Der Dunkle Turm 3 - Tot
seine Haut bohrten, als die Hand fester zudrückte und ihn weiterzog.
Das Gesicht schien im Eingang zum Flur festzustecken wie ein Korken in der Flasche. Der Druck, den es aufgewendet hatte, um so weit zu kommt, hatte die rudimentären Gesichtszüge in eine neue Form gepreßt, die eines monströsen, mißgebildeten Trolls. Das Maul klaffte auf, um ihn aufzunehmen. Jake grapschte verzweifelt nach dem Schlüssel, den er als eine Art Talisman in der Not verwenden wollte, aber er hatte ihn natürlich in der Tür stecken lassen.
»Du Miststück!« schrie er und warf sich mit aller Gewalt nach hinten, wobei er den Rücken krümmte wie ein olympischer Taucher, ohne auf die abgebrochenen Latten zu achten, die sich wie ein Stachelhalsband in seinen Körper bohrten. Er spürte, wie seine Jeans an den Hüften hinabrutschten, und der Griff der Hand lockerte sich vorübergehend.
Jake warf sich noch einmal herum. Die Hand klammerte brutal, aber seine Jeans rutschten bis zu den Knien hinunter, und er fiel auf den Rücken, wo der Ranzen die Wucht des Sturzes dämpfte. Die Hand ließ locker, weil sie die Beute wahrscheinlich um so fester packen wollte. Es gelang Jake, die Knie ein Stück hochzuziehen, und als die Hand sich wieder schloß, rammte er die Beine vorwärts. Die Hand zog gleichzeitig, und worauf Jake gehofft hatte, trat ein: Seine Jeans (und der verbliebene Turnschuh) wurden ihm vom Leib gerissen, wodurch er zumindest momentan wieder frei war. Er sah, wie die Hand sich an ihrem Gelenk aus Lattenwerk und bröckelndem Mörtel drehte und seine Jeans in den Mund stopfte. Dann kroch er auf Händen und Knien zu der versperrten Tür zurück, ohne auf die Glasscherben der zerschmetterten Lampe zu achten, weil er nur zu seinem Schlüssel zurück wollte.
Er hatte die Tür fast erreicht, als sich die Hand um seine nackten Beine klammerte und ihn wieder Stück für Stück zurückzog.
39
Die Form war jetzt richtig, endlich richtig.
Eddie steckte den Schlüssel wieder ins Schlüsselloch und übte Druck aus. Einen Augenblick spürte er Widerstand… und dann drehte der Schlüssel sich unter seiner Hand. Er hörte, wie sich der Mechanismus des Schlosses drehte, hörte den Riegel zurückgleiten und spürte, wie der Schlüssel in dem Augenblick, als er seinen Zweck erfüllt hatte, entzweibrach. Er packte den dunklen, polierten Knauf mit beiden Händen und zog. Er hatte das Gefühl, als würde sich ein schweres Gewicht auf einer unsichtbaren Achse drehen. Ein Gefühl, als wäre seinem Arm unbändige Kraft geschenkt worden. Und das deutliche Wissen, daß zwei Welten plötzlich miteinander in Kontakt gekommen waren und sich eine Verbindung zwischen ihnen aufgetan hatte.
Er erlebte einen Augenblick des Schwindels und der Desorientierung, und als er durch die Tür sah, wurde ihm der Grund dafür klar: Obwohl er nach unten sah – vertikal –, sah er horizontal. Wie eine seltsame optische Täuschung, die mit Prismen und Spiegeln bewerkstelligt wurde. Dann sah er Jake, der den mit Glasscherben und Mörtel übersäten Flur entlanggezogen wurde – seine Ellbogen schleiften am Boden, und eine gigantische Hand drückte seine Knöchel zusammen. Und er sah das monströse Maul, das Jake erwartete und aus dem weißer Dunst quoll, bei dem es sich um Rauch oder Staub handeln konnte.
»Roland!« schrie Eddie. »Roland, es hat i…«
Dann wurde er zur Seite geschleudert.
40
Susannah merkte, daß sie emporgehoben und herumgewirbelt wurde. Die Welt verschwamm wie auf dem Karussell zu Schlieren; aufrechte Steine, grauer Himmel, hagelübersäter Boden… und ein rechteckiges Loch, das wie eine Falltür im Boden aussah. Schreie ertönten darin. Der Dämon in ihr stieß und zuckte; er wollte nur noch fort, konnte es aber nicht, solange sie ihn nicht ließ.
»Jetzt!« schrie Roland. »Laß ihn jetzt gehen, Susannah! Bei deinem Vater, laß ihn SOFORT gehen!«
Sie gehorchte.
Sie hatte (mit Dettas Hilfe) in ihrem Verstand eine Falle für ihn geschaffen, so etwas wie ein Netz aus geflochtenen Seilen, und jetzt schnitt sie diese Seile durch. Sie spürte, wie der Dämon sofort von ihr wich, und erlebte einen Augenblick schrecklicher Leere. Dieses Gefühl wurde freilich gleich darauf durch die grimmige Empfindung von Ekel und Besudelung verdrängt.
Als die unsichtbare Last von ihr abfiel, erblickte sie ihn kurz – eine nichtmenschliche Gestalt wie ein Mantarochen mit gewaltigen, angelegten Schwingen und etwas wie einem grausamen
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