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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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einen Baum fällten oder eine Straße mit Nägeln blockierten, um die Militärtransporte zu behindern, wurde alles nur noch schwieriger. Damit erreichten sie überhaupt nichts, was in Culvers Augen das Allerschlimmste war. Außerdem lieferten sie Blackstone wunderbare Argumente für eine Beibehaltung des Kriegsrechts. Unerträglich aber war, dass sie den Dummköpfen in die Hände spielten, die den Kongress in eine verfassunggebende Versammlung umfunktionieren wollten, um
den Weg frei zu machen für eine Art Militärdiktatur, wie es sie früher in Südamerika gegeben hatte.
    Trotzdem, überlegte Culver im Weitergehen, waren sie ein Teil des allgemeinen Spiels, ein Element der Gesellschaft, das man eventuell für eigene Zwecke benutzen konnte.
    Zu diesem Zweck hatte er einige Telefonnummern und verschlüsselte Internet-Adressen in seinem Smartphone gespeichert.
    »He, Kumpel, Sie haben den Mund ja ganz schön voll genommen.«
    Der Anwalt zuckte zusammen und sah auf. Er hatte nicht bemerkt, dass jemand neben ihn getreten war. Besser gesagt: den Soldaten, der neben ihn getreten war.
    »Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken. Mein Name ist Ty McCutcheon, Major Ty McCutcheon. Aber Sie können mich auch einfach Mac nennen, wenn es Ihnen lieber ist.«
    »Hmhm«, sagte Culver vorsichtig. Er hatte das Gefühl, dass ihn hier jemand absichtlich aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Fragte sich nur, warum.
    »Ich hab Sie auf dem Kongress gesehen«, sagte McCutcheon. »Ich bin auch dahin unterwegs. Leiste Ihnen gern Gesellschaft, wenn Sie mögen. Es ist ja ziemlich einsam geworden auf den Straßen. Manchmal fühle ich mich wie der Omega-Mann.«
    »Der was?«, fragte Culver gedämpft.
    »Kennen Sie den Film mit Charlton Heston? Das Ende der Welt. Der letzte lebende Mensch. Großartiger Film. Trotz dieser dämlichen Hippie-Vampire. Ich sag Ihnen, Jed, solche Filme werden heutzutage einfach nicht mehr gemacht.«
    »Bestimmt nicht«, sagte Culver und fragte sich, um was es hier eigentlich ging. Er knüllte das Taschentuch zusammen, mit dem er sich das Gesicht abgewischt hatte, und
stopfte es in seine Tasche. Er spürte das Smartphone. Darauf waren zahlreiche Namen und Nummern gespeichert. Jede einzelne würde ausreichen, ihm ein ausgiebiges Verhör bei der Militärpolizei zu bescheren.
    So lief das hier in der Stadt.
    »Ich geh in die andere Richtung, Captain … äh …« Culver wusste sehr genau, was das goldene Blatt auf der Uniformjacke von McCutcheon bedeutete.
    »McCutcheon, Major McCutcheon.« Der Mann lächelte freundlich. Falls es ihm etwas ausmachte, dass Culver ihn niedriger eingeschätzt hatte, zeigte er es jedenfalls nicht.
    »Sie sind also von der Army, McCutcheon«, stellte Culver fest, obwohl er sehr genau wusste, dass das nicht ganz richtig war. Ein paar kleine Scherze in dieser Art schienen die beste Antwort auf die fröhlich-lockere Art des Majors zu sein.
    »Nein, Air Force«, korrigierte McCutcheon, während sie sich auf den Weg zum Regierungssitz machten.
    »Ist mir auch recht, denke ich«, antwortete Culver. »Und welche Bedrohung der nationalen Sicherheit bekämpfen Sie gerade, Major McCutcheon?«
    »Oh, ich bin nur so ein Verbindungsoffizier, Jed … Sie sind doch Jed Culver, stimmt’s? Sie arbeiten für Gouverneurin Lingle. So was zu wissen ist mein Job.«
    Culver lächelte wissend, aber er ließ nur ganz wenig von der Bewunderung aufblitzen, die er für den Mann empfand. Er machte seine Arbeit nicht schlecht. Ganz bestimmt war er nicht so dumm, wie er sich gab. Jedenfalls bezog er sich mit dieser Bemerkung auf die Tatsache, dass Culver ein Delegierter aus Hawaii war, nicht aber darauf, dass er der Anführer jener Gruppe war, die sich gegen eine radikale Änderung der Verfassung aussprach.
    An der nächsten Ecke bogen sie in die Fifth Avenue ein, die, gesäumt von einer langen Reihe von Bäumen, auf das Rathaus zuführte. Die Bäume hatten ihre Blätter verloren
und starben ab. Die kahlen Äste sahen aus wie verkrampfte Hexenhände, die in den vergifteten Himmel griffen.
    »Mit meinem pinkfarbenen Schild müsste ich eigentlich reinkommen«, fuhr er fort und fasste danach. Er hatte sich gefragt, wer die Farben für die Schilder ausgesucht hatte, die man ihm überreicht hatte, als er vor zwei Wochen in der Stadt angekommen war. Er hätte ganz bestimmt andere genommen, und seine Gouverneurin auch.
    Jed Culver hielt an und wandte sich direkt an McCutcheon. »Aber was Sie verrät, Major, ist ihr

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