Der Eden Effekt
kurzfristigen Termin wahrnehmen konnten.«
Anika schüttelte dem Universitätspräsidenten die Hand und versuchte an seinem Blick abzulesen, warum er sie zu sich gebeten hatte. Chambers trug ein Jackett, ein weißes Hemd und eine Krawatte. Seine freundliche Miene verriet nichts.
Oh Gott, hoffentlich geht es nicht um Mark und mich.
Doch ein Blick in Marks Gesicht beruhigte sie. Er sah nicht aus wie jemand, der auf eine Strafpredigt gefasst war, weil er mit einer seiner Studentinnen geschlafen hatte.
Als Anika sich setzte, fühlte sie sich noch immer unwohl in ihrer Haut.
»Dr. Schott, informieren Sie Ms French doch bitte, worüber wir soeben gesprochen haben.«
Laslo rutschte auf dem Stuhl hin und her und verbarg nicht, wie verärgert er war.
Mark grinste siegessicher und zufrieden. »Ich habe bei der ECSITE-Corporation einen Posten als internationaler Berater angenommen. Die Sache wurde erst in letzter Minute entschieden, und das Unternehmen möchte, dass ich meinen Job in München am Donnerstag antrete.«
Anika starrte ihn schockiert an. Das steckte also hinter seinem mysteriösen Geheimnis. »Bist du nicht vertraglich an die Universität gebunden? Und was ist mit deinen Seminaren?«
Mark warf Chambers einen Blick zu. »Mein Vertrag mit ECSITE beinhaltet großzügige Zahlungen sowohl an die Universität als auch an den Fachbereich Anthropologie. Es ist mir gelungen, ein sehr lukratives Abkommen mit ECSITE auszuhandeln. Die Universität erhält ein Stipendium, um unter meiner Leitung bei verschiedenen Aspekten der Forschung mitzuarbeiten, die ich im Bereich der International Development Studies betreibe. Das beinhaltet vierzigtausend pro Jahr für den Fachbereich.« Er musterte sie erwartungsvoll. »Und meine wissenschaftliche Mitarbeiterin erhält zehntausend Dollar.«
»Das bin dann wohl ich«, vermutete Anika, als sie das Strahlen in Marks Blick sah. »Von zehntausend Dollar pro Jahr kann ich nicht leben.«
Der Dekan Laslo mischte sich ein. »Es kommen noch die Seminare von Dr. Schott hinzu. Da im Fachbereich eine Lücke entsteht, wenn er uns verlässt, hat er vorgeschlagen, dass Sie seine Stelle übernehmen. Natürlich nicht als Leiterin des Fachbereichs, sondern als Dozentin.«
»Warum ich?«
»Weil du die notwendigen Fachkenntnisse für die Forschungen besitzt, die ECSITE betreiben will, Anika«, erwiderte Mark, ehe die anderen sich zu Wort melden konnten.
»Statistische prognostische Modelle entwerfen«, folgerte sie.
»Genau.« Mark lächelte zufrieden und lehnte sich zurück. »Es ist alles perfekt. Die Bewerbungen, die du verschickt hast, kannst du vergessen. Das ist der erste Schritt auf deiner Karriereleiter. Du kannst deine Forschungen fortsetzen und hast die Chance, sie anzuwenden. Gleichzeitig bist du der Konkurrenz gegenüber im Vorteil und hast zusätzlich noch zehntausend Dollar in der Tasche.«
Pragmatisch, wie sie war, begann Anika zu rechnen. »Du hast über alles gründlich nachgedacht, nicht wahr?«
Mark zuckte mit den Schultern. »Wie du bereits gesagt hast, muss jemand meine Seminare bis zum Ende des Semesters übernehmen. Du kennst den Lehrplan und bist mit der Materie vertraut. So können wir einen nahtlosen Übergang sicherstellen.«
Chambers presste die Fingerspitzen gegeneinander und beugte sich vor. »Ms French, für die Universität ist das kein Problem. Ich habe alles mit Dr. Schott besprochen. Wir müssen die von ECSITE gestellten Bedingungen für das Stipendium erfüllen und Mark durch jemanden ersetzen, der sich mit prognostischen Modellen auskennt. Da Sie, wie wir wissen, Expertin auf diesem Gebiet sind, wären wir froh, so schnell jemand Passendes gefunden zu haben.«
»Wie viele Stunden muss ich geben?«, fragte Anika.
»Neun.« Laslo klang verstimmt. »Zwei Überblicksvorlesungen und ein Masterseminar von jeweils drei Wochenstunden.«
»Sechs Stunden«, mischte Mark sich ein. »Drei davon über statistische Modelle für höhere Semester. Die Thematik der restlichen Stunden kann Anika sich selbst aussuchen.«
»Eine Vertretung nimmt, was sie kriegen kann!«, brüllte Laslo.
»Aber keine Vertretung, die der Universität so viel Geld einbringt wie Anika.« Mark verstummte kurz. »Ich kann ECSITE auch bei der Suche nach einer anderen Universität behilflich sein, die unsere Forschungen unterstützt. Bill Davis aus Utah hat sich mit prognostischen Modellen beschäftigt.«
Anika hatte Mühe, sich ein Lächeln zu verkneifen. Universitäten waren von Geldgebern
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