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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Stimmen, das Gelächter von Frauen. Die Luft roch nach den Düften, die ihn stets an Mejis erinnern sollten: Meersalz, Öl und Kiefern.
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann«, murmelte Alain. Er war ein großer Junge mit einem störrischen blonden Haarschopf, der unter seinem Viehzüchterhut hervorquoll. Er hatte sich in Schale geworfen – wie sie alle –, aber Alain, der schon unter günstigsten Bedingungen nicht eben ein Salonlöwe war, schien Todesängste auszustehen. Cuthbert hielt sich besser, aber Roland vermutete, dass die Patina der Sorglosigkeit nicht sehr tief reichte. Wenn hier ein Anführer vonnöten war, dann würde er selbst es sein müssen. »Du wirst das prima machen«, sagte er zu Alain. »Nur…«
    »Oh, er sieht prima aus«, sagte Cuthbert mit einem nervösen Lachen, als sie den Innenhof überquerten. Auf der anderen Seite lag das Haus des Bürgermeisters, eine geräumige Lehmziegel-Hacienda mit zahlreichen Flügeln, aus der Licht und Gelächter zu allen Fenstern herauszudringen schienen. »Weiß wie ein Laken, hässlich wie ein…«
    »Sei still«, sagte Roland brüsk, und das spöttische Lächeln verschwand sofort von Cuthberts Gesicht. Roland nahm es zur Kenntnis, dann drehte er sich wieder zu Alain um. »Trink nur nichts mit Alkohol. Du weißt, was du in dem Fall sagen sollst. Und vergiss nicht den Rest unserer Geschichte. Lächle. Sei liebenswürdig. Zieh alle Register gesellschaftlicher Umgangsformen, die du hast. Vergiss nicht, wie sich der Sheriff förmlich überschlagen hat, damit wir uns hier willkommen fühlen.«
    Daraufhin nickte Alain und sah schon etwas selbstsicherer drein.
    »Was die Register gesellschaftlicher Umgangsformen betrifft«, sagte Cuthbert, »werden sie selbst nicht viele haben, daher dürften wir ihnen einen Schritt voraus sein.«
    Roland nickte, dann sah er, dass sich der Vogelschädel wieder an Cuthberts Sattelknauf befand. »Und schaff das Ding weg!«
    Cuthbert verstaute den »Wachposten« hastig und schuldbewusst in seiner Satteltasche. Zwei Männer in weißen Jacken, weißen Hosen und weißen Sandalen kamen näher, verbeugten sich und lächelten.
    »Behaltet einen klaren Kopf«, sagte Roland mit gedämpfter Stimme. »Alle beide. Vergesst nicht, weshalb ihr hier seid. Und vergesst das Angesicht eurer Väter nicht.« Er gab Alain, der immer noch zweifelnd dreinschaute, einen Klaps auf die Schulter. Dann drehte er sich zu den Stallknechten um. »Guten Abend, meine Herren«, sagte er. »Mögen Eure Tage auf Erden lang sein.«
    Sie grinsten beide, sodass ihre Zähne in dem extravaganten Licht der Fackeln blitzten. Der Ältere der beiden verbeugte sich. »Und Eure ebenfalls, junge Herren. Willkommen im Haus des Bürgermeisters.«
     
     
    2
     
    Der Hohe Sheriff hatte sie tags zuvor ebenso freundlich begrüßt wie nun die Stallknechte.
    Bisher hatten alle sie freundlich begrüßt, sogar die Fuhrleute, an denen sie auf dem Weg in die Stadt vorbeigekommen waren, und das allein machte Roland argwöhnisch und wachsam. Er sagte sich, dass er sich wahrscheinlich albern benahm – natürlich waren die Einheimischen freundlich und hilfsbereit, darum waren sie ja hierher geschickt worden, weil Mejis sowohl abgelegen war als auch dem Bund freundschaftlich gegenüberstand –, und es war wahrscheinlich albern, dennoch fand er, dass es nicht schaden konnte, auf der Hut zu sein. Etwas nervös zu sein. Schließlich waren sie drei kaum mehr als Kinder, und wenn sie hier Ärger bekamen, dann höchstwahrscheinlich deshalb, weil sie alles für bare Münze nahmen, was man ihnen entgegenbrachte.
    Das Büro des Sheriffs und das Baroniegefängnis lagen in der Hill Street über der Bucht. Roland wusste es nicht mit Bestimmtheit, dachte aber, dass nur wenige verkaterte Betrunkene und Männer, die ihre Frauen verprügelten, irgendwo in Mittwelt mit einer derart malerischen Aussicht aufwachten: eine Reihe bunter Bootshäuser im Süden, gleich unterhalb die Piers, wo Jungen und alte Männer ihre Angelruten auswarfen, während die Frauen Netze und Segel flickten; dahinter die winzige Flotte von Hambry, die auf dem funkelnden blauen Wasser der Bucht kreuzte, am Morgen die Netze auswarf und sie am Nachmittag einholte.
    Die meisten Gebäude in der Hauptstraße waren aus Lehmziegeln, aber hier oben, über dem Geschäftsviertel von Hambry, sah man solch klotzige Backsteinhäuser wie in den schmalen Straßen von Gileads altem Viertel. Und ebenso gepflegte, mit schmiedeeisernen Gittern vor den meisten

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