Der Dunkle Turm 3 - Tot
niedergemetzelt.«
»Elektrizität?« fragte Eddie.
Jeeves und die blutbespritzte Frau nickten beide. »Ay«, sagte die Frau. »So wurde es in alten Zeiten genannt, so isses.«
»Ihr müßt nicht mit uns reingehen«, sagte Susannah plötzlich. »Bringt uns nur in Sichtweite des Bahnhofs. Den Rest des Wegs gehen wir allein.«
Die Frau sah sie mißtrauisch an, dann zog Jeeves ihr den Kopf dicht an seinen Mund und flüsterte ihr eine Weile ins Ohr. Die anderen Pubes standen in einer unregelmäßigen Reihe hinter ihnen und stellten die benommenen Mienen von Menschen zur Schau, die gerade einen besonders schlimmen Luftangriff überlebt haben.
Schließlich drehte sich die Frau um. »Ay«, sagte sie. »Wir bringen euch in die Nähe der Krippe, und dann heißt es Abschied nehmen.«
»Meine Worte«, sagte Eddie. »Du und Jeeves. Ihr anderen, verzieht euch.« Er sah sie nacheinander an. »Aber vergeßt eins nicht – ein Speer aus dem Hinterhalt, ein Pfeil, ein Pflasterstein, und die beiden hier sterben.« Diese Drohung hörte sich so kläglich und sinnlos an, daß Eddie sich wünschte, er hätte sie gar nicht erst ausgesprochen. Wie konnte ihnen etwas an diesen beiden oder allen anderen Mitgliedern ihres Klans liegen, wenn sie tagtäglich zwei oder drei in die Pfanne hauten? Nun, dachte er, als er die anderen ohne einen Blick zurück davonstapfen sah, jetzt war es zu spät, sich deswegen Gedanken zu machen.
»Kommt schon«, sagte die Frau. »Ich will euch wieder vom Hals haben.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit«, antwortete Eddie.
Aber bevor sie und Jeeves sie wegführten, machte die Frau etwas, bei dem Eddie seine bösen Gedanken ein wenig bedauerte: Sie kniete nieder, strich dem Mann im Kilt das Haar zurück und hauchte einen Kuß auf seine schmutzige Stirn. »Lebwohl, Winston«, sagte sie. »Warte auf mich, wo die Bäume grün und das Wasser sauber sind. Ich komme zu dir, ay, so sicher wie die Dämmerung die Schatten nach Westen laufen läßt.«
»Ich wollte ihn nicht töten«, sagte Susannah. »Das sollst du wissen. Aber ich selbst wollte noch weniger sterben.«
»Ay.« Das Gesicht, das sich zu Susannah umdrehte, war streng und ohne Tränen. »Aber wenn ihr vorhabt, Blaines Krippe zu betreten, werdet ihr sowieso sterben. Und die Chancen stehen gut, daß ihr beim Sterben den alten Winston bedauern werdet. Er ist grausam, der Blaine. Der grausamste aller Dämonen an diesem grausamen, grausamen Ort.«
»Komm mit, Maud«, sagte Jeeves und half ihr hoch.
»Ay. Schaffen wir sie uns vom Hals.« Sie betrachtete Susannah und Eddie wieder, und ihre Augen waren streng, aber irgendwie verwirrt. »Gott verfluche meine Augen, daß sie eurer überhaupt jemals gewahr wurden. Und Gott verfluche auch eure Waffen, denn sie sind stets Quell all unserer Probleme gewesen.«
Und mit der Einstellung, dachte Susannah, werden deine Probleme auch noch mindestens tausend Jahre andauern, Süße.
Maud ging schnellen Schrittes die Straße der Schildkröte entlang. Jeeves trottete neben ihr her. Eddie, der Susannah im Rollstuhl schob, keuchte bald und mußte sich bemühen, Schritt zu halten. Die Prunkgebäude, die sich rechts und links erstreckten, gingen allmählich in efeuumrankte Villen über, die inmitten von riesigen, ins Kraut geschossenen Rasenflächen prangten, und Eddie wurde klar, daß sie sich in einer Gegend befanden, die früher einmal wirklich den oberen Zehntausend vorbehalten gewesen sein mußte. Vor ihnen überragte ein Gebäude alle anderen. Es handelte sich um eine trügerisch schlichte Konstruktion aus weißen Steinquadern, deren überhängendes Dach von vielen Säulen getragen wurde. Eddie mußte wieder an die Gladiatorenfilme denken, die ihm als Kind so gefallen hatten. Susannah, die bessere Schulen besucht hatte, fühlte sich an das Parthenon erinnert. Beide sahen und bestaunten das prächtig modellierte Bestiarium – Bär und Schildkröte, Fisch und Ratte, Pferd und Hund –, welches das Dach des Baus in Zweiergruppen schmückte, und ihnen wurde klar, das war das Gebäude, das sie suchten.
Das unbehagliche Gefühl, daß sie von vielen Augen beobachtet wurden – Augen, die zu gleichen Teilen staunend und haßerfüllt waren – wich niemals von ihnen. Donner grollte, als sie die Einschienenbahn sahen; wie der Sturm, kam auch die Schiene von Süden heran, vereinte sich mit der Straße der Schildkröte und verlief weiter schnurgerade zur Krippe von Lud. Als sie sich dieser näherten, fingen rechts und links von
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