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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Männer machten sich darin zu schaffen, ohne das geringste Anzeichen, etwas verbergen zu wollen. In knapp dreihundert Metern Entfernung lag Caitlin ausgestreckt auf einem moosbewachsenen Grab unter einer alten Ulme und beobachtete sie in aller Ruhe. Sie hatte kein Fernrohr dabei, aber das spielte kaum eine Rolle. Dass diese Leute überhaupt da waren, genügte schon, um sie zu alarmieren.
    Die Wohnung war von Echelon als sichere Rückzugsmöglichkeit eingerichtet worden. Sie war nur ihr und ihrem Verbindungsmann Wales Larrison bekannt. Er sollte eigentlich dort auf sie warten. Vielleicht hatte er das ja auch getan. Möglicherweise saß er jetzt da drin, an einen Stuhl gefesselt, und stellte sich auf die Schläge ein, die ihn
erwarteten. Caitlin hatte keine andere Möglichkeit, das herauszufinden, als diese Szene noch sehr lange zu beobachten, länger, als angemessen war. Sie schloss die Augen und atmete tief durch, als sie spürte, wie ein neuer Übelkeitsanfall sie überkam. Sie konnte Monique nicht noch länger in ihrem Unterschlupf auf dem Friedhof allein lassen. Außerdem konnte sie die notwendige Erkundung der Wohnung in ihrem jetzigen Zustand nicht ohne Rückendeckung durchführen, nicht ohne Ausrüstung und nicht ohne eine Ahnung zu haben, welcher Situation sie dort begegnen würde.
    »Tut mir leid, Wales«, sagte sie und kroch langsam zurück ins schützende Dunkel des Friedhofs.
    Sie wusste nicht, ob ihr schlechter körperlicher Zustand ihr Urteilsvermögen beeinträchtigte, aber sie war beunruhigt und verstört darüber, dass sie sich einsam und verlassen fühlte. Die Schützen im Krankenhaus waren staatlich bezahlte Killer gewesen, das war sicher. Und die Leute in der Wohnung sahen auch ziemlich professionell aus. Was sie von hier aus sehen konnte, deutete darauf hin, dass sie ihr Apartment planvoll, Schritt für Schritt zerlegten. Wenn sie darüber nachdachte, gab es eigentlich nur die eine Möglichkeit, nämlich, dass es sich um Angehörige des französischen Geheimdiensts handelte, möglicherweise von jener Abteilung, die eigens ins Leben gerufen worden war, um die Republik gegen die Intrigen und Angriffe von Echelon zu verteidigen.
    Was sie eigentlich bezweckten und welchem größeren Ziel sie dienten, war Caitlin nicht bekannt. Ganz offensichtlich hatte es was mit dem großen Ereignis des Tages zu tun, denn in der Vergangenheit waren direkte Angriffe eines verbündeten Geheimdiensts noch nie vorgekommen. Die Frage war nur, worum es hier überhaupt ging.
    Was sie wusste, war, dass ihre übergeordnete Dienststelle in Schwierigkeiten geraten war und dass sie zuallererst
einen sicheren Ort aufsuchen musste. Zu einem amerikanischen oder britischen Militärposten auf dem Kontinent beispielsweise oder über den Kanal ins verbündete Ausland oder, als letzten Ausweg, in eine diplomatische Vertretung eines der Länder, die an Echelon beteiligt waren, eine der alten englischsprachigen Demokratien also.
    Kaum hatte sie den letzten Gedanken gefasst, verwarf sie ihn auch schon wieder. Wenn die Franzosen die Echelon-Zellen eliminieren wollten, dann würden sie auch die entsprechenden Botschaften und Konsulate überwachen.
    Nein. Sie war jetzt ganz auf sich allein gestellt.

EINE WOCHE
    21. März 2003

16

Seattle, Washington
    »Ich möchte nicht, dass du wieder da rausgehst, Kip, du siehst krank aus.«
    Barbara sieht noch viel schlechter aus, dachte er, aber ich riskiere lieber nicht, sie darauf aufmerksam zu machen. Sie schaute ihn mit eingefallenen Augen an. In der vergangenen Woche hatte sie kaum mehr als ein oder zwei Stunden Schlaf pro Nacht bekommen. Der alte Bademantel, den sie nervös vor ihrer Brust zusammenhielt, war schmutzig, ihr dunkles Haar strähnig und fettig. Seit drei Tagen war der Verbrauch von Leitungswasser verboten, weil es verunreinigt war. Sie benutzten das, was sie in Töpfen, Flaschen und einer alten ausgemusterten Wanne in ihrem halbrenovierten Badezimmer gesammelt hatten. Kipper musste heute zur Arbeit gehen, um sich genau um dieses Problem zu kümmern.
    »Barbara, ich bin nicht krank. Mir geht’s gut. Wir werden jeden Tag untersucht. Von Militärärzten. Das sind Leute, die auf chemische Kampfstoffe und solche Sachen spezialisiert sind. Alle sind gesund. Wir haben diese Bio-Anzüge, aber wir brauchen sie nicht mehr.«
    Leider war sie nicht so leicht zu überzeugen.
    »Kip, du musst dich um deine Familie kümmern …«
    »Das tue ich doch«, entgegnete er leicht irritiert. »Ich bin der

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