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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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Vorstellungen nicht.« Sie lachte spöttisch, aber gleichzeitig mit einem Anflug von Stolz.
    »Wo ist Gordon?« sagte er, so als handle es sich bei ihm um einen Bekannten.
    »Ich finde es schrecklich, Ihnen das zu sagen.« Halb vertrauensvoll, halb vergnügt über die Möglichkeit, ihn zu schockieren. »Im Kongo, mit diesem alten Gangster Loulou Kamboya« – sie sah, wie er versuchte, den Namen einzuordnen – »nein, kein Politiker, bloß ein gewöhnlicher Halunke. Oder besser: ein außergewöhnlicher. Gordon hat ihn in einer Bar in Zambia kennengelernt. Loulou taucht überall in seinem schwarzen Mercedes auf. Gordon ist mit ihm ins Souvenirgeschäft eingestiegen. Loulou hat eine ›Fabrik‹, die diese Armbänder aus Elefantenhaar produziert. Er vertreibt alle Arten von gräßlichen Dingen – Maskenimitationen und Holzschnitzereien. Er wollte nach Südafrika gehen, um da Kontakte mit der Raritäten-Mafia zu knüpfen, aber sie wollten ihn natürlich nicht hineinlassen. Also fuhr Gordon an seiner Stelle. Ein Vermögen sollte das bringen, und sie wollten ein Netzwerk für ganz Afrika aufbauen, vom Osten bis zum Westen und vom Norden bis zum Süden – verstehen Sie. Ich weiß nicht, was passiert ist – scheint irgendwie eingeschlafen zu sein. In dem letzten Brief da schreibt Gordon, daß er einen Job bei dieser Cabora-Bassa-Sache annehmen will – beim Dammbau. Er hat in Kariba gearbeitet, versteht sich: das war damals, als ich nach Salisbury ging. Wenn’s gar nicht anders geht, dann ist er Ingenieur. Falls Sie ein Elefantenhaararmband brauchen sollten, ich hab massenhaft davon.«
    Er wollte sich an den Tlumes ein Beispiel nehmen und niemals Fragen stellen – das heißt, Fragen, mit denen er in sie drang. Aber sie hatte als erste von diesem Mann – ihrem Mann – angefangen; er schien kaum mehr zu sein als eine Anekdote. Bray sagte: »Nun, wenigstens ist er kein Söldner. Als Sie vom Kongo sprachen …«
    »Oh, ich bin sicher, Loulou hat sein Teil am Waffenschmuggel beigetragen, aber die Sache wäre doch wohl wirklich zu profitabel, als daß man da jemanden anderen mit einbezogen hätte. Dabei hätte Gordon Edwards nichts zu suchen.« Es war eine Art Parodie auf das Jammern einer Hausfrau aus der Vorstadt, die sich darüber beschwert, daß ihr Mann bei der Beförderung immer übergangen wurde. Die trockene Art, die er bislang noch nicht an ihr entdeckt hatte, amüsierte ihn. Sie erzählte ihm jetzt Anekdoten aus dem Leben in der Hauptstadt, deren Gegenstand Dando, Beamte aus den diversen Ministerien und von der Universität waren, und sie lachten beide aus vollem Herzen. Es waren die Geschichten einer intelligenten Sekretärin, Beobachtungen, die sie aus dem Hintergrund heraus gemacht hatte; falls es irgendwelche Geschichten einer intelligenten Geliebten gegeben hatte, dann hatte sie sie weggelassen. Er begleitete sie durch die Büsche zurück nach Hause und gab ihr ein Gutenachtküßchen auf die Wange, wie es zwischen den Männern und Frauen jener Gruppe, zu der sie in der Hauptstadt gehört hatten, üblich war. Sie war ein mutiges und ehrliches Mädchen, und er empfand eine kleine Befriedigung darüber, daß er für klare Verhältnisse zwischen sich und ihr gesorgt hatte. Er hatte eine Abneigung gegen unklare Dinge. Selbst unbedeutende Fehleinschätzungen richtigzustellen war schon etwas. Er tat es so, wie er seinen Tisch in Ordnung brachte, sobald das, was tatsächlich erledigt werden mußte, nicht mehr in Angriff genommen werden konnte. Als er sie wochentags einmal traf, während sie gerade Eiscreme für die Kinder einkaufte, bot er ihr an, sie am nächsten Wochenende wieder alle zusammen zum See mitzunehmen – er wollte mit den Leuten von der Fischgefrieranlage reden.
    Aber Freitag abend rief sie an – Sampson Malemba war bei ihm im Zimmer, sie arbeiteten – und erklärte ihm, die Kinder seien auf eine Party eingeladen worden und wären »ganz verrückt« darauf, und leider … Das machte überhaupt nichts, vielleicht ein andermal (ständig, selbst wenn er von alltäglichen Vorhaben sprach, hatte er das Gefühl, er könnte plötzlich – noch vor ihrer Ausführung – nicht mehr dasein). Dann dachte er, er habe vielleicht ein bißchen zu erleichtert geklungen, weil er sich wegen des Ausflugs nicht mehr den Kopf zu zerbrechen brauchte, und fügte hinzu: »Sie können natürlich gerne mitfahren, wenn Sie möchten – sofern Sie nichts Besseres zu tun haben?« Sie sagte, sie würde es ihn Samstag morgen

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