Der Dunkle Turm 3 - Tot
schlimmer.«
»Was ist da oben?« Jake deutete zur Stadt. »Werden wir dort auch Mutanten finden, oder…« Er stellte fest, daß er seiner Hoffnung nicht deutlicher Ausdruck verleihen konnte.
Roland zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht, Jake, sonst würde ich es dir sagen.«
Sie kamen an einem verlassenen Gebäude vorbei – mit ziemlicher Sicherheit ein Farmhaus –, das teilweise verbrannt war. Aber das könnte ein Blitz gewesen sein, dachte Jake und fragte sich, was er damit bezweckte – sich etwas zu erklären oder sich selbst zum Narren zu halten.
Roland, der möglicherweise seine Gedanken las, legte einen Arm um Jakes Schultern. »Es ist sinnlos, auch nur Vermutungen anzustellen, Jake«, sagte er. »Was hier passiert sein mag, ist vor langer Zeit passiert.« Er deutete mit dem Finger. »Das da drüben war möglicherweise ein Pferch. Jetzt ragen nur noch ein paar Pfosten aus dem Gras.«
»Die Welt hat sich weitergedreht, richtig?«
Roland nickte.
»Was ist mit den Menschen? Sind sie in die Stadt gegangen, was meinst du?«
»Einige sicher«, sagte Roland. »Einige halten sich noch hier auf.«
»Was?« Susannah fuhr ruckartig herum und sah ihn verblüfft an.
Roland nickte. »Wir werden schon seit ein paar Tagen beobachtet. Es leben nicht viele Menschen in diesen alten Behausungen, aber doch einige. Je näher wir der Zivilisation kommen, desto mehr werden es sein.« Er machte eine Pause. »Oder dem, was einmal die Zivilisation war.«
»Woher weißt du, daß sie da sind?« fragte Jake.
»Ich habe sie gerochen. Habe ein paar Gärten gesehen, die hinter Unkraut verborgen waren, das absichtlich gepflanzt worden ist, um sie zu verdecken. Und mindestens eine funktionierende Windmühle in einem Hain. Aber größtenteils ist es einfach Intuition… wie Schatten im Gesicht statt Sonnenschein. Ich könnte mir denken, ihr drei werdet das mit der Zeit auch lernen.«
»Glaubst du, sie sind gefährlich?« fragte Susannah. Sie näherten sich einem großen, baufälligen Gebäude, das einmal eine Scheune oder ein Genossenschaftsmarkt gewesen sein konnte. Sie betrachtete es unbehaglich und legte die Hand auf den Griff der Waffe, die sie auf der Brust trug.
»Wird ein fremder Hund beißen?« erwiderte der Revolvermann.
»Was soll das heißen?« fragte Eddie. »Es stinkt mir, wenn du mit deiner Zen-Buddhismus-Scheiße daherkommst, Roland.«
»Es bedeutet, ich weiß es nicht«, sagte Roland. »Wer ist dieser Mann namens Zen Buddhismus? Ist er so weise wie ich?«
Eddie sah Roland lange an, bis er entschied, daß Roland einen seiner seltenen Scherze machte. »Ah, laß dich heimgeigen«, sagte er. Er sah einen von Rolands Mundwinkeln zucken, bevor er sich abwandte. Als Eddie Susannahs Rollstuhl wieder anschob, fiel ihm noch etwas auf. »He, Jake!« rief er. »Ich glaube, du hast einen neuen Freund gefunden!«
Jake drehte sich um und fing breit an zu grinsen. Vierzig Meter hinter ihnen hinkte der magere Billy-Bumbler emsig hinter ihnen her und schnupperte am Unkraut, das zwischen den Pflastersteinen der Großen Straße wuchs.
3
Ein paar Stunden später befahl Roland eine Rast und sagte ihnen, sie sollten sich bereitmachen.
»Wofür?« fragte Eddie.
Roland sah ihn an. »Für alles.«
Es war gegen drei Uhr nachmittags. Sie standen an einem Punkt, wo die Große Straße zu einem langen Wall anstieg, der sich diagonal über die Ebene zog wie eine Falte in der größten Bettdecke der Welt. Unten und jenseits der Straße lag die erste Ansiedlung, in die sie kamen. Sie machte einen verlassenen Eindruck, aber Eddie hatte die Unterhaltung von heute morgen nicht vergessen. Rolands Frage – Wird ein fremder Hund beißen? – schien gar nicht mehr so zenmäßig zu sein.
»Jake?«
»Was?«
Eddie nickte zum Griff der Ruger, die aus dem Bund von Jakes Jeans ragte – dem zweiten Paar, das er vor seinem Aufbruch in den Ranzen gestopft hatte. »Soll ich sie nehmen?«
Jake sah Roland an. Der Revolvermann zuckte nur die Achseln, als wollte er sagen: Es ist deine Entscheidung.
»Okay.« Jake gab sie ihm. Er schnallte den Schulranzen ab, kramte darin und holte das volle Magazin heraus. Er konnte sich erinnern, wie er hinter hängende Hefter in einer Schreibtischschublade seines Vaters gegriffen hatte, um sie zu holen, aber das alles schien vor langer Zeit passiert zu sein. Wenn er heute an sein Leben in New York und seine Karriere an der Piper School dachte, dann war es, als würde er durch das falsche Ende eines
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