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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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davon ab, wie sehr wir den zweiten Motor strapazieren. Ich möchte verhindern, dass er auch seinen Geist aufgibt. Wenn wir keinen Antrieb mehr haben, sind wir erledigt.«
    »Dann werde ich den Zivilisten jetzt ein wenig Schießunterricht geben«, sagte Shah. »Es ist besser, sie haben sich schon an die Knallerei gewöhnt, bevor es losgeht.«
    »Ja«, stimmte Jules zu. »Und wer weiß, vielleicht schreckt es unsere Verfolger ja ab.«
     
    Das war nicht der Fall, aber die Schießübungen machten Jules Hoffnung, dass sie es schaffen könnten, und ihren
Untergebenen ging es genauso. Shah rief alle aufs Bootsdeck am Heck und ließ jeden drei Kugeln abfeuern, eine davon einzeln, eine im Team und eine mit allen zusammen. Besonderes Letzteres schien vielen Mut zu machen. Shah hatte ein gewaltiges Waffenarsenal für die Jacht zusammengestellt, und das Geräusch derart vieler gleichzeitig abgefeuerter Waffen war tatsächlich beeindruckend. Tatsächlich war es beängstigend. Die kleinsten Kinder, die nicht eingesetzt werden konnten, wurden während der Übung unter Deck geschickt. Trotzdem war es so laut, dass sie Angst bekamen. Einigen Erwachsenen geht es offenbar nicht anders, dachte Julianne.
    Nachdem das laute Krachen des gesamten Schusswaffenarsenals im Wind über dem Ozean verklungen war, standen die einundvierzig bewaffneten Personen da und grinsten vor sich hin.
    »Na los, komm schon«, rief Fifi, drehte sich um und wackelte mit dem Hintern. »Wenn du hiervon was haben willst, dann komm her und hol’s dir.«
    Die jüngeren Crewmitglieder lachten und grinsten, und ein paar von den mexikanischen Jungen wackelten ebenfalls mit dem Hintern und riefen: »Komm schon, hol’s dir.«
    »Vielleicht sollten wir Piraten werden«, meinte Rhino, der neben Jules auf dem Pool-Deck stand. Er trug zum ersten Mal in seinem Leben ein Gewehr und hatte sich eine dunkle Sonnenbrille aufgezogen. Sein Gesicht war gerötet, aber er roch nicht nach Alkohol.
    »Wie lange noch, Rhino?«
    »Weniger als eine Stunde.«
    Julianne legte eine Hand an die Stirn, um die Augen vor der grellen Sonne zu schützen, und starrte auf den dunklen Schatten, der sich näherte. Das Schiff ihrer Verfolger war jetzt doppelt so groß wie beim letzten Mal, als sie hingesehen hatte.

    Der erste Schuss ging auf Fifis Konto. Als die Viarsa 1 , ein roter Zweitausend-Tonnen-Fischkutter, wenige hundert Meter von der Aussie Rules durch eine sieben Meter hohe Welle stieß, lag sie unter einer Abdeckplane auf dem Pool-Deck, die sie so zurechtgelegt hatte, dass die leeren Hülsen ausgeworfen werden konnten, ohne dass der Gewehrlauf des russischen Maschinengewehrs darunter hervorlugte. Shah hatte alle auf ihre Kampfpositionen geschickt und ihnen befohlen, in Deckung zu bleiben. Die Aussie Rules wirkte wie ein verlassenes Schiff, das mit halber Kraft langsam vor sich hintuckerte. Fifi nahm sich genügend Zeit, um sich an das Heben und Senken der beiden Boote zu gewöhnen. Die Viarsa kam direkt auf sie zu, und sie hatte einen guten Blick auf das Vorderdeck und die Brücke ihrer Gegner. Sie überlegte, ob sie eine Breitseite auf die Brücke abgeben sollte, um damit gleich ein paar Angehörige der Mannschaft auszuschalten, aber als der Abstand zwischen Jäger und Gejagtem sich weiter verringerte, bemerkte sie ein wesentlich verführerischeres Ziel. Ein knappes Dutzend Männer, alle bewaffnet, hatten sich am Bug der Viarsa versammelt und deuteten zur Aussie Rules . Ab und zu feuerte einer einen Schuss ab.
    Fifi wartete ab und nahm die Gruppe ins Visier. Dreimal war sie kurz davor, eine Salve abzugeben, hielt sich aber zurück, um abzuwarten, ob das Auf und Ab der Schiffe ihr nicht eine noch günstigere Schussposition bieten würde. Wenn sie in ein tiefes Wellental fielen, würde sie ihr Ziel völlig verfehlen. Zwei- oder dreimal allerdings befand sie sich in der perfekten Schussposition.
    Beim vierten Mal, als die Schiffe wieder auf gleicher Höhe waren, feuerte sie.
    Der verbeulte, rostige Trawler war jetzt auf weniger als zweihundert Meter herangekommen. Die Besatzung hatte ihren gelegentlichen Beschuss eingestellt, möglicherweise auf Befehl des großen bärtigen Mannes, der auf dem Deck
erschienen war. Er schrie und gestikulierte. Offenbar wollte er sie warnen. Die eigenartige Ruhe auf der Aussie Rules und das Fehlen jeder Bewegung auf ihren Decks hatten ihn alarmiert. Das Piratenschiff hob sich auf einer schwarzen, schaumgekrönten Welle und senkte sich im gleichen Moment, als

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