Der Effekt - Roman
Mega-Tsunami zum Beispiel oder ein riesiger Vulkanausbruch. Wir können natürlich dementsprechend vorgehen. Aber Frau Gouverneurin, wenn ich bitte noch ein anderes Thema ansprechen darf, würde ich gerne die dringliche Frage bezüglich der Exekutivgewalt stellen.«
Culver und Lingle reagierten simultan, wenn auch mit unterschiedlichen Gesten auf diese Aussage. Der Anwalt lehnte sich etwas weiter nach vorn, während die Gouverneurin sich die Augen rieb und sich zurücklehnte.
»Sprechen Sie weiter, Admiral.«
Ritchie klappte seine Aktenmappe auf und überreichte ihr einen Stapel Dokumente.
»Ich habe unsere Justizabteilung gebeten, einige Papiere für Sie zusammenzustellen. Es geht um die Nachfolgeregelung.
Wenn wir realistisch sind, ist klar, dass der Präsident nicht wiederkommen wird, ebenso wenig ein Mitglied des Kabinetts oder ein sonstiger genannter Nachfolger. Wenn wir uns nun die staatliche Hierarchie ansehen, dann kommen nur drei Personen als Nachfolger in Betracht: der Sprecher des Parlaments im Staate Washington, der stellvertretende Gouverneur von Alaska in Juneau oder Sie.«
»Oh«, sagte Lingle in das unangenehme Schweigen, das nun ausgebrochen war. »Und wer von uns ist es nun also?«
Ritchie warf Culver einen Blick zu, der ihn ansah, als würde er ihn für einen Schwätzer halten.
»Ehrlich gesagt, könnte es jeder von Ihnen dreien sein. Es gibt keine Bestimmungen für ein Desaster dieses Ausmaßes. So wie es aussieht, müssen wir beide die Angelegenheit jetzt klären.«
Culver lehnte sich zurück und entspannte sich. »Er hat Recht, Frau Gouverneurin«, kommentierte er ungefragt. »Es gibt keine Richtlinien. Nicht mal bei einem Atomkrieg wäre die Regierung derart vollständig ausgemerzt worden. Der Admiral hat ebenfalls Recht, wenn er darauf drängt. Wir müssen handeln, so viel steht fest. Sicherlich denkt Admiral Ritchie an seine Kameraden am Golf, das ist verständlich, aber es gibt noch Millionen von amerikanischen Staatsbürgern, die von diesem Ding nicht hinweggefegt wurden, und die müssen geschützt werden.«
»Aber können wir sie denn vor der Energiewelle schützen?«, fragte sie. »Wenn ich das richtig sehe, Admiral, wissen Sie überhaupt nicht, was es ist.«
Bevor Ritchie antworten konnte, schaltete Culver sich wieder ein.
»Das mag ja so sein, Ma’am, aber das meine ich nicht. Vielleicht wird das Ding uns alle noch vor morgen früh verschlingen. Das wäre natürlich Pech. Aber die Welt ist ein ungemütlicher und grausamer Ort, sogar ohne irgendwelche
Star-Trek-Monster, die von der Kinoleinwand in unsere Wirklichkeit hinabsteigen.«
Einer der jüngeren Beamten konnte sich nicht beherrschen und warf ein: »Gab es denn so eine Star-Trek-Episode …?«
Culver zuckte mit den Schultern. »Das war doch nur so dahingesagt.«
»Oh, okay.«
»Meine Herren«, meldete sich Lingle wieder zu Wort. »Ich werde diese Dokumente hier noch heute Abend lesen. Aber Sie haben auch gesehen, was draußen los ist. Ich bin direkt verantwortlich für die Menschen auf Hawaii. Dafür bin ich gewählt worden, ihnen muss ich dienen, und dafür ist dieses Büro da. Admiral, ich verstehe, dass Sie sich angesichts der Situation im Irak gezwungen sehen, dieses Problem zu lösen, aber könnten Sie nicht zunächst einmal ganz einfach die Befehlsstrukturen nutzen, die übrig geblieben sind? Sie wissen doch, was zu tun ist und wie es zu tun ist. Ich nehme an, der Angriff auf den Irak wird jetzt nicht mehr stattfinden?«
Alle im Raum starrten ihn an. Ritchie war seit Jahrzehnten beim Militär, und jede Faser seines Körpers sträubte sich dagegen, Angelegenheiten der Streitkräfte in diesem Rahmen zu diskutieren. Aber im Augenblick sah er keine andere Möglichkeit.
»Frau Gouverneurin«, sagte er, »unter den gegebenen Umständen lautet die Antwort eindeutig Nein. Wir werden keine weiteren Anstrengungen in dieser Hinsicht unternehmen. Ich sagte ja bereits, dass es zurzeit keine Exekutivgewalt gibt, die den Befehl zum Beginn eines Krieges geben kann.«
»Bush hat doch gewisse Papiere unterschrieben …«
»Schweigen Sie, Jim«, blaffte Lingle den Beamten an, der ungefragt gesprochen hatte. »Dies ist weder der Ort noch die Zeit für so etwas. Sprechen Sie weiter, Admiral.«
Ritchie ignorierte den Zwischenruf und fuhr fort: »Es könnte nur sein, dass die Entscheidung uns aus den Händen genommen wird, wenn nämlich die Iraker sich entscheiden, ihrerseits zum Angriff überzugehen.«
»Ist das denn
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