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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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zu der bescheidenen Dorfkirche und der daneben gelegenen, ebenso bescheidenen Kate, die den Pfarrer von Waringham beherbergte. Der kleine Gemüsegarten – berüchtigt für seine kärglichen Erträge – war emsig umgegraben und mit Mist gedüngt worden. Nick hatte so eine Ahnung, dass Vater Ranulf diese niederen Arbeiten nicht selbst verrichtet hatte, wie es bei den meisten seiner Vorgänger üblich gewesen war.
    Nick klopfte an die Tür des kleinen Hauses. »Vater Ranulf?«
    Bessys Tochter Polly, die dem Pastor das Haus führte, öffnete und knickste, als sie sah, wer zu Besuch gekommen war. Sie war ein hübsches Mädchen mit einer frischen, rosigen Haut und so hellblondem Haar, dass es Nick immer an reifen Weizen erinnerte, und nur ein, zwei Jahre älter als er selbst. Er fragte sich beklommen, ob sie wohl vor Vater Ranulfs unpriesterlichen Gelüsten sicher war. Doch ihr Lächeln wirkte unbekümmert, als sie fragte: »Soll ich Euch anmelden, Mylord?«
    Nick trat über die Schwelle. »Wenn du meinst, dass das nötig ist …«
    Bis vor einigen Jahren hatte die Kate nur aus diesem einen Raum bestanden, aber selbst in Waringham war die Zeit nicht völlig stehengeblieben, und schon Nicks Großvater hatte eingesehen, dass ein Gottesmann ein wenig mehr Komfort erwarten durfte. Also hatte man einen zweiten Raum angebaut, der Platz für ein ordentliches Bett, einen Tisch und ein Bücherregal bot. Die Wände waren getäfelt, und es gab einen Kamin – ein behagliches, trockenes Refugium mit einem verglasten Fenster.
    »Lord Waringham wünscht Euch zu sprechen, Vater«, hörte Nick Polly sagen.
    »Dann lass ihn eintreten und bring uns einen Becher Wein«, antwortete die tragende, wohlklingende Stimme des Geistlichen.
    Nick durchquerte die Küche und trat in die Wohnkammer. Er gedachte nicht, wie ein Bittsteller zu warten, bis er vorgelassen wurde. »Vater Ranulf. Gut von Euch, dass Ihr einen Moment Zeit für mich habt.«
    Unwillkürlich blickte Ranulf zu der Uhr, die unübersehbar auf dem Tisch stand. Ein kostbares Stück in einem Gehäuse aus poliertem Ebenholz. Dergleichen suchte man oben auf Waringham Castle vergebens. »Bitte, nehmt Platz, mein Sohn«, lud Ranulf ihn mit einer Geste und einem sparsamen Lächeln ein: ein hagerer, mittelgroßer Mann in geziemend schlichten, dunklen Gewändern, das braune Haar zurückgekämmt. Seine Haut war fahl und die stechend blauen Augen gerötet. Vermutlich verbrachte er zu viel Zeit damit, bei schlechtem Licht zu lesen. Vater Ranulfs äußere Erscheinung hätte kaum weiter von dem vollgefressenen, lüsternen, raffgierigen Pfaffen entfernt sein können, den die Holzschnitte in den Ketzerschriften heutzutage so gern abbildeten.
    Nick nahm in dem angebotenen Sessel am Kamin Platz und ließ den Blick über Vater Ranulfs Büchersammlung schweifen. Als Polly den Wein gebracht hatte und wieder verschwunden war, fragte er: »Wo habt Ihr studiert, Vater Ranulf?«
    »In Cambridge.«
    »Tatsächlich? Und doch ist kein Reformer aus Euch geworden?«
    Ranulf setzte sich ihm gegenüber, trank einen Schluck und sah Nick über den Rand des Bechers hinweg an. »Ich nehme an, dass Cambridge ein Ketzernest ist, hört man in Thomas Mores Haus?«
    Nick sagte weder ja noch nein. »Mein Vater würde Euch jetzt vermutlich darauf hinweisen, dass Reform und Ketzerei zwei verschiedene Dinge sind.«
    Der Priester hob abwehrend die Linke. »Und seht nur, was es ihm eingebracht hat. Ich persönlich finde es schwierig, den Unterschied zu erkennen. Die sogenannten Reformer behaupten, sie wollen, dass die Kirche sich erneuere und auf ihre Wurzeln besinne, aber mit ihren Schriften und ihren Irrlehren rütteln sie an den Grundfesten des Glaubens.«
    »Ich stimme Euch zu«, erwiderte Nick.
    »Das erleichtert mich zu hören«, gab Vater Ranulf zurück. »Mir wurde berichtet, dass Ihr seit dem Tod Eures Vaters jeden Abend stundenlang in seinen Büchern lest. Ich fing bereits an, mich um Euer Seelenheil zu sorgen.«
    »Das ist sehr gütig von Euch, Vater.« Und wer genau ist es, der mir nachspioniert und dir erzählt, was ich treibe?, überlegte Nick. Sumpfhexe oder Brechnuss? »Aber ich glaube, ich kann Euch beruhigen.«
    Ranulf nickte. »Habt Ihr Euch indes schon einmal gefragt, wie es um die Seele Eures Vaters bestellt ist? Quält Euch nicht die Sorge, dass er Tag um Tag im Fegefeuer brennt?«
    Nick stellte seinen unberührten Becher auf dem Tisch ab und schlug die Beine übereinander. »Ich nehme an, das heißt,

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