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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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viel zu tun. Sehr viel.«
    »Sie werden kämpfen müssen.«
    »Natürlich. Sie haben ja gesehen, was passiert, wenn alles aus dem Ruder läuft, Melton. In der polnischen Geschichte wurde ständig gekämpft. Gegen die Russen, gegen die Deutschen. Wer weiß, was als Nächstes kommt. Vielleicht haben wir es wieder mit Tartaren oder Ottomanen zu tun. Einmal wurden wir sogar von den Schweden erobert. Aber ich glaube nicht, dass sie es wieder versuchen, sie sind ein friedfertiges Volk geworden. Aber nicht alle sind so friedfertig, oder? Die Taliban-Schweine, die ich in Afghanistan bekämpft habe, wohl nicht. Sie sind verrückt, aber unerbittlich. Die Iraker sind nicht so schlimm, aber auch nicht zu verachten. Die Schwächsten sind meist die Grausamsten. Und dann ist da noch Russland mit seinen skrupellosen Bojaren und Kommissaren und Möchtegern-Tyrannen. Wie dieser Putin. Seine eiserne Faust hängt schon drohend über uns. Also läuft es aufs Kämpfen hinaus. Immer wieder aufs Kämpfen. Kriege zwischen Staaten. Und kleine Kämpfe zwischen den Menschen um Wasser und Nahrung und sonstige grundlegenden Dinge. Gestern habe ich drei Minuten lang mit meinem Bruder telefoniert. Er hat seit zwei Tagen nichts mehr zu essen bekommen. Nur ein paar Scheiben Zwieback und ein bisschen Dosenfraß für die Kinder. Die Supermärkte sind leer. Es ist, als würde der Kommunismus zurückkommen. Und nun, nachdem diese giftigen Wolken über allem hängen, wird es nur noch schlimmer.«
    Seine Männer nickten, und Melton fragte sich, ob sie das ganze englische Gerede wirklich verstanden hatten. Aber wenn er sich richtig erinnerte, mussten Angehörige der Mobilen Reaktionskräfte noch zwei andere Sprachen
außer dem Polnischen beherrschen, zumindest rudimentär. Wahrscheinlich sprachen die meisten von ihnen fließend Englisch, da die Koalitionsstreitkräfte von den englischsprachigen Ländern geführt wurden. Außerdem hatten sie über dieses Thema sicherlich schon ausgiebig diskutiert. Er bereute, dass er sich keine Notizen gemacht oder die Ausführungen des Feldwebels aufgenommen hatte. Daraus und aus ähnlichen Gesprächen mit den Männern und Frauen hier im Hangar könnte er sicherlich einen interessanten Artikel machen. Der alte Funke schien noch in ihm zu glimmen. Er fasste in seine Jackentasche, um den Digital-Rekorder herauszuholen, aber er war nicht mehr da. Immerhin hatte er noch seinen Stift und sein Notizbuch, den er sich von einem Schreibtisch genommen hatte, an dem er irgendwann auf seinem Weg vom Hospital hierher vorbeigekommen war. Seine Schreibhand war unverletzt, aber mit der anderen den Notizblock zu halten war ziemlich schwierig.
    Ein letztes Mal warf er der Soldatin neben dem Cola-Automaten einen Blick zu.
    Du darfst niemals so enden wie die da, nahm er sich vor.
    Melton schaute Milosz an und fragte: »Geht das in Ordnung? Ich habe keine Geräte mehr, und meine Zeitung ist auch verschwunden. Aber ich bin immer noch Journalist. Ich sollte hier nicht rumsitzen und Trübsal blasen. Ich sollte Geschichten aufschreiben. Ihre Geschichten. Wäre das okay?«
    »Na klar«, sagte der Feldwebel und breitete die Arme aus. »Ich höre mich gern reden. Und meine Leute haben keine andere Wahl, sie müssen mir zuhören. Warum sollen nur sie darunter leiden? Klar, Melton, Sie können meine Geschichten weitererzählen. Wo soll ich anfangen? Mit unserem Angriff auf den Mukarajin-Damm? Ja, das sind wir gewesen. Wir haben Bagdad geflutet. Alle denken,
es seien die Green Berets gewesen. Pah, das sind doch Schlappschwänze. Das waren wir, die Polen!«
    Melton warf einen kurzen Blick um sich, um herauszufinden, ob irgendein Angehöriger der Special Forces in der Nähe war und diese Beleidigung gehört hatte. Aber niemand meldete sich zu Wort.
    Melton hatte arg mit dem Stift und dem Block zu kämpfen und kam kaum mit. Die polnische Einheit war ziemlich neu. Man hatte sie 1991 ins Leben gerufen. Trotzdem hatten sie den Ruf eines ziemlich exklusiven Klubs. Man hörte selten etwas von ihnen, schon gar nicht in der Presse. Und nun war er in der glücklichen Lage, einen Offizier dieser Einheit über die Einzelheiten seiner Mission interviewen zu dürfen. Das wäre vor einer Woche noch völlig unmöglich gewesen.
    Milosz bemerkte seine erstaunten Blicke.
    »Sie müssen gar nicht so überrascht sein. Alles hat sich geändert. Ich erzähle Ihnen von der Sache am Mukarajin-Damm, weil es uns nützen kann.«
    »Wie das?«
    »Wie ich schon sagte, wird es bald

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