Der Effekt - Roman
hinter sich und rannte so schnell wie möglich zur Rückseite des Gebäudes. Sie erreichte eine geschlossene Tür, stieß sie mit der Schulter auf und stürmte hindurch, nachdem der Türrahmen splitternd und Staub versprühend nachgegeben hatte. Holzwürmer, dachte sie ganz kurz und eilte weiter.
Sie hatte erwartet, in einer Vorratskammer oder Toilette zu landen. Letzteres war der Fall. Hier war es genauso schmuddelig und unordentlich wie überall im Haus, aber das war ihr egal. Ein graues, völlig verschmutztes Fenster mit zwei Flügeln führte auf einen Innenhof. Die Jalousie war kaputt, die zerschlissenen Seile hingen zu Boden, auf dem eingetrocknete Zahnpastaklumpen klebten. Caitlin sicherte ihre Waffen, hängte sie sich über die Schulter und kletterte aus dem Fenster.
Kein Mauervorsprung oder Schuppen. Sie musste direkt in den matschigen Innenhof springen. Sie lehnte sich so weit wie möglich hinaus, stieß sich ab und landete federnd auf ihren Füßen, genau wie es ihr die Ausbilder in der US Army Airborne School in Fort Benning beigebracht hatten.
Elegant war es nicht gerade, was sie da tat, und außerdem endete es damit, dass sie sich über den schlammigen Boden abrollte. Die Maschinenpistole knirschte unter ihr und drückte schmerzhaft gegen ihre Rippen, aber es gelang ihr, die Benelli-Flinte weitgehend sauber zu halten. Da sie keine Zeit hatte, die Waffen zu säubern oder zu kontrollieren, entschied sie sich, diese weiter zu benutzen. Während sie auf einen niedrigen Holzzaun zulief, der den Innenhof vom Nachbargrundstück abtrennte, schob sie neue Patronen ins Magazin.
Hinter sich hörte sie das Knattern der Sturmgewehre. Es wurde Zeit zu verschwinden. Sie blieb kurz stehen und horchte. Mit einem Mal überfiel sie ein irritierendes Gefühl von Orientierungslosigkeit, und sie verlor beinahe das Gleichgewicht. Sie holte tief Luft und versuchte, sich ganz auf ihren Körper zu konzentrieren, der ihr den Dienst zu versagen drohte. Sie musste dem aufkommenden Schwindel widerstehen und den ekelhaften Geschmack herunterschlucken, der in ihrer Kehle hochstieg.
Schließlich sprang sie über den Zaun. Ihre Jeans zerriss, und beinahe wäre sie auf der anderen Seite hingefallen, als sie auf eine tote Taube trat und das Gleichgewicht verlor. Zum Glück hatte sie genug Schwung, um weiterzustolpern. Sie brachte die Flinte in Anschlag, entsicherte sie und lud durch.
Vor ihr befand sich die Hintertür eines Hauses, dessen vorderer Teil an der Rue du Bac d’Asnière lag, der einen Längsseite des Häuserdreiecks. Aus ihrer Perspektive war
es die ruhige Seite. Der Lieferwagen ihrer Gegner stand an der spitzen Seite des Dreiecks, mit platten Reifen.
Vor ihr befanden sich die Räume einer ehemaligen Bäckerei, wenn sie sich richtig erinnerte. Das könnte klappen.
Die Milchglasscheibe in der Tür wurde durch ein dünnes Metallgitter geschützt, aber andere Sicherheitsmaßnahmen gab es nicht. Keine Drähte, keine Kameras, keine Lichtschranken oder sonstige Einrichtungen. In ihrem Kopf drehte sich noch immer alles, und sie konnte sich kaum gerade halten, aber die Tür war zum Glück ein starres Ziel. Sie trat mit dem Fuß knapp unterhalb des Schlosses dagegen. Die Tür gab mit einem lauten Krachen nach. Sie sprang ins Haus. Hinter ihr hallten erneut Schüsse von der anderen Straße über das Dach des Hauses, das sie gerade verlassen hatte. Sie betrat einen größtenteils leeren Lagerraum. Nur zwei große, von Ratten angenagte Papiersäcke mit Mehl lagen auf dem Betonboden. Durch eine Tür ging es in die Backstube, wo große, erkaltete Öfen standen. Vielleicht hatte der Bäcker sich ausgerechnet, dass es in der Stadt bald keine Zutaten für seine Backwaren mehr gab, und war mit seiner Familie aufs Land geflohen.
Caitlin konnte das egal sein. Sie fand die Tür, die sie gesucht hatte, ging hindurch und trat in das trübe Licht des Tages, das durch die giftigen Wolken drang. Es begann wieder zu regnen, die Tropfen brannten in ihren Augen und auf ihrer Haut. Eine Krähe, die der Regen nicht beeindruckte, hackte auf den Kadaver eines Eichhörnchens im Rinnstein ein. Sie fluchte, weil sie ihre Schutzbrille in der Tasche bei Monique liegen gelassen hatte.
Sie wunderte sich, dass der Verlust von Monique sie so hart traf. Sie waren keine Kollegen gewesen, eher zwangsweise Verbündete, die durch die Ereignisse der letzten Woche zusammengeschweißt wurden. Sie hatte es bislang
noch niemals zugelassen, sich zu einer Zielperson
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