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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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»Es geht schon. Kümmern Sie sich um Ihre Patienten. Sagen Sie mir einfach, wo es langgeht.«
    Deftereos deutete auf die große Zeltklappe, die vom Wind hin und her bewegt wurde. Melton sah einen Pulk von Uniformierten vorbeieilen.
    »Sie gehen raus, wenden sich nach links und gehen über drei Kreuzungen, dann kommt das Kasino auf der linken Seite. Ungefähr 150 Meter. Sie können es nicht verfehlen.«

    Melton bedankte sich und schlurfte Richtung Ausgang. Im Zelt war es noch immer ruhig, da die meisten verwundeten Männer schliefen. Einige Pfleger und Sanitäter gingen umher und überwachten ihren Zustand. Manche trugen Kittel, andere Feldjacken, und sie stammten aus verschiedenen Teilen des Militärs, was normalerweise in einem Armeelazarett nicht der Fall war. Aber egal woher sie kamen, sie warfen ihm alle nur einen kurzen Blick zu. Er konnte gehen und schien noch halbwegs beieinander zu sein. Er war kein Fall, um den man sich kümmern musste.
    Er fühlte sich losgelöst, von der Welt entrückt. Er verstand, warum Shetty es so wichtig fand, einen Bekannten neben sich zu haben. Er war niemals in einer Einheit gewesen, die völlig vernichtet worden war, aber genau das war offensichtlich mit Eulers Truppe passiert. Er war darin eingegliedert gewesen und beinahe ums Leben gekommen, als sie versucht hatten, sich einen Weg durch den Süden des Irak zu bahnen. Es war eine idiotische Mission gewesen. Sie stießen nach vorn, um die Iraker an einer Stelle zu provozieren, damit sie an anderer Stelle genügend Raum hatten, um eventuell den Rückzug antreten zu können. Diese Strategie war dann ad absurdum geführt worden, als bestimmte Ereignisse auftraten oder besser gesagt, das eine große Ereignis in der Heimat.
    Er trat aus dem Zelt auf eine sandige Gasse, die zu einem riesigen Camp gehörte, das wie alle anderen nach dem üblichen Muster aufgebaut war. Soldaten und Marines gingen in kleineren oder größeren Gruppen umher, alle in kompletter Kampfausrüstung und viele mit dem typisch leeren Gesichtsausdruck von Männern, die einen schweren Angriff hinter sich hatten. Melton musste blinzeln, weil es noch immer recht hell war im Vergleich zum schattigen Zeltinneren. Das Feldlazarett mit den roten Kreuzen fiel auf in der ansonsten uniformen Lagerlandschaft
mit ihren zahllosen Zelten, Generatoren und Fahrzeugen. Ein Laster mit Leichensäcken fuhr vorbei und rollte auf einen Container zu.
    »Oh, Mann«, sagte er zu sich selbst. »Vielleicht bin ich ja doch schon tot.«
    Der Laster hielt vor dem Container, wo einige Soldaten auf ihn warteten. Ganz vorsichtig hoben jeweils zwei Soldaten immer einen Leichensack herunter und schleppten ihn zum Container. Melton sah, dass daneben ein Kühlaggregat stand. Ein paar Soldaten von der 3. Infanteriedivision starrten eine Leiche an und wandten sich dann ab. Melton hörte im Vorbeigehen, was sie miteinander sprachen.
    »Die armen Kerle wurden einfach umgenietet«, sagte einer.
    »Ich bin froh, dass ich nicht dabei war«, sagte der andere. »Es war ein idiotischer Auftrag.«
    Er schaute sich um und sah lange Reihen mit Tausenden von Zelten und Schnellbauhütten, Trailern, umgebauten Containern, Parkplätzen, Versorgungsdepots und Mini-Kraftwerken. Neben einer Ansammlung von Kommandofahrzeugen und Unterständen ragte ein Wald von Antennen in den Himmel. Das Camp erstreckte sich über einen Quadratkilometer. Melton legte den Kopf in den Nacken und schaute in den Himmel, wo er die winzigen blinkenden Körper und Kondensstreifen von mindestens einem Dutzend Jets der Luftpatrouille erkennen konnte.
    Der Boden war steiniger als der im letzten Camp. Es war nicht ganz leicht mit seinen Verletzungen, darauf zu laufen. Das Gute war, dass der Wind hier nicht so viel Sand und Staub aufwirbeln konnte. Die Sonne hing schon recht tief über dem Horizont, es musste also schon später Nachmittag sein, vielleicht 16 Uhr. Er hatte seine Uhr verloren und konnte nicht nachschauen. In diesem Teil des Lagers konnte man sich nur zu Fuß fortbewegen, und die
Gassen waren ziemlich verstopft. Alle, die herumgingen, trugen Kampfausrüstung, als würden sie jederzeit mit einem feindlichen Angriff rechnen. Sie ließen ihn durch, als er mit schlurfenden Schritten in Richtung Kasino ging.
    Er kam nur langsam voran. Sein ganzer Körper fühlte sich steif an, und jede Bewegung schien neue Verletzungen in jenen Bereichen hervorzurufen, die schon in Mitleidenschaft gezogen waren. Melton hätte zu gern gewusst, was passiert

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