Der Dunkle Turm 3 - Tot
bewegte sich aber nicht.
»Laß ihm Zeit«, sagte Roland. »Ich glaube, er wird kommen.«
Der Bumbler streckte sich und offenbarte einen langen und überraschend anmutigen Hals. Die zierliche schwarze Nase zuckte, als er das Futter beschnupperte. Schließlich trottete er vorwärts, und Jake stellte fest, daß er ein wenig hinkte. Der Bumbler beschnupperte die Frikadelle, dann trennte er mit einer Pfote das Fleisch von dem Blatt. Diesen Vorgang führte er mit einer Behutsamkeit aus, die seltsam feierlich wirkte. Als das Blatt sich völlig vom Fleisch gelöst hatte, schlang der Bumbler es mit einem einzigen Bissen hinunter und sah zu Jake auf. »Oy!« sagte er, und als Jake lachte, wich er wieder zurück.
»Das ist aber ein Knochengestell«, sagte Eddie verschlafen hinter ihnen. Als der Bumbler diese Stimme hörte, drehte er sich sofort um und verschwand im Nebel.
»Du hast ihn verscheucht!« sagte Jake vorwurfsvoll.
»Herrje, das tut mir leid«, sagte Eddie. Er strich mit einer Hand durch sein schlafzerzaustes Haar. »Wenn ich gewußt hätte, daß es sich um einen persönlichen Freund von dir handelt, hätte ich eine verdammte Sahnetorte serviert.«
Roland schlug Jake kurz auf die Schulter. »Er kommt zurück.«
»Wenn ihn nichts tötet, ja. Wir haben ihn schließlich gefüttert, oder nicht?«
Bevor Jake antworten konnte, setzte das Geräusch der Trommeln wieder ein. Es war der dritte Morgen, an dem sie sie hörten, und zweimal hatten sie das Geräusch vernommen, als sich der Nachmittag dem Abend zuneigte: ein schwaches, tonloses Pochen aus der Richtung der Stadt. Heute morgen war das Geräusch deutlicher, aber nicht verständlicher. Jake haßte es. Es war, als würde irgendwo in dieser dicken und konturlosen Nebeldecke das Herz eines großen Tieres schlagen.
»Hast du immer noch keine Ahnung, was das sein könnte, Roland?« fragte Susannah. Sie hatte sich angezogen, das Haar zurückgesteckt und legte gerade die Decke zusammen, unter der sie und Eddie schliefen.
»Nein. Aber ich bin sicher, wir werden es herausfinden.«
»Wie beruhigend«, sagte Eddie gallig.
Roland stand auf. »Kommt. Vergeuden wir den Tag nicht.«
2
Als sie etwa eine Stunde unterwegs waren, löste sich der Nebel allmählich auf. Sie schoben abwechselnd Susannahs Rollstuhl, der unglücklich holperte, denn die Straße bestand inzwischen aus großem, unebenem Kopfsteinpflaster. Am späten Vormittag war der Tag schön, heiß und klar; der Umriß der Stadt zeichnete sich deutlich am südöstlichen Horizont ab. Jake fand, daß er sich nicht besonders von der Silhouette von New York unterschied, aber er dachte, daß die Gebäude hier nicht ganz so hoch waren. Wenn sie verfallen waren, wie das meiste in Rolands Welt, dann konnte man das von hier aus nicht sehen. Jake gab sich, wie Eddie, der unausgesprochenen Hoffnung hin, sie könnten dort Hilfe finden… oder wenigstens eine gute, warme Mahlzeit.
Links, dreißig oder vierzig Meilen entfernt, konnten sie das breite Band des Flusses Send sehen. Große Vogelschwärme kreisten darüber. Ab und zu legte einer die Flügel an und fiel wie ein Stein herunter – wahrscheinlich ein Angelausflug. Straße und Fluß bewegten sich langsam aufeinander zu, aber den Punkt des Zusammentreffens konnte man noch nicht sehen.
Vor sich entdeckten sie noch mehr Gebäude. Die meisten sahen wie Farmen aus, und alle waren verlassen. Manche waren eingestürzt, doch schien dies das Wirken der Zeit zu sein, keine Folge von Vandalismus, was Jakes und Eddies Hoffnungen, in der Stadt Hilfe zu finden, weiteren Auftrieb verlieh – Hoffnungen, die sie beide strikt für sich behielten, damit sich kein anderer darüber lustig machen konnte. Kleine Herden zottiger Tiere wanderten grasend über die Ebene. Sie hielten sich von der Straße fern, außer um sie zu überqueren, und das machten sie schnell, im Galopp, wie Gruppen kleiner Kinder, die Angst vor dem Verkehr haben. Jake fand, sie sahen wie Bisons aus… nur gab es auch einige, die zwei Köpfe hatten. Er sprach den Revolvermann darauf an, und Roland nickte.
»Muties.«
»Wie unter den Bergen?« Jake hörte die Angst in seiner Stimme und wußte, der Revolvermann mußte sie auch hören, aber er konnte sie nicht unterdrücken. Er erinnerte sich sehr genau an diese endlose Alptraumfahrt mit der Draisine.
»Ich glaube, daß die mutierten Erbanlagen hier ausgemerzt werden. Bei den Wesen, die wir unter den Bergen gefunden haben, wurden sie noch
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