Der Dunkle Turm 3 - Tot
hast es geschafft, Kumpel – aber der Henry in dir will es nicht zugeben.
Er ließ den Schlüssel auf das Stück Leder fallen und schlug es vorsichtig zusammen. »Ich bin fertig. Ich weiß nicht, ob er richtig ist oder nicht, aber besser kann ich ihn nicht machen.« Jetzt, wo er nicht mehr an dem Schlüssel arbeiten konnte, fühlte er sich seltsam leer.
»Möchtest du etwas essen, Eddie?« fragte Susannah leise.
Das ist dein Ziel, dachte er. Da ist deine Richtung. Sie sitzt genau da drüben und hat die Hände im Schoß gefaltet. Mehr Ziel und Orientierung brauchst du nicht…
Aber dann tauchte etwas anderes in seinem Verstand auf – es kam ohne Vorwarnung. Kein Traum… keine Vision…
Nein, keins von beiden. Es ist eine Erinnerung. Es geschieht wieder – du erinnerst dich vorwärts in der Zeit.
»Vorher muß ich noch etwas anderes machen«, sagte er und stand auf.
Auf der anderen Seite des Feuers hatte Roland seltsam geformte Stücke Feuerholz aufgeschichtet. Eddie durchsuchte es und fand einen etwa sechzig Zentimeter langen Ast mit einem Durchmesser von acht Zentimetern. Diesen nahm er, ging wieder zu seinem Platz am Feuer und holte erneut Rolands Messer hervor. Diesmal arbeitete er schneller, weil er den Ast nur anspitzte und in eine Art Zeltpflock verwandelte.
»Könnten wir vor Tagesanbruch aufbrechen?« fragte er den Revolvermann. »Ich glaube, wir sollten zu diesem Kreis, so schnell wir können.«
»Ja. Noch früher, wenn es sein muß. Ich möchte nicht gerne im Dunkeln reisen – ein sprechender Ring ist nachts keine sichere Stätte –, aber wenn es sein muß, muß es eben sein.«
»Wenn ich mir dein Gesicht ansehe, großer Junge, dann bezweifle ich, daß diese Steinringe jemals sichere Stätten sind.«
Eddie legte das Messer wieder weg. Die Erde, die Roland aus der flachen Feuerstelle ausgehoben hatte, war neben Eddies rechtem Fuß aufgeschichtet. Nun malte er mit dem zugespitzten Ende des Asts ein Fragezeichen in den Boden. Das Fragezeichen war klar und deutlich.
»Okay«, sagte er und verrieb es wieder. »Fertig.«
»Dann iß etwas«, sagte Susannah.
Eddie versuchte es, aber er hatte keinen großen Hunger. Als er endlich an Susannah gekuschelt einschlief, war sein Schlaf traumlos, aber leicht. Bis der Revolvermann ihn um vier Uhr morgens wachrüttelte, hörte er den Wind endlos über die Ebene unter ihnen fegen, und ihm schien, als würde er ihn begleiten, hoch in die Nacht fliegen, fort von allen Sorgen, während der Alte Stern und die Alte Mutter feierlich über ihm standen und seine Wangen mit Frost bemalten.
19
»Es ist Zeit«, sagte Roland.
Eddie richtete sich auf. Susannah erhob sich neben ihm und strich mit den Handflächen über das Gesicht. Als Eddies Kopf klarer wurde, erfüllte Eile sein Denken. »Ja. Gehen wir, und zwar schnell.«
»Er ist nahe, richtig?«
»Sehr nahe.« Eddie sprang auf, hielt Susannah um die Taille und hob sie auf den Rollstuhl.
Sie sah ihn ängstlich an. »Haben wir noch genügend Zeit, dorthin zu kommen?«
Eddie nickte. »Gerade noch.«
Drei Minuten später gingen sie wieder die Große Straße entlang. Sie schimmerte vor ihnen wie ein Gespenst. Und wieder eine Stunde später, als das erste Licht der Dämmerung den Himmel im Osten berührte, setzte weit vor ihnen ein rhythmisches Geräusch ein.
Der Klang von Trommeln, dachte Roland.
Maschinen, dachte Eddie. Eine riesige Maschine.
Ein Herz, dachte Susannah. Ein riesiges, krankes, schlagendes Herz… und es ist in dieser Stadt, wo wir hingehen müssen.
Zwei Stunden später verstummte das Geräusch so unvermittelt, wie es angefangen hatte. Weiße, konturlose Wolken brauten sich am Himmel über ihnen zusammen und verschleierten die Sonne erst, dann verdeckten sie sie völlig. Der Kreis der stehenden Steine lag weniger als fünf Meilen vor ihnen und glomm im schattenlosen Licht wie die Zähne eines umgestürzten Ungeheuers.
20
DIESE WOCHE ITALOWESTERN IM MAJESTIC!
verkündete der mitgenommene, hoffnungslose Baldachin an der Ecke Brooklyn und Markey Avenue.
2 KLASSIKER VON SERGIO LEONE!
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Eine kaugummikauende Süße mit Lockenwicklern im blonden Haar saß im Kartenhäuschen, hörte Led Zep im Radio und las eine der Zeitungen, auf die Mrs. Shaw so scharf war. Links von ihr hing ein Plakat mit Clint Eastwood im einzigen erhaltenen Schaukasten des Kinos.
Jake wußte, er sollte sich
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