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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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war, während er bewusstlos gewesen war. Was war aus »seiner Truppe« geworden? Wer hatte überlebt, wer war umgekommen? Und was war in der restlichen Welt alles den Bach runtergegangen? Das bisschen, was er aus dem Mund von Shetty und Deftereos gehört hatte, klang nicht gerade ermutigend. Er hatte das Gefühl, in einer Welt zu leben, die schon über den Rand des Abgrunds hinausgeglitten war und nun der endgültigen Zerstörung entgegentaumelte.
    Er brauchte eine ganze Weile, um den kurzen Weg zum Kasino-Zelt zurückzulegen. Völlig erschöpft kam er dort an, aber auch froh, weil er sich bewiesen hatte, dass er noch nicht am Ende war. Er schob die Tür mit dem Fliegengitter auf und trat in einen Raum, in dem die Hälfte der Tische mit Soldaten und Soldatinnen besetzt waren, die in einem ganz anderen Rhythmus lebten als ihre Kameraden draußen. Er konnte Army-Angehörige und Marines unterscheiden, bemerkte einige ausländische Uniformen, vielleicht von einer australischen Einheit. An einem Tisch saßen Soldaten der US Navy, die hier ziemlich fehl am Platz wirkten. Der Geräuschpegel war nicht sehr hoch, denn die meisten der Essenden schauten sich die Übertragungen auf dem Fernsehschirm an, der von der Decke hing. Niemand war erfreut über das, was dort zu sehen war, es war eine Art Nachrichtensendung. Melton wollte unbedingt die neuesten Informationen mitbekommen, aber auf dem Weg hierher war er sehr hungrig geworden.
Er nahm den bekannten Geruch von gebratenem Fleisch wahr, von Fett und Instantkaffee. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, und sein Magen zog sich erwartungsvoll zusammen. Er steuerte einen Klapptresen an, hinter dem eine weibliche Servicekraft stand und ihn anlächelte.
    »Was kann ich für Sie tun, Sir?«, fragte sie. Melton konnte ihren Namen auf dem Schild nicht entziffern, es wurde von ihrer kugelsicheren Weste überdeckt. »Wir haben Hamburger und Pommes, beides frisch zubereitet. Sie sehen ziemlich hungrig aus.«
    Er schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Haben Sie auch Suppe?«
    Sie drehte sich um zu einem riesigen Topf, der auf einem Herd stand.
    »Ich hab da ein Rindsragout, Sir. Wenn ich es etwas verdünne, wird eine Suppe draus. Nur ein bisschen grober.«
    »Grob ist schon okay«, sagte Melton.
    Sie brachte ihm einen Teller davon zu einem Tisch, von dem aus er einen guten Blick auf den Fernsehschirm hatte. Niemand war besonders scharf darauf, im Küchendienst eingesetzt zu werden, aber diese junge Frau bemühte sich sehr. Sie brachte ihm ein Kissen, damit er sich etwas bequemer auf seinen malträtierten Hintern setzen konnte. Er nahm sich ein Stück Brot und tunkte es genüsslich in den Sud aus Fleisch, Brühe und Gemüse. Seine alten Kameraden bei den Rangers hätten ihn ganz schön schief angesehen, wenn sie gesehen hätten, dass er sich ein Polster unter den Hintern schob. Aber er hatte nun mal schlimme Schmerzen, und so wie es momentan aussah, gab es sowieso keine Rangers mehr.
    »Mit so einem Haarschnitt können Sie eigentlich kein Ranger sein«, sagte eine Stimme.
    Melton drehte sich um und bemerkte dabei, dass die Überreste seiner Rangers-Tätowierung auf der Schulter zu
sehen waren. Der Mann, der ihn angesprochen hatte, war ein Sergeant der Air Force. Manche hätten den Spruch vielleicht als Beleidigung aufgefasst, aber Melton war nicht nachtragend. Der Sergeant aß einen Chili-Hamburger, dazu grüne Bohnen, und grinste freundlich. Melton streckte den Arm aus, und sie schüttelten sich die Hand.
    »Inzwischen bin ich Reporter. Bret Melton, Reporter der Army Times . Na ja, das war ich jedenfalls bis letzte Woche«, sagte er. »Aber ich bin nicht mehr bei der Army.«
    »Sergeant Anderson, Michael Anderson«, sagte der Soldat. »Sie können mich Micky nennen, wenn Sie mögen. Sie sehen ziemlich mitgenommen aus, Bret. Ich darf Sie doch Bret nennen? Waren Sie mit den Marines unterwegs?«
    Melton schüttelte den Kopf. »Fünfte und Sechste Kavallerie, in An-Nasiriyah.«
    Der Sergeant nickte, als wüsste er Bescheid, sagte jedoch: »Darüber hab ich noch nichts gehört. Aber es ist ja auch eine Menge los. Sie sind immer noch dabei, meine Hercules zusammenzuflicken, nachdem wir in iranisches Feuer geraten sind. War ein Wahnsinnsflug. Zwei brennende und zwei laufende Motoren, und zwar Propeller. Und die Truppe, mit der Sie unterwegs waren, wie hat die es überstanden?«
    »Gar nicht, fürchte ich. Wir sind in einen Hinterhalt geraten. Sie haben uns mit Granaten zusammengeschossen … ich hab

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