Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
an einer Seitengasse vorbei, die mit einem dichten Wirrwarr aufgesprühter Graffiti geschmückt war. Es handelte sich weitgehend um Namen – EL TIANTE 91, SPEEDY GONZALES, MOTORVAN MIKE –, aber hier und da waren auch ein paar Sinnsprüche für die Klugen eingestreut, und auf zwei fiel Jakes Blick.
     
    EINE ROSE IST EINE ROSE IST EINE ROSE
     
    war mit Sprühfarbe, die zum selben blaßrosa Farbton verblichen war wie die Rose auf dem unbebauten Grundstück, wo Tom und Gerry’s künstlerisches Delikatessengeschäft gestanden hatte, auf die Backsteinmauer geschrieben worden. Darunter hatte Jemand in einem so dunklen Blau, daß es fast schwarz wirkte, das folgende Merkwürdige geschrieben:
     
    ICH ERFLEHE DEINE VERZEIHUNG.
     
    Was das wohl bedeutete? fragte sich Jake. Er wußte es nicht – möglicherweise etwas aus der Bibel –, aber es schlug ihn in den Bann wie – angeblich – das Auge einer Schlange einen Vogel. Schließlich ging er langsam und nachdenklich weiter. Es war fast halb drei, sein Schatten wurde allmählich länger.
    Vor sich sah er einen alten Mann, der sich, soweit es ging, im Schatten hielt und sich auf einen Gehstock stützte, die Straße entlanggehen. Hinter seiner dicken Brille schienen seine Augen wie Eier im Glas zu schwimmen.
    »Ich erflehe Ihre Verzeihung, Sir«, sagte Jake, ohne nachzudenken oder sich selbst zu hören.
    Der alte Mann drehte sich um, sah ihn an, blinzelte vor Überraschung und Angst. »Laß mich in Ruh, Junge«, sagte er. Er hob den Gehstock und schüttelte ihn linkisch in Jakes Richtung.
    »Wissen Sie zufällig, ob es hier in der Gegend einen Ort namens Markey Academy gibt, Sir?« Dies war eine völlige Verzweiflungstat, aber etwas anderes fiel ihm nicht ein.
    Der alte Mann ließ langsam den Stock sinken – was nur an dem Sir lag. Er betrachtete Jake mit dem irren Interesse eines alten und fast senilen Menschen. »Wieso bist du nicht in der Schule, Junge?«
    Jake lächelte resigniert. Das wurde langsam alt. »Abschlußprüfung. Ich bin hierhergekommen, um einen alten Freund zu treffen, der die Markey Academy besucht, das ist alles. Tut mir leid, daß ich Sie behelligt habe.«
    Er ging um den alten Mann herum (und hoffte, dieser würde ihm nicht aus Jux und Dollerei im Vorübergehen eine mit dem Stock auf den Arsch geben) und war schon fast an der Ecke, als der alte Mann rief: »Junge! Juuuuunge!«
    Jake drehte sich um.
    »Eine Markey Akidimy gibt es hier nicht«, sagte der alte Mann. »Ich wohn seit sweiundswansig Jahren hier, ich müßte es wissen. Markey Avenue, aber keine Markey Akidimy.«
    Jakes Magen verkrampfte sich plötzlich aufgeregt. Er ging einen Schritt auf den alten Mann zu, der sofort wieder den Stock zur Verteidigung hob. Jake blieb augenblicklich stehen und ließ einen Sicherheitsabstand von zwanzig Schritten zwischen ihnen. »Wo ist die Markey Avenue, Sir? Können Sie mir das sagen?«
    »Aber logisch«, sagte der alte Mann. »Hab’ ich nicht grade gesagt, daß ich seit sweiundswansig Jahren hier lebe? Swei Blogs entfernt. Beim Majestic Theatre lings. Aber ich gann dir gleich sagen, Junge, da gibt es geine Markey Akidimy.«
    »Danke, Sir! Danke!«
    Jake drehte sich um und sah die Castle Avenue hinauf. Ja – zwei Blocks weiter konnte er den unverwechselbaren Baldachin eines Kinos über den Gehweg ragen sehen. Er wollte darauf zulaufen, dann überlegte er sich, daß das Aufmerksamkeit erwecken könnte, und machte langsamer.
    Der alte Mann sah ihm nach. »Sir!« sagte er in einem Tonfall gelinden Staunens zu sich selbst. »Sir, also wirklich!«
    Er kicherte rostig und ging weiter.
     
     
    17
     
    Rolands Gruppe machte bei Dämmerung halt. Der Revolvermann hob eine flache Grube aus und entfachte ein Feuer. Sie brauchten es nicht zum Kochen, aber sie brauchten es dennoch. Eddie brauchte es. Wenn er seine Schnitzerei beenden wollte, brauchte er Licht zum Arbeiten.
    Der Revolvermann sah sich um und erblickte Susannah, eine dunkle Silhouette vor dem aquamarinfarbenen, dunkelnden Himmel, aber Eddie konnte er nicht sehen.
    »Wo ist er?« fragte er.
    »Ein Stück die Straße runter. Du läßt ihn jetzt in Ruhe, Roland – du hast schon genug angerichtet.«
    Roland nickte, beugte sich über die Feuerstelle und schlug mit einem abgenutzten Stahlstück auf einen Feuerstein. Bald brannte das Anzündholz, das er gesammelt hatte. Er legte nach und nach kleinere Holzscheite darauf und wartete, daß Eddie zurückkehren würde.
     
     
    18
     
    Eine halbe Meile den Weg

Weitere Kostenlose Bücher