Der Eden Effekt
sich in dem dunklen Wohnwagen um.
»Hallo?«
»Dusty Stewart?«
»Ja«, erwiderte er keuchend und blinzelte wie eine Eule, um den Schlaf und den Albtraum zu vertreiben. »Was gibt’s?«
»Hier ist Skip Murphy.«
»Wie bitte? Murphy? Es ist mitten in der Nacht.«
»Tut mir leid. Es gibt ein Problem.«
Dustys Herzschlag setzte für eine Sekunde aus, und ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. »Ist mit Maureen alles okay?«
»Ja. Hören Sie, Sie müssen ihr eine Nachricht zukommen lassen. Geht das?«
Dusty kratzte sich am Bart. »Klar. Aber warum machen Sie das nicht selbst?«
»Es gibt Komplikationen. Ich kann Maureen nicht direkt anrufen, weil die Computer das Gespräch dann aufzeichnen. Sie sind Ihr Freund. Rufen Sie im Sicherheitsbüro der Airbase an und sagen Sie, es ginge um eine dringende private Angelegenheit. Wenn Sie sie am Apparat haben, sagen Sie Maureen bitte ...«
»Ma’am?«
Maureen wachte auf, als sie die Stimme hörte. In dem düsteren Licht ihres Schlafraums in der Kaserne war der uniformierte Offizier nicht mehr als ein Schatten.
»Was gibt’s?«
»Ein Anrufer, Ma’am. Er hat gesagt, sein Name sei Dusty Stewart, und es sei privat.«
Maureen rieb sich seufzend die Augen. Wenn es um Dusty ging, konnte das Wort »privat« ungeahnte Bedeutung bekommen. Nachdem er einst mit einer Stripperin getanzt hatte, war er auf den mit Bierflaschen übersäten Tisch einer Kneipe gefallen. Unzählige Schnitte in seinem Allerwertesten waren anschließend genäht worden.
»Einen Augenblick bitte, Sergeant. Ich zieh mich rasch an.«
Fünf Minuten später folgte sie dem Sergeant in ein Büro. Der Mann zeigte auf das Telefon. Maureen setzte sich an den Schreibtisch. »Dusty?«
»Hallo, Maureen! Hm, es hört doch keiner zu, oder?«
»Glaub nicht.« Sie schloss die Augen. »Was ist los?«
»Skip Murphy hat mich gerade angerufen. Du wirst es nicht glauben, aber du sollst Folgendes für ihn tun ...«
Maureen hörte ihm zu und spähte hin und wieder zu dem Sergeant hinüber. Ihr Herz klopfte inzwischen laut. Oh Gott, wie sie diese Dinge hasste!
Das Dröhnen der BMW wurde lauter, als die lindgrüne Maschine die Zufahrtsstraße nach Oberau hinauffuhr. Die Fahrerin nahm die Kurven wie eine Rennfahrerin, fuhr sie richtig aus und legte die Maschine von einer Seite auf die andere.
Skip trat hinaus in den Morgen und wischte sich die Hände an einem Lappen ab. Er spähte um die Ecke und sah, dass die Plastiktüte, die er neben die Mauer gestellt hatte, verschwunden war. Der Stein lag noch da.
Er kniff die Augen leicht zusammen, als Mi Chan Li die letzte Kurve nahm und auf dem Grundstück der Werkstatt noch einmal kurz Gas gab. Das Vorderrad der BMW 1000 RR hob vom Boden ab, und sie fuhr auf dem Hinterrad auf den Parkplatz. Keinen Meter von Skips Füßen entfernt kam sie zum Stehen.
Li schaltete den Motor aus, nahm den schwarzen Helm ab und stieg von der Maschine. Sie zog den Reißverschluss ihrer Jacke auf, schüttelte ihre lange schwarze Mähne und grinste.
Mit der Ecke eines Lappens entfernte Skip Dreck unter seinem Daumennagel. »Sind Sie noch nie gestürzt?«
»Nicht der Rede wert.« Li hängte den Helm an einen der Spiegel und ging mit wiegendem Gang auf Skip zu. »Ich habe früh angefangen. Eine Honda 50, als ich zwölf war. Im Verkehr in Hongkong lernt man entweder das Fahren, oder man endet als Krüppel.«
Skip griff in die Hosentasche, versteckte einen kleinen Zettel in der Faust und drückte ihn Li in die Hand, als er sie begrüßte. Sie nahm ihn entgegen, ohne eine Reaktion zu zeigen. Skip beugte sich hinunter und zeigte auf die Kette der BMW. »Die Kette ist etwas locker.«
Li warf einen verstohlenen Blick auf den kleinen Zettel, zerknüllte ihn und sagte: »Heute bin ich nicht verkabelt. Wir können frei sprechen. Soweit es Garibaldi betrifft, bin ich nur hier, um zu erfahren, wie Ihre Antwort lautet. Ja oder nein?«
Li war zwar nicht verkabelt, aber Skip nahm an, dass sie durch ein Fernglas beobachtet wurden. Er zeigte beiläufig auf die BMW, wie es Motorradfreaks zu tun pflegen, wenn sie über ihre Maschinen fachsimpeln. »Nelson hat die Werkstatt durchsucht und Ihren Sender gefunden. Jetzt ist das Haus sauber. Wir können frei sprechen. Und welches Interesse haben Sie an der Sache?«
»Geld«, erwiderte sie leichthin und schaute auf die schnittige BMW. »Private Auftraggeber zahlen besser als der Staat. Es gibt allerdings auch Nachteile.« Ehe Skip etwas erwidern konnte, fügte
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