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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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und keine Lügnerin und Mörderin.
    Eine unerwartete Gefühlsregung verunsicherte Caitlin, und sie ließ ihre Waffe sinken. Sie hatte keine Lust mehr. Und immerhin war es ja möglich, dass Monique sie zu Al-Banna führte.
    »Wenn du hierbleibst, wirst du sterben«, sagte sie. »Komm mit mir, dann wirst du überleben.«
    Die Notaufnahme wirkte wie ein Stillleben von Goya. Die Schreie der Angestellten und Patienten waren von den Schüssen erstickt worden, die Caitlin auf ihre Widersacher abgegeben hatte, auf die Männer, die sie töten oder gefangen nehmen wollten. Als sie sich dem Ausgang zuwandte,
ging eine Bewegung durch die Umstehenden, weil jeder aus ihrem Sichtfeld kommen wollte. Ein Mann in weißem Kittel, offenbar ein Arzt, machte ein paar zögerliche Schritte in ihre Richtung, aber ein knappes Kopfschütteln von ihr und eine Geste mit der Pistole stoppten ihn. Caitlin schaute sich nicht um, ob Monique ihr folgte. Sie wusste, dass sie es tun würde. Sie ging zügig, aber ruhig auf die Schiebetüren zu und zog dabei ihr blutbesudeltes Hemd aus. Das weiße T-Shirt darunter hatte rosa Flecken, aber das meiste davon konnte sie mithilfe einer Motorradlederjacke verdecken, die sie von einem Bett nahm, auf der ein stark bandagierter, bewusstloser Mann lag. Die Jacke war zu groß für sie, musste aber für den Augenblick genügen. Sie steckte ihre Pistolen, zwei Glock 23, in die Taschen, die mit Reißverschlüssen zugemacht werden konnten, und zog sich die Überreste der Sensoren aus den verfilzten Haaren. Von einem Tablett neben einem anderen Bett nahm sie sich eine Rolle Verbandsmaterial und steckte sie in eine andere Tasche. Schließlich drehte sie sich nochmal um und warf einen prüfenden Blick in den Raum, um festzustellen, ob ihr jemand folgte. Monique starrte sie widerwillig an, folgte ihr aber, ganz offensichtlich ein Opfer des Stockholm-Syndroms. Caitlin kannte diese Situation und hatte sie mehr als einmal ausgenutzt.
    Die Krankenhaustüren schlossen sich automatisch mit einem Glockenton und dem protestierenden Rumpeln alter Gummiräder, die über eine verschmutzte Schiene rollten. Draußen war der Abend angebrochen, in der beißenden Kälte erschauerte sie unter ihrer Jacke und war dankbar, dass sie Wärme spendete. Sie musste so schnell wie möglich einen fahrbaren Untersatz und dann ein Versteck finden. Wenn sie in Sicherheit waren, würde sie mit ihrem Verbindungsmann Wales Kontakt aufnehmen. Ihre Tarnung war aufgeflogen. Die Auseinandersetzung in der Notaufnahme
und natürlich ihr Gesicht waren von den Kameras im Krankenhaus aufgenommen worden.
    »Wo, zum Teufel, willst du denn hin, Cathy? Was hast du vor? Du hast diese Männer getötet. Du hast sie umgebracht.«
    Monique klang schrill und anklagend.
    Caitlin ignorierte sie und warf einen prüfenden Blick über den Parkplatz vor dem Krankenhausgebäude, während sie die Treppen nach unten eilte. Ein blauer Renault Fuego fiel ihr ins Auge, ein gutes Auto, das leicht zu stehlen war und im Verkehr von Paris nicht weiter auffiel. Das Fenster auf der Beifahrerseite stand einen Spaltbreit offen.
    »Das war was anderes«, sagte sie.
    »Was soll das denn heißen?«, fragte Monique und beeilte sich gleichzeitig, mit ihr Schritt zu halten. Sirenen waren zu hören, es schienen ungeheuer viele zu sein, ihr Jaulen und Heulen kam aus allen Richtungen. Die ganze Stadt war erfüllt von ihrer Kakophonie. Der Verkehr auf den Straßen um das Krankenhaus war dicht und kam nur zäh voran. Mittendrin, an drei verschiedenen Stellen, sah sie die Blinklichter der Streifenwagen und Ambulanzen, aber es war unmöglich herauszufinden, ob sie in ihre Richtung fuhren oder nicht.
    »Töten und morden ist nicht das Gleiche. Ich habe sie getötet, klar, aber ich hatte gute Gründe. Das war nicht Mord, das war Notwehr.«
    »Notwehr!« Monique versuchte, sie am Arm zu fassen, aber Caitlin befreite sich mit professioneller Geschicklichkeit aus dem Griff. »Und das soll ich dir glauben? Du hast sie angegriffen wie … eine Maschine. Wie ein Roboter. Du bist gar keine politische Aktivistin, und auch keine Surferin!«
    Monique schien ihr diese Worte geradezu ins Gesicht zu spucken.

    »Ich habe mal gesurft, aber davon abgesehen bin ich Soldatin«, sagte Caitlin. »Und jetzt steig in dieses verdammte Auto ein, wenn du hier lebend rauskommen willst. Die Männer, die ich ausgeschaltet habe, waren auch Soldaten, genau wie ich. Und das werden nicht die Einzigen gewesen sein, die nach uns

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