen. Meine Schwester Elizabeth hat oft versucht, sie in ihre Spiele mit einzubeziehen, aber die waren Jane immer zu wild. Und sie muss noch schrecklich jung sein.«
    »Sechzehn«, bestätigte Nick.
    Mary schnaubte verächtlich. »Was für eine Königin …« Dann stand sie auf und stützte die Hände auf den Tisch. »Was tun wir jetzt, Gentlemen? Wie viel Zeit bleibt uns? Wie geht es dem König?«
    Nick machte ihr nichts vor. »Sehr schlecht, Hoheit. Es geht zu Ende.«
    Sie senkte den Blick, bekreuzigte sich und verharrte einen Moment im stillen Gebet. »Armer Edward«, murmelte sie schließlich. »Was für ein Leben. Eine Kindheit ohne Mutter und im Grunde auch ohne Vater, die Krone mit neun, ketzerische, raffgierige Ratgeber und endlose Pflichten und zum Lohn die Schwindsucht.« Sie sah wieder auf. »Er hat es seinen Schwestern nicht immer leicht gemacht, ihm die gebotene Liebe entgegenzubringen, aber das hat er nicht verdient, Mylord.«
    »Ich weiß«, erwiderte Nick.
    Mary wirkte unentschlossen. »Was denkt Ihr, soll ich nach Greenwich reiten, um Abschied zu nehmen?«
    »Vermutlich ist bereits ein Bote des Kronrates unterwegs, um Euch genau das anzuraten. Aber das dürft Ihr nicht tun.«
    »Ihr glaubt, wenn sie sich in Northumberlands Reichweite wagt, würde er sie festsetzen?«, fragte Pater Miguel.
    Nick schüttelte den Kopf, und es war Mary, der er antwortete. »Er wird Euch töten. Wenn es ihm wirklich ernst mit seinem Vorhaben ist, Jane Grey auf den Thron zu setzen, muss er es tun, es bleibt ihm gar nichts anderes übrig.«
    »Ihr habt recht«, schloss Mary nach einem kurzen Schweigen.
    »Womöglich wäre es in Anbetracht der Umstände nun

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