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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Verstehst du?«
    Eddie lag eine sarkastische Antwort auf der Zunge, aber er schluckte sie nach einem kurzen inneren Kampf hinunter. Es war nur, daß Roland eine Art hatte – unabsichtlich, da war er sicher, aber deshalb nicht leichter zu ertragen –, bei der er, Eddie, sich wie ein Kind vorkam.
    »Ich glaube ja«, sagte er schließlich. »Es bedeutet dasselbe wie das Lieblingssprichwort meiner Mutter.«
    »Und wie lautete das?«
    »Das Beste hoffen und mit dem Schlimmsten rechnen.«
    Rolands Gesicht wurde von einem Lächeln erhellt. »Ich glaube, das Sprichwort deiner Mutter gefällt mir besser.«
    »Aber sie steht noch!« platzte Eddie heraus. »Zugegeben, sie ist nicht im besten Zustand – wahrscheinlich hat sie seit tausend Jahren niemand mehr gründlich gewartet –, aber sie steht noch. Wie die ganze Stadt! Ist es so schlimm zu hoffen, wir könnten dort etwas finden, das uns weiterhilft? Oder Menschen, die uns zu essen geben und mit uns reden wie die alten Leutchen in River Crossing, statt auf uns zu schießen? Ist es so schlimm zu glauben, das Blatt könnte sich wenden?«
    In der anschließenden Stille wurde Eddie verlegen klar, daß er eine Rede gehalten hatte.
    »Nein.« Rolands Stimme klang gütig – eine Güte, die Eddie immer wieder überraschte, wenn er sie hörte. »Es ist niemals schlimm zu hoffen.« Er sah Eddie und die anderen wie ein Mann an, der aus einem Traum erwacht. »Für heute sind wir weit genug gereist. Ich glaube, es wird Zeit, daß wir unser eigenes Palaver abhalten, und das wird eine Weile dauern.«
    Der Revolvermann ging von der Straße ins hohe Gras, ohne sich noch einmal umzusehen. Nach einem Augenblick folgten ihm die anderen drei.
     
     
    18
     
    Bis sie die alten Leute in River Crossing getroffen hatten, hatte Susannah Roland stets als Figur aus einer der Fernsehserien betrachtet, die sie sich selten angesehen hatte: Cheyenne, The Riflemen und natürlich Rauchende Colts. Das hatte sie sich manchmal im Radio angehört, bevor es im Fernsehen gesendet worden war. (Sie überlegte sich, wie fremd Eddie und Jake das Konzept eines Hörspiels sein mußte und lächelte – Rolands Welt war nicht die einzige, die sich weitergedreht hatte.) Sie konnte sich noch erinnern, was der Sprecher zu Beginn jeder Rundfunksendung gesagt hatte: »Es macht einen Mann achtsam – und ein wenig einsam…«
    Bis River Crossing hatte Roland das für sie vollkommen verkörpert. Er war nicht breitschultrig wie Marshai Dillon, auch nicht annähernd so groß, und sein Gesicht kam ihr mehr wie das eines resignierten Dichters denn eines Gesetzeshüters aus dem Wilden Westen vor, aber sie hatte ihn dennoch als eine real existierende Version jenes erfundenen Streiters für den Frieden gesehen, dessen einziger Lebenszweck (abgesehen von einem gelegentlichen Drink im Saloon Longbranch mit seinen Freunden Doc und Kitty) darin bestanden hatte, IN DODGE ORDNUNG ZU HALTEN.
    Jetzt war ihr klar, daß Roland einmal mehr gewesen war als ein Polyp, der durch eine Dali-Landschaft am Ende der Welt ritt. Er war ein Diplomat gewesen, ein Schlichter; möglicherweise sogar ein Lehrmeister. Zuallererst aber war er ein Soldat dessen gewesen, was diese Menschen ›das Weiße‹ nannten, womit sie ihrer Vermutung zufolge die Kräfte der Zivilisation meinten, die verhinderten, daß die Menschen einander dauernd umbrachten und zumindest ein wenig Zeit anderen Aufgaben widmeten, so daß eine Art Fortschritt zustande kam. Zu seiner Zeit war er mehr wandernder Rittersmann als Kopfgeldjäger gewesen. Und in vieler Hinsicht war dies noch seine Zeit; die Menschen von River Crossing jedenfalls waren eindeutig dieser Überzeugung gewesen. Warum hätten sie sonst im Staub gekniet, um seinen Segen zu empfangen?
    Im Lichte dieser neuen Wahrnehmung sah Susannah nun, wie gerissen der Revolvermann sie alle seit jenem schrecklichen Morgen im sprechenden Ring manipuliert hatte. Jedesmal, wenn ihre Unterhaltung darauf gekommen war, Erlebnisse zu vergleichen – und was wäre logischer gewesen, wenn man an das kataklysmische und unerklärliche ›Auserwählen‹ dachte, das sie alle durchgemacht hatten? –, war Roland zur Stelle gewesen und hatte das Gespräch so schnell und aalglatt in andere Bahnen gelenkt, daß niemand (nicht einmal sie, die vier Jahre in der Bürgerrechtsbewegung aktiv gewesen war) auch nur bemerkt hatte, was er tat.
    Susannah glaubte, daß sie den Grund verstand – er hatte Jake Zeit geben wollen, alles zu verarbeiten. Aber

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