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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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suchen.«
    Caitlin holte mit einer ihrer Pistolen aus und schlug mit dem Griff gegen das Fenster. Die Scheibe zersprang mit lautem Knall, und Monique zuckte heftig zusammen. Mehr als ein Dutzend Zeugen sahen ihnen zu, aber keiner wagte sie zu stoppen, als sie die Tür öffnete. Immer mehr Leute kamen aus der Notaufnahme und deuteten in ihre Richtung, aber keiner traute sich näher zu kommen. Dennoch konnte es nicht mehr lange dauern, bis der Sicherheitsdienst des Krankenhauses oder die Polizei oder sonst jemand ihnen in den Weg trat.
    »Die Uhr läuft, Monique, los, steig ein.«
    Auf dem Vordersitz des Fuego lag eine Menge Papier, eine Tüte mit Zwiebeln und eine Handtasche, aus der ein Scheckheft herausrutschte, außerdem iPod, Handy, Make-up-Utensilien und einige Schlüssel.
    »Jesus Christus!«, rief Caitlin aus. »Warum hat sie nicht gleich einen Sticker aufs Auto geklebt: ›Bitte beklau mich‹?«
    Sie fand einen robust aussehenden Kugelschreiber mit Metallhülle in dem Durcheinander und löste damit die Abdeckhaube aus Plastik unter dem Armaturenbrett. Gleichzeitig bemerkt sie, dass Monique noch immer draußen herumstand, und schob den ganzen Krempel vom Beifahrersitz. »Steig ein. Wir haben keine Zeit mehr.«
    Monique stieg vorsichtig ein und vermied dabei, auf die herumliegenden Sachen zu treten. Caitlin fluchte leise vor sich hin, als der Motor des Wagens ansprang und sie gleichzeitig einen elektrischen Schlag bekam. Sie warf einen kurzen Blick über ihre Schulter und stellte fest, dass sich immer mehr Menschen auf den Treppen vor der Notaufnahme
sammelten. Einige deuteten in ihre Richtung, manche riefen laut. Sie legte den Rückwärtsgang ein und trat aufs Gas, bis der Wagen einen Satz aus der Parklücke machte. Reifen quietschten, und der Geruch von verbranntem Gummi drang in ihre Nase, während sie die Handbremse betätigte, um möglichst rasch um die Kurve zu kommen. Sie wurde mit Monique nach vorn geworfen, trat auf die Bremse, wechselte den Gang und gab wieder Gas. Der Renault schoss voran und verfehlte die Rücklichter eines nahenden Fiats nur um wenige Zentimeter.
    »Du heißt überhaupt nicht Cathy Mercure, stimmt’s?«, fragte Monique, als sie schlingernd über den Parkplatz zur Ausfahrt rasten und sich schließlich in den Verkehrsstrom einfügten.
    Caitlins erste, unbedachte Reaktion war, zu lügen. Täuschung und Verrat waren ihr durch langes Training und die Anforderungen ihrer Arbeit zu einem Teil ihrer Persönlichkeit geworden. Aber falls sie nicht das Opfer einer Psychose war, hatte sich die Tarnung, die sie für ihre Mission angenommen hatte, erledigt. Es war ohnehin etwas viel Größeres passiert, etwas von so unglaublichen Ausmaßen, dass es alle Herausforderungen überstieg, auf die sie trainiert war. Sie spürte, wie der pochende Schmerz auf der verletzten Seite ihres Kopfes sich verstärkte, während sie darüber nachdachte, was gerade alles geschehen war, vor allem ab dem Zeitpunkt, als der erste Schuss gefallen war.
    »Nein«, gab sie jetzt zu. »Ich heiße nicht Cathy Mercure. Mein Name ist Caitlin. Mehr musst du nicht wissen. Nur das und die Tatsache, dass du in ziemlichen Schwierigkeiten steckst.«
    Als sie sich eilig zwischen die Autos drängten, wurden sie von einem Hupkonzert und Beschimpfungen auf Französisch empfangen. Caitlin entschied, dass es besser wäre, sich einen Weg quer durch den Hauptverkehrsfluss, in dem sie nur stecken bleiben würden, zu bahnen, um an
einer Kreuzung in eine weniger befahrene Seitenstraße zu biegen. Sie kannte sich mit den Straßenverhältnissen nicht aus, aber im Moment sah sie keine andere Möglichkeit, als möglichst rasch rechts abzubiegen, um möglichst viel Abstand zwischen sich und den Ort zu bringen, an dem gerade jemand versucht hatte, sie umzubringen.
    »Ich soll in Schwierigkeiten sein?«, widersprach Monique. »Ich habe doch niemanden umgebracht oder ein Auto gestohlen. Ich bin doch keine Kriminelle. Ich habe doch niemanden erschossen …«
    Ihre Stimme entgleiste, und sie brach ab, als die Emotionen wieder hochkamen, die sie eben noch im Krankenhaus erfasst hatten. Mindestens eine ihrer Freundinnen war vor ihren Augen niedergeschossen worden, und danach hatte sich eine andere vor ihren Augen in eine Killermaschine verwandelt. Moniques Mund blieb offen stehen, ihr Oberkörper zitterte, während ein Schwall wilder, verzweifelter Emotionen über sie hereinbrach. Caitlin mutete dem Renault einige brutal ausgeführte Gangwechsel zu und

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