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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Chaos. Der reine Wahnsinn. Mein Schiff wurde von einem Jet-Ski angegriffen.«
    »Einem was?«
    »Ein gottverdammter Jet-Ski, Sir. Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Das Ding war vollgepackt mit Sprengstoff. Und deshalb bin ich jetzt hier und habe den Befehl, mich um Sie zu kümmern.«
    »Wer hat den Befehl denn gegeben?«, fragte Melton verblüfft.
    »Corporal Shetty, Sir. Er sagte, er macht mich fertig, wenn er aufwacht und Ihnen irgendwas zugestoßen ist.«
    Melton warf dem verstümmelten schwarzen Soldaten im Bett neben ihm einen kurzen Blick zu. Offenbar war dieser Mann sein bester Freund und nächster Verwandter, sonst gab es ja niemanden mehr. Womöglich nirgendwo. Er spürte, wie ein Gefühl der Zuneigung ihn übermannte, obwohl er ihn ja so gut wie gar nicht kannte, außer dass sie zusammen einer tödlichen Gefahr entronnen waren.
    »Er hat das bestimmt nicht so gemeint«, sagte Melton lächelnd. »Corporal Shetty ist ein sehr netter Kerl, ein Freund der Witwen und Waisen. Er wird niemandem was zuleide tun.«
    Deftereos schaute ihn ungläubig an.
    »Jedenfalls habe ich ihm versprochen, auf Sie aufzupassen, Sir. Wenn Sie sich kräftig genug fühlen, hätte der Doktor einige Fragen an Sie.«
    »Ich würde jetzt mit der Schulter zucken, aber genau da fehlt mir ein Stück Muskel, und es tut verdammt weh. Was will er denn wissen?«

    Deftereos stellte ihm die üblichen Fragen, die auch ein Zivilist nach einem Unfall üblicherweise in der Notaufnahme beantworten musste. Nur dass noch Details hinzukamen, zum Beispiel, ob er sich erinnern konnte, mit chemischen oder biologischen Waffen in Berührung gekommen zu sein. Als sie die Liste durchgegangen waren, hatte Melton ein bisschen Hunger und fragte, ob er was zu Essen bekommen könnte. Der Sanitäter schaute auf den Zettel am Fuße des Bettes und nickte.
    »Nichts Schweres, Sir. Eine Tasse Suppe sollte für den Anfang genügen.«
    »Danke. Hören Sie mal … Tony, richtig? Haben Sie irgendwas davon gehört, was zu Hause los ist? Was passiert ist? Ist in den letzten Tagen, während ich bewusstlos war, irgendwas vorgefallen?«
    Der Sanitäter schüttelte traurig den Kopf.
    »Nein, Sir. Niemand hat was von dort gehört. Und die Informationen, die zu uns gelangt sind, also Satellitenfotos, Aufnahmen von Webcams und dergleichen, werden immer weniger, weil Feuerstürme ausgebrochen sind. Ganze Städte stehen in Flammen. Nicht nur ein paar Blocks oder Stadtteile, nein, ganze Städte, Sir. Es heißt, die Wolken von dort verursachen eine Art nuklearen Winter in Europa. So ähnlich wie im letzten Krieg, als Saddam die Ölfelder angezündet hat. Nur viel schlimmer.«
    Melton erinnerte sich, davon gehört zu haben. Er wusste noch, wie er in der engen Gasse gerastet und in den Himmel geschaut hatte. In diesem Moment hatte er sich gewünscht, einige dieser dunklen Wolken sollten nach Süden kommen und für Schatten sorgen. Er versuchte, sich an noch mehr Einzelheiten zu erinnern, aber es war so, als würde er in irgendwelchen dunklen Wolken in seinem Gehirn herumstochern. Es kam nichts dabei heraus.

    »Mir geht es nicht wirklich schlecht, Tony«, erklärte er dem Sanitäter. »Meinen Sie, ich kann aufstehen und rüber ins Kasino gehen, um dort meine Suppe zu essen?«
    Deftereos verzog das Gesicht. »Das wollte ich Sie gerade fragen, Sir. Wir sind hier ziemlich schwach besetzt. Der Doktor hat notiert, dass Sie jetzt eigentlich wieder mobil sein sollten. Ihre Beine sind heil, und auch Ihre Wirbelsäule hat nichts abbekommen, keine inneren Verletzungen. Sie müssen nur auf die Nähte in Ihrer Schulter achten und auf einige Stiche, die Ihren Hintern betreffen. Da mussten sie nämlich einen ziemlich großen Splitter rausholen. Sie dürfen sich nur langsam bewegen. Tut mir leid, Sir.«
    »Das klingt doch ganz gut«, brummte Melton und richtete sich auf. »Wenn Sie mir mal kurz behilflich sein könnten.«
    Er biss die Zähne zusammen, um die Schmerzen beim Aufstehen zu ertragen. Es war nicht das erste Mal, dass er verletzt war, und er wusste, er würde sich nun eine Weile mit diesem Zustand abfinden müssen. Er war kein wichtiger Teil dieser Operation und konnte sich glücklich schätzen, überhaupt so weit gekommen zu sein. Ganz offensichtlich waren viele von denen, die er unterwegs kennengelernt hatte, nicht so gut dran. Ihm wurde schwindelig, und er hielt sich an Deftereos fest, aber dann ging es besser.
    »Werden Sie es schaffen, Sir?«, fragte der Sanitäter. Melton nickte.

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