Der Effekt - Roman
Maschinisten, Rohan oder Urvan, sie konnte die Namen nie auseinanderhalten, war gleich umgekommen, als er einen Schritt nach draußen gemacht hatte. Zwei Männer waren noch übrig. Der verwundete Rhino, der von der Brücke zu ihr gestoßen war, und der andere Maschinist.
Auch ihre Munition war aufgebraucht.
Von der Viarsa kamen keine weiteren Piraten herüber, aber die Geräusche, die von den unteren Decks heraufdrangen, deuteten darauf hin, dass sich schon mehr als genug an Bord der Aussie Rules befanden.
»Rhino, dein Arm ist kaputt. Gib mir bitte dein Gewehr«, schrie sie über den Lärm hinweg.
Rhino reichte ihr die Waffe. Sein linker Arm hing schlaff herab, Blut drang durch einen behelfsmäßigen Verband. Sein normalerweise rötliches Gesicht war grau. Fifi führte ihre Leute Richtung Heck, bis sie wieder in Position waren, um auf das Bootsdeck zu feuern.
Als sie aufschaute, bemerkte sie Jules und einen von Shahs Männern, die einen gefallenen Gurkha gegen ein halbes Dutzend Angreifer schützen wollten. Es ging derart drunter und drüber dort, dass es keinen Sinn machte zu versuchen, sie mit Einzelschüssen auszuschalten. Fifi zielte auf die Angreifer und gab Rohan oder Urvan ein Zeichen, bevor sie laut schrie: »Julesy, Kopf runter, Baby!«
Dann sprang sie auf und schoss.
Ging wieder in Deckung.
Robbte zur Seite, sprang auf und schoss erneut.
Sie hatte vier von ihnen mit jeweils einem Schuss erledigt, als eine Kugel aus dem Steuerhaus der Viarsa ihr ins Gehirn drang.
Jules hatte keine Munition mehr und war zusammen mit Sharma, der immerhin noch über sein Krummmesser verfügte, unter eines der Boote gekrochen. Ein kleiner See aus Blut, nur leicht verdünnt vom Salzwasser, erstreckte sich über das Deck. Sie griff nach ihrer Machete und folgte dem Gurkha, der wenige Meter entfernt ein paar schmutzige nackte Füße entdeckt hatte.
Sie waren nur eine Armlänge von ihm entfernt und konnten schon die zahlreichen offenen Wunden in den Schenkeln des Mannes erkennen, als die Schießerei einen neuen Höhepunkt erreichte. Die Füße flogen in die Luft, und der von Kugeln durchlöcherte Körper des Mannes fiel auf eine Taurolle.
Vereinzelte Schüsse waren noch zu hören. Dann wurde es still.
Sie hatte keinen blassen Schimmer, wer gewonnen hatte, bis sie Pieraros Stimme hörte.
»Miss Julianne?«
48
Die Dämmerung brach an über Guantánamo Bay und legte sich wie ein blutrotes Leichentuch über das Schlachtfeld. Noch immer brannten Schiffe auf dem Wasser, rauchten die Wracks von Flugzeugen auf dem Rollfeld, über dem nun die venezolanische Flagge wehte. Wenige Zivilisten befanden sich noch in der Bucht. Über viertausend von ihnen waren gefangen genommen und in die Salztonebene jenseits des Stützpunkts verbracht worden. Dort saßen sie in der prallen Sonne, bewacht von den Soldaten der venezolanischen Armee.
Im Hauptquartier der Marinebasis, in dem er sich nie wirklich heimisch gefühlt hatte, starrte General Tusk Musso den Kommandanten der feindlichen Truppen an, der hinter einem Schreibtisch saß, der bedrohlich wackelte. Das Möbelstück war während der Kämpfe beschädigt worden, und jedes Mal, wenn General Alano Salas sich darauf abstützte, schien es beinahe zusammenzubrechen. Ständig musste der Offizier das wackelige Ding festhalten, was ziemlich lächerlich wirkte, aber es schien ihm sehr wichtig zu sein, Mussos Platz einzunehmen.
Lieutenant Colonel Stavros saß links neben Musso mit einer Bandage über dem einen Auge. Zwei venezolanische Offiziere standen rechts und links neben ihrem Kommandanten. Sie waren bewaffnet. Die Amerikaner nicht. Ein Soldat vor dem zersprungenen Fenster filmte das Zusammentreffen mit einer großen Kamera auf der Schulter. Der
Fernsehreporter war schon länger nicht mehr aufgetaucht. Ohnehin war seine Übertragung während des Angriffs von einer kleinen bewaffneten Einheit um Sergeant Price unterbrochen worden.
Musso versuchte sich zu erinnern, wer der letzte amerikanische General gewesen war, der auf dem Schlachtfeld kapituliert hatte. Das bekannteste Beispiel war General Lee, aber er dürfte kaum der letzte gewesen sein. Falls er sich richtig erinnerte, dann war es Lieutenant General Jonathan Wainright gewesen, der sich zuletzt einem Feind ergeben hatte. Auch er war in einer unhaltbaren Situation gewesen, in Corregidor, nachdem General MacArthur sich nach Australien davongemacht hatte.
Mussos Gegenüber kritzelte etwas auf einen Notizblock, unterschrieb es
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