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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Ich – die kreischende, lachende, hässliche andere – zeigte sich niemals. Darryl und Det lagen bis zum Morgen beieinander, schliefen unter dem Mond von Mississippi bis zum Morgen seitlich aneinander geschmiegt. Horchten auf die Grillen. Horchten auf die Eulen. Horchten auf das leise, ruhige Summen der Erde, die sich in ihrer Kardanaufhängung drehte, die sich weiter und weiter ins 20. Jahrhundert hineindrehte. Sie sind jung und heißblütig und zweifeln keine Sekunde lang an ihrer Fähigkeit, alles zu ändern.
    It‘s fare you well, my own true lover…
    Dies ist ihr Song im Unkraut hinter dem Hotel Blue Moon; dies ist ihr Song unter dem Mond.
    I’ll never see your face again…
    Dies ist Odetta Holmes auf dem Gipfelpunkt ihres Lebens, und Mia ist dabei! Sie sieht ihn, sie spürt ihn, sie verliert sich in seiner glorreichen und nach Ansicht mancher vielleicht dummen Hoffnung (ah, aber ich sage halleluja, wir alle sagen Gott-Bombe). Sie versteht, wie ständige Angst die eigenen Freunde kostbarer macht; wie sie jeden Bissen jeder Mahlzeit versüßt; wie sie die Zeit dehnt, bis jeder Tag ewig zu währen scheint und in samtschwarze Nacht führt, und sie wissen, dass James Cheney tot ist
    (sprecht wahrhaftig)
    sie wissen, dass Andrew Goodman tot ist
    (sagt halleluja)
    sie wissen, dass Michael Schwerner – der Älteste der drei und auch mit vierundzwanzig noch ein rechtes Baby – tot ist.
    (Sprecht euer lautestes Amen!)
    Ihnen ist bewusst, dass jeder von ihnen ebenfalls im Erdreich von Longdale oder Philadelphia enden kann. Jederzeit. Nach diesem speziellen Hootenanny hinter dem Blue Moon werden die meisten von ihnen, auch Odetta, ins Gefängnis geworfen werden, und ihre Zeit der Demütigung wird beginnen. Heute Abend ist sie jedoch mit ihren Freunden, mit ihrem Geliebten zusammen, und sie sind eins, und Discordia ist verbannt. Heute Nacht singen sie, wobei sie sich mit einander auf die Schultern gelegten Armen im Takt wiegen.
    Die Mädchen singen maid, die Jungen singen man.
    Mia ist von ihrer Liebe füreinander überwältigt; sie ist von der Schlichtheit ihrer Überzeugungen hingerissen.
    Anfangs kann sie – zu betäubt, um zu lachen oder zu weinen – nur erstaunt zuhören.
     
     
    9
     
    Als der Straßenmusikant mit der vierten Strophe anhob, fiel Susannah mit ein, erst nur versuchsweise und dann – auf sein aufmunterndes Lächeln hin – mit mehr Elan, indem sie die zweite Stimme über der des jungen Mannes sang:
     
     
    For breakfast we had bulldog gravy
    For supper we had beans and bread
    The miners don’t have any dinner
    And a tick of straw they call a bed…
     
     
    10
     
    Nach dieser Strophe verstummte der Straßenmusikant und sah freudig überrascht zu Susannah-Mia auf. »Ich dachte, ich bin der Einzige, der diese Version kennt«, sagte er. »So haben die Freedom Riders sie…«
    »Nein«, sagte Susannah ruhig. »Nicht die. Es waren die Wählerregistrierungsleute, die diese Strophe gesungen haben. Die Leute, die im Sommer 64 nach Oxford runtergefahren sind. Als die drei Jungs ermordet wurden.«
    »Schwerner und Goodman«, sagte er. »Der Name des dritten fällt mir gerade…«
    »James Cheney«, sagte sie leise. »Er hatte wunderschönes Haar.«
    »Sie reden, als hätten Sie ihn gekannt«, sagte er, »aber dabei können Sie nicht viel über… dreißig sein?«
    Susannah konnte sich vorstellen, dass sie viel älter als dreißig aussah, vor allem heute Abend, aber natürlich hatte der junge Mann jetzt fünfzig Dollar mehr in seinem Gitarrenkasten als noch einen Song früher, und vielleicht beeinträchtigte das sein Sehvermögen.
    »Meine Mutter hat damals den Sommer 64 in der Neshoba County verbracht«, sagte Susannah, und mit diesen beiden spontan gewählten Wörtern – meine Mutter – fügte sie der Frau, die sie gefangen hielt, mehr Schaden zu, als sie sich hätte vorstellen können. Diese Wörter rissen Mia das Herz auf.
    »Echt coole Mutter!«, rief der junge Mann lächelnd aus. Dann verblasste sein Lächeln. Er angelte den Fünfziger wieder aus dem Gitarrenkasten und hielt ihn ihr hin. »Nehmen Sie ihn wieder. Es war mir ein Vergnügen, bloß mit Ihnen zu singen, Ma’am.«
    »Das kann ich wirklich nicht annehmen«, wehrte Susannah lächelnd ab. »Vergessen Sie den Kampf nicht, das würde mir genügen. Und vergessen Sie Jimmy, Andy und Michael nicht, wenn’s beliebt. Ich weiß, dass mir das reichlich genügen würde.«
    »Bitte«, sagte der junge Mann beharrlich. Er lächelte, aber sein

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