Der Eden Effekt
gegenseitig auszutricksen oder falsche Versprechungen zu machen. Schott hat es uns deutlich vor Augen geführt. Die Welt steuert geradewegs auf eine Katastrophe zu. Das ist unabänderlich.«
»Warum brauchen Sie das Modell dann überhaupt?«
»Die Leute, für die wir arbeiten, glauben, dass einige ihrer Behauptungen dadurch auf unwiderlegbare Weise erklärt werden.«
»Die Welt ist nicht mehr zu retten, hm?«
Li zuckte mit den Schultern. »Ich handle nur im Auftrag.«
»Ach ja? Wie wird Garibaldi sich verhalten, wenn seine Auftraggeber etwas Dummes tun und sein Exportland sich in ein radioaktives Kriegsgebiet verwandelt?«
»Was werden wir alle dann tun?« Li runzelte die Stirn.
Skip fingerte an dem Zündschlüssel der Ducati herum, der vor ihm auf dem Tisch lag. »Ich sag Ihnen was. Sie kommen morgen allein zur Werkstatt. Dann habe ich eine Antwort für Sie.«
Li nickte. »Einverstanden.«
»Und Kasperski? Wie ich gehört habe, ist er im Augenblick nicht in versöhnlicher Stimmung.«
»Seine Reaktion ist schwer einzuschätzen. Die süße Stephanie hat es ebenfalls geschafft, uns zu entwischen.« Sie warf ihm einen bedeutsamen Seitenblick zu. »Wenn sie Ihnen zufällig über den Weg läuft, würde ich es gerne erfahren.«
Nachdem Li Gunter getötet hatte, hatte sie gesagt, dass es eine persönliche Sache gewesen sei, schoss es Skip durch den Kopf.
»Okay, wenn ich Stephanie sehe, rufe ich Sie an.«
Sie lächelte spöttisch. »Ich wusste gar nicht, dass Sie meine Nummer haben.«
»Wir sehen uns dann morgen in der Werkstatt.« Sie standen beide auf. Li war ein paar Zentimeter größer als Skip. Sie nahm ihre Jacke, und als sie mit Skip zu den Motorrädern ging, musterte sie ihn abschätzend.
»Zu schade, dass wir auf verschiedenen Seiten stehen«, sagte Skip und bedauerte es sofort.
»Ja«, pflichtete sie ihm bei und zog die Jacke an. »Geschäft ist Geschäft.«
»Ich arbeite für die Guten.« Skip zog den Reißverschluss seiner Jacke zu.
Li lachte auf, schwang eines ihrer langen Beine über den Sitz der BMW und nahm den Helm vom Lenker. Ihr hübsches Gesicht sah nachdenklich aus. »Tun Sie mir einen Gefallen: Sorgen Sie dafür, dass alles klappt! Wenn etwas schiefgeht, werden Menschen sterben. Und Schotts Frau und seine beiden Söhne? Man mag es sich gar nicht vorstellen.« Ihr Ton klang aufrichtig.
Sie setzte den Helm auf und zog die Handschuhe an. Als sie auf den Starter drückte, sprang die grüne BMW an und der Auspuff des Vierzylindermotor dröhnte. Li nickte kurz, legte den ersten Gang ein und fädelte sich in den Verkehr ein.
Skip setzte ebenfalls den Helm auf, klappte den Seitenständer mit der Hacke ein und startete seine Maschine. Als er den Gang einlegte und Gas gab, dachte er: Menschen sterben, Kinder werden an Perverse verkauft, und ich soll die Entscheidung darüber Bürokraten überlassen?
In einer Wüste mit riesigen Sträuchern von Wüstenbeifuß rannte Dusty Stewart um sein Leben. Der Wolf Kachina, genannt Kweo, rannte heulend hinter ihm her, während er sein grässliches Maul weit aufriss. Das Ungeheuer hatte einen riesigen Wolfskopf, funkelnde rote Augen und einen bemalten menschlichen Körper. Mit einer Rassel in einer Hand und einem Messer in der anderen verfolgte ihn rachedurstig der Dämon der Puebloindianer.
Je schneller Dusty lief, desto langsamer wurde er, als würde er in Schlamm versinken. Der Wüstenbeifuß stand immer dichter, und seine Füße blieben in dem braunen, sandigen Boden stecken. Dusty spürte den heißen Atem in seinem Nacken und roch den Gestank, der ihn an den einen verrottenden Kadaver erinnerte, der zu lange in der Sonne gelegen hatte. Das schreckliche Monster Kachina hatte ihn fast erreicht, da klingelte ein Telefon.
Dusty schrak auf und begriff nicht, warum ausgerechnet in diesem Moment ein Telefon klingeln konnte. Benommen von dem Albtraum versuchte er herauszufinden, wo es in dem blauen Wüstenbeifuß liegen könnte.
Beim zweiten Klingeln saß er aufrecht im Bett, und sein Herz klopfte laut. Dusty warf die Decke zurück, stand auf und lief schlaftrunken an der Wand seines alten Wohnwagens entlang. Er stieß mit dem Kopf gegen den Türpfosten und durchquerte die Küche. Schließlich gelangte er in den kleinen Wohnraum des Wohnwagens.
Eilig warf Dusty die schmutzige Wäsche von der abgewetzten Couch, tastete nach dem kleinen Tisch und griff nach dem alten Telefon, das noch eine Wählscheibe hatte. Er drückte sich den Hörer ans Ohr und schaute
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