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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Wyatt.
    »Sarko? Kann man dem trauen?«
    »Aber es ist doch trotzdem reichlich kühn, die Loyalisten des Verrats zu bezichtigen, oder? Sie scheinen kaum Unterschiede zu kennen. Jeder, der sich ihnen in den Weg stellt, wird umgebracht, egal, wem sie sich nun tatsächlich verpflichtet fühlen. Streetgangs, Neofaschisten, Dschihad-Kämpfer - alle haben sie niedergemacht.«
    »Wie schon gesagt, Caroline, es ist ein Chaos. Es wäre ein Fehler, in dieser Situation davon auszugehen, dass jemand gut geplante Manöver durchzieht. Bündnisse und Vereinbarungen sind ständig im Fluss. Sie können sich von Minute zu Minute ändern. Eine Vereinbarung, die in einer bestimmten Situation funktioniert, kann in einer anderen überhaupt nichts taugen oder zwei Straßen weiter schon wieder anders aussehen. Ich denke, es wird wieder mal darauf hinauslaufen, dass der Gewinner dann die Geschichte schreibt.«

    »Gut«, unterbrach Monty. »Ein Landsmann von Ihnen hat ja mal gesagt, Journalismus sei die erste Niederschrift der kommenden historischen Aufzeichnungen. Wir haben also in den nächsten Stunden noch eine Menge zu tun. Dann sollten wir mal loslegen, würde ich sagen.«
     
    Das Büro zu verlassen war jetzt auch nicht mehr so wie früher, als man seine Ausrüstung nahm und nach draußen ging, um ein Taxi anzuhalten. Melton nahm an, dass er seinen Arbeitsplatz für einige Tage verlassen musste, und packte dementsprechend alles Notwendige ein. Ganz unten in seinen schwarzen Rucksack stopfte er Socken und Unterwäsche zum Wechseln, darauf kam der Proviant für den Notfall, auch wenn er wahrscheinlich bei der Truppe versorgt würde. Auf all das drauf kam seine Ausrüstung, bestehend aus einer kleinen Digitalkamera und Videobändern für vierundzwanzig Stunden Aufnahmen, drei Notizbücher und eine Handvoll Stifte. Hinzu kamen noch einige Schokoriegel und Zigaretten, die er unter den Soldaten verteilen wollte. Er wusste ja aus Erfahrung, wie gern ein Außenseiter gesehen wurde, der ein paar luxuriöse Kleinigkeiten im Gepäck hatte.
    Es regnete wieder, sogar ziemlich stark, wodurch die Geräusche der anhaltenden Kämpfe gedämpft wurden. Er konnte nicht nach draußen sehen, aber die Stahlplatten vor den Fenstern schienen das Geräusch der gegen sie prasselnden Tropfen zu verstärken. Er zog seinen Anorak über die kugelsicher Weste, die er aus dem Arsenal der BBC bekommen hatte, und zog eine Schutzbrille auf. Der Regen war nicht mehr so ätzend wie vor einigen Wochen, aber wenn man ein paar Tropfen in die Augen bekam, fühlte es sich noch immer so an, als wäre man in einem zu stark gechlorten Pool geschwommen. Für seinen letzten Gegenstand nahm er sich besonders viel Zeit. Es war seine persönliche Waffe. Nicht alle Reporter waren dafür,
so etwas bei sich zu tragen. Caroline Wyatt und Adam Mynott, die mit dem letzten NATO-Kontingent aus Afghanistan eingetroffen waren, lehnten jede Art von persönlicher Bewaffnung ab. Sie hatten versucht, Melton zu überreden, dass das besser für ihn sei. Ihrer Meinung nach war ihr Nichtkämpfer-Status der beste Schutz.
    Er hatte entgegnet, dass niemand, der hier kämpfte, sich an die Genfer Konvention hielt, und beschrieb mehrere Gelegenheiten, bei denen er sich mitten in Paris verteidigen musste. Der Streit konnte nicht geklärt werden. Einige der älteren Reporter attestierten ihm eine altmodische draufgängerische Cowboy-Mentalität. Jüngere Kollegen allerdings hatten ihn schon mal klammheimlich nach Tipps gefragt, wo sie eine geeignete Waffe bekamen. Es sprach Bände, dass Barry von ihm zwei Magazine für eine Fabrique Nationale Five-Seven-Pistole geschnorrt hatte, die er nicht mehr gebrauchen konnte.
    Er nahm die Waffe auseinander, säuberte sie und setzte sie wieder zusammen, dann schob er ein gefülltes Magazin hinein, sicherte sie und steckte sie in das Halfter an seiner rechten Hüfte, wo sie vom Anorak verdeckt wurde. Zu guter Letzt kam noch ein frisch geladenes Handy in den Rucksack, das sich in das Netzwerk der British Telecom einloggen konnte - wenn es Empfang hatte, was selten genug vorkam, denn das Mobilphonnetz war sehr löchrig geworden. Nach einem Abschiedsbesuch in Montys Büro schaute er bei der Sicherheitsabteilung vorbei und gab einen Zettel ab, auf dem seine Wege und Ziele für die nächsten achtundvierzig Stunden vermerkt waren und der Name der französischen Einheit, die er besuchen wollte. Außerdem hinterließ er die Nummer seines meist nutzlosen Telefons, das er in der

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