Der Effekt - Roman
kamen von überall her«, erzählte ein Hubschrauber-Pilot, der ein halbes Bein verloren hatte. »Es war die Hölle, Bret. Ich dachte, ich wäre in Sicherheit, nachdem ich drei iranische Helis vom Himmel geholt hatte, aber dann sind wir unter Artilleriebeschuss geraten. Es war, als würde man in einer dunklen Zelle sitzen, und von überallher kommen Blitze angezischt. Das war wirklich nicht mein Tag, Mann.«
Bret merkte, dass der Pilot seinen Schützen nicht erwähnte. Wahrscheinlich hatte der es nicht geschafft.
»Sie sank nicht«, berichtete ein Seemann von der USS Belleau Wood . »Das iranische U-Boot hat drei Torpedos auf sie abgefeuert, aber sie ging nicht unter. Wir versuchten noch, das feindliche Feuer unter Kontrolle zu bekommen, als uns befohlen wurde, das Schiff zu verlassen. Wir hätten sie retten können, aber es hieß, die Ressourcen seien zu knapp. Es wäre besser, sie zu versenken.«
Ein amphibisches Angriffsschiff der Tawara-Klasse, dachte Melton. Einfach versenkt. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Navy nicht mehr ein so großes Schiff verloren.
Der Matrose lächelte. »Immerhin haben wir das verdammte U-Boot noch erwischt. Die Anti-U-Boot-Truppe von der Nimitz hat es sich vorgeknöpft und versenkt.«
»Yeah, versenkt«, sagte jemand. Und die anderen stimmten ein: »Yeah, versenkt.«
Er hörte sich einen schier unversiegbaren Strom grässlicher Fronterzählungen an. Einheiten, die abgeschnitten oder zurückgelassen worden waren. Vorräte, die zu Ende gingen. Ausbleibende Luftunterstützung. Irakische Truppen, die ihnen entgegenkamen und in gigantischen Flammenwällen verschwanden oder von monströsen Explosionen weggeblasen wurden, als aus großer Höhe Bomben auf sie geworfen wurden. Er hörte kurze intime Schilderungen von Zweikämpfen, in denen jede Waffe recht war, die einem in die Hand fiel. Die Geschichte einer Lkw-Fahrerin, die in einem Dorf in einen Hinterhalt geriet und durch zweitausend Jahre alte Kloaken kriechen musste, um sich in Sicherheit zu bringen, wobei sie eine Handvoll antiker Münzen fand, die sie jetzt als Erinnerung aufbewahrte.
Die Nacht brach herein, und die Hälfte der Soldaten im Hangar war eingeschlafen, als er endlich mit den Aufnahmen aufhören konnte. Seine Hände schmerzten. Sein fehlender Finger quälte ihn besonders heftig, und in seiner Schulterwunde pochte ein dumpfer Schmerz, weil er zu lange in einer Stellung verharrt hatte. Aber Melton war zufrieden, er hatte jetzt genug Material für ein ganzes Buch, nicht nur über die Kriegshandlungen, sondern auch persönliche Geschichten von Menschen, die alles verloren hatten, ihre Familien, ihre Heimat, ihre Freunde, alles.
Er versuchte die Erzählungen von einigen Europäern mit dazuzunehmen wie die von Milosz und seinen Männern und einer britischen Panzerbesatzung, deren Challenger-Kampfpanzer von einer Mine zerrissen worden war. Diese Berichte würden helfen, das Buch zu verkaufen, egal in welcher Form es erschien. Der amerikanische Buchmarkt war ja bekanntlich verschwunden.
Als die Polen ihren Flug antraten, sprach er gerade mit einem schottischen Infanteristen, der in Basra zwei Tage lang von seiner Truppe getrennt gewesen war. Seine einzige
Sorge war seine Forellenzucht, die nach einer Woche saurem Regen vor dem Ruin stand.
Man schüttelte sich die Hand und wünschte sich alles Gute.
»Machen Sie den Leuten klar, dass sie es mit einem neuen Polen zu tun haben«, sagte Milosz zum Abschied.
Melton schaute sich die Zurückbleibenden an. Jetzt weinten nicht mehr so viele wie vorher. Einige schnarchten, andere schliefen lautlos oder wälzten sich in Alpträumen, die aus ihrer Vergangenheit kamen. Er hörte, wie jemand über die Erzählung eines Kanu-Ausflugs lachte, als sie betrunken waren und der Dummkopf in der gelben Badehose es einfach nicht schaffte, auf das Floß der Klassenkameradinnen zu klettern.
Es war später Abend, die Luft merklich abgekühlt, es würde eine beinahe kalte Nacht werden. In der Ferne hörte man das Geräusch der Flugzeuge. Melton war müde und hungrig. Er fühlte sich unwohl, weil er schon so lange in diesem Hangar eingeschlossen war. Lange schon hatte er nichts mehr gegessen, und es war nichts weiter als ein Protein-Riegel gewesen, vor vier Stunden. Die Verpflegung an diesem Ort ließ wirklich sehr zu wünschen übrig. Bis seine Transport-Nummer aufgerufen wurde, hatte er nichts mehr zu tun, er konnte nur noch warten. Da die polnischen Rucksäcke weg waren, fehlte ihm jetzt
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