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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Schlimmste war: Niemand wußte das besser als der Mann selbst. Im Augenblick wäre Eddie bereit gewesen, nach jedem Strohhalm zu greifen.
    Er hatte eine zusammengelegte Hirschhaut als Kissen benützt. Nun schob er die Hand darunter und zog ein in Leder gewickeltes Bündel heraus. Er ging zu Roland und mußte zu seinem Schrecken feststellen, daß der Revolvermann ihn erst bemerkte, als er nur noch vier Schritte von dessen ungeschütztem Rücken entfernt war. Es hatte eine Zeit gegeben – und die war noch gar nicht so lange her –, da hätte Roland bemerkt, daß Eddie wach war, noch ehe dieser sich aufgerichtet haben würde. Er hätte es am veränderten Atemrhythmus bemerkt.
    Er war sogar damals am Strand wachsamer, obwohl er nach dem Biß des Hummerdings halbtot war, dachte Eddie grimmig.
    Schließlich drehte Roland den Kopf herum und sah ihn an. Seine Augen waren von Schmerz und Müdigkeit umwölkt, aber Eddie stellte fest, daß es sich bei beidem um nicht mehr als ein oberflächliches Funkeln handelte. Darunter spürte er eine zunehmende Verwirrung, die mit ziemlicher Sicherheit zu Wahnsinn werden würde, wenn sie sich weiter ungehindert ausbreiten konnte. Mitleid verzehrte Eddies Herz.
    »Kannst du nicht schlafen?« fragte Roland. Seine Stimme klang nuschelnd, wie unter Drogen.
    »Ich war fast eingeschlafen, bin aber wieder aufgewacht«, sagte Eddie. »Hör zu…«
    »Ich glaube, ich bereite mich auf das Sterben vor.« Roland sah Eddie an. Der helle Schein verschwand aus seinen Augen, nun sahen sie aus wie zwei tiefe, dunkle Brunnen, die keinen Grund zu haben schienen. Eddie erschauerte, aber mehr wegen dieses leeren Blicks als wegen Rolands Worten. »Und weißt du, worauf ich auf der Lichtung am Ende dieses Pfades hoffe, Eddie?«
    »Roland…«
    »Stille«, sagte Roland. Er gab ein staubiges Seufzen von sich. »Nur Stille. Das wird reichen. Ein Ende von… dem hier.«
    Er drückte die Fäuste an die Schläfen, und Eddie dachte: Das habe ich erst vor kurzem jemand anderen machen sehen. Aber wen? Wo?
    Das war natürlich lächerlich; er hatte seit fast zwei Monaten niemand anderen als Roland und Susannah gesehen. Aber dennoch war ihm, als würde es so sein.
    »Roland, ich habe etwas gemacht«, sagte Eddie.
    Roland nickte. Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. »Ich weiß. Was ist es? Bist du endlich bereit, es mir zu sagen?«
    »Ich glaube, es könnte etwas mit diesem Ka-tet zu tun haben.«
    Der leere Blick verschwand aus Rolands Augen. Er sah Eddie nachdenklich an, sagte aber nichts.
    »Sieh her.« Eddie faltete das Stück Leder auseinander.
    Das nützt gar nichts! bellte Henrys Stimme plötzlich. Sie war so laut, daß Eddie tatsächlich ein wenig zusammenzuckte. Es ist nur eine dumme Holzschnitzerei! Er wird einen Blick darauf werfen und darüber lachen! Er wird dich auslachen! »Oh, sieh dir das an!« wird er sagen. »Hat die Memme was geschnitzt?«
    »Sei still«, murmelte Eddie.
    Der Revolvermann zog die Brauen hoch.
    »Nicht du.«
    Roland nickte ohne Überraschung. »Dein Bruder besucht dich häufig, Eddie, richtig?«
    Einen Moment sah Eddie ihn nur an, ohne seine Schnitzerei aus dem Leder zu holen. Dann lächelte er. Es war kein sehr angenehmes Lächeln. »Nicht so oft wie früher, Roland. Gott sei Dank.«
    »Ja«, sagte Roland. »Zu viele Stimmen liegen einem Mann schwer auf dem Herzen… was ist es, Eddie? Zeig es mir bitte.«
    Eddie hielt das Stück Eschenholz hoch. Der fast vollständige Schlüssel kam daraus hervor wie der Kopf einer Galionsfigur am Bug eines Schiffes… oder die Klinge eines Schwertes aus einem Stein. Eddie wußte nicht, wie genau es ihm gelungen war, die Form des Schlüssels zu gestalten, den er im Feuer gesehen hatte (und er vermutete, er würde es auch nie erfahren, wenn er nicht das richtige Schloß fand, um ihn auszuprobieren), aber er dachte, daß er nahe dran war. In einem war er sich jedenfalls ganz sicher: Es war bei weitem die beste Schnitzerei, die er je gemacht hatte. Bei weitem.
    »Bei den Göttern, Eddie, das ist wunderschön!« sagte Roland. Die Apathie war aus seiner Stimme verschwunden; er sprach in einem Tonfall überraschter Ehrerbietung, den Eddie noch nie bei ihm gehört hatte. »Ist es fertig? Noch nicht ganz, oder?«
    »Nein – nicht ganz.« Er strich mit dem Daumen über den dritten Zahn, dann über die S-Form am Ende des dritten Zahns. »An diesem Zahn muß ich noch ein wenig arbeiten, und die Krümmung am Ende ist noch nicht richtig. Ich weiß

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