Der Effekt - Roman
Mann, der bewirken kann, dass bei uns wieder Wasser aus der Leitung kommt. Ich bin der Mann, der sich darum kümmert, dass Strom in der Steckdose ist. Ich. Niemand sonst. Das ist mein Job, Barbara. Deshalb muss ich los.«
Er fragte sich, warum es ihr heute Morgen so schlecht ging. Die kontaminierten Stürme waren schwächer geworden, die Giftschwaden, durch die er letzten Dienstag fahren musste, um in die Stadt zu kommen, waren tatsächlich beängstigend gewesen. Die Army hatte ein spezielles, hermetisch verschlossenes Fahrzeug geschickt, eines, mit dem sie ursprünglich mal Saddam oder die Russen bekämpfen wollten. Die begleitenden Soldaten hatten ABC-Schutzkleidung getragen.
»Das ist Wahnsinn, James.«
Oha, er wusste, dass es ernst wurde, wenn sie ihn so nannte.
»Wir sollten darüber nachdenken, wie wir wegkommen«, fuhr Barbara fort. »Es ist falsch, hierzubleiben. Debbie und Steve sind gestern nach Neuseeland geflogen. Sie werden nicht mehr zurückkommen. Sie wissen schon, warum. Aber du musst unbedingt den Märtyrer spielen, und deshalb werden wir umkommen. So ist es doch.«
Er bemühte sich, seine aufsteigende Wut unter Kontrolle zu halten. Er machte sich klar, dass Barbara, genau wie die meisten Menschen in der Stadt, sonst nichts zu tun hatte, außer zu Hause zu sitzen und aus dem Fenster in den kontaminierten Regen zu starren. Es war kein Wunder, dass sie irgendwann durchdrehte.
Und außerdem, das fiel ihm jetzt auch noch ein, bekam sie gerade ihre Tage.
»Okay«, sagte er so ruhig wie möglich, wobei er gleichzeitig zu vermeiden versuchte, irgendwie väterlich zu wirken. »Debbie kommt ja auch aus Neuseeland, deshalb konnten sie dorthin. Sie sind mit einem Regierungsflugzeug geflogen. Andere Flüge gibt es nicht, weil die Fluglinien unsere Stadt nicht mehr anfliegen. Wir können nicht einfach weg.«
»Aber wir müssen, Kip. Wir haben nichts mehr zu essen. Wir werden bald verhungern.«
»Werden wir nicht«, widersprach er. »Ich habe jede Menge Notfallrationen im Keller, das weißt du doch. Wegen der du mich ausgeschimpft hast, als ich sie so billig gekauft habe. Die reichen mindestens noch zwei Monate.«
Sie schüttelte heftig den Kopf.
»Darüber rede ich nicht, und das weißt du auch. Die Stadt hungert aus. Über kurz oder lang müssen die Menschen evakuiert werden. Das weißt du auch, James. Darüber habt ihr bestimmt auch schon im Stadtrat gesprochen.«
Er versuchte etwas zu entgegnen, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Und wenn es so weit ist, werden wir gehen, mein Lieber. Wir alle. Nach Neuseeland oder Tasmanien oder nach Bora-Bora. Was weiß ich. Aber wir bleiben bestimmt nicht hier.«
Suzie, die in die Küche kam, um sich zu beklagen, dass »Der Bär im großen blauen Haus« nicht eingeschaltet war, rettete ihn vor einer weiteren Eskalation ihres Streits. Alle ihre Sendungen liefen nicht mehr, alle Kinderserien waren aus dem Fernsehen verschwunden. Von Tag zu Tag wurde Suzie wütender deswegen. Der einzige Sender, der noch im Fernsehen und im Radio zu empfangen war, war der Kanal mit dem offiziellen Notstandsprogramm. Dort wurden Warnungen vor gefährlichem Säureregen durchgegeben oder die Rationen bei Nahrungsmitteln und Benzin bekanntgemacht. Notrufnummern wurden regelmäßig gezeigt, unter denen Hausbesitzern Tipps gegeben wurden, wie sie ihre Nachbarschaft sichern und Bürger-Schutz - komitees gründen konnten. Auch Beschwerden oder Hinweise wegen der Aktivitäten von »Saboteuren und Subversiven« der sogenannten »Résistance«, konnten dort vorgebracht werden. Nichts davon konnte ein gelangweiltes kleines Mädchen beeindrucken.
»Ich will meine Sendungen wiederhaben, Daddy«, sagte sie. »Kannst du den Leuten von der Army nicht sagen, sie sollen sie zurückgeben?«
»Schau dir die Sachen auf Video an, Liebling. Ich hab dir doch ein paar Filme mitgebracht.«
»Die habe ich schon tausendmal gesehen«, jammerte sie weiter. »Das ist nicht fair.«
Er schaute sich Hilfe suchend zu Barbara um, aber die schien keine Lust zu haben, ihm beizustehen. Sie verschränkte die Arme und schaute ihn herausfordernd an. Da er wusste, dass sie diesen Konflikt schon seit Tagen ausfechten musste, konnte er sie sogar verstehen.
»Hör zu, Prinzessin«, sagte er und kniete sich hin, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. »Ich muss jetzt zur Arbeit, aber ich verspreche dir, dass ich ein paar neue Videos mitbringen werde, ein paar, die du noch nicht kennst, okay?«
»Kannst du mir
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