Der Ehrengast
Richter kam herein und setzte sich vor der Karaffe nieder. Er war ein ehemaliger Lehrer und Bürogehilfe einer Rechtsanwaltskanzlei in einer anderen Provinz, und dann und wann bediente er sich eines Dolmetschers, der ihm ins Englische übersetzte, wenn er nicht sicher war, ob er die Nuance eines bestimmten Idioms aus dem Gala voll erfaßt hatte. Braywar ihm in Alekes Haus begegnet; ein fröhlicher, intelligenter Mann, der auf der Richterbank grämlich wirkte.
Aus der Hauptstadt war ein indischer Rechtsanwalt heruntergekommen, um die Verteidigung zu übernehmen. Die Männer auf der Anklagebank legten ihre stoische Solidarität einen Moment ab, um ihn sich genau anzugucken, wahrscheinlich hatten sie ihn noch nie zuvor gesehen. Die Anklage wurde verlesen. Während er ihr lauschte, strich er sich das glänzend schwarze Haar an den Schläfen zurück, so als wäre es noch von der Reise her in Unordnung. Mit seinem flüssigen, weichen Englisch mit Gujerati-Akzent forderte er auf der Stelle eine getrennte Durchführung der Verfahren; diejenigen der neun Männer, die der Ruhestörung und mutwilligen Beschädigung von Privateigentum angeklagt waren, sollten unabhängig von den zweien, die der Tätlichkeit und Verstoßes gegen das Landfriedensbruchgesetz bezichtigt wurden, behandelt werden. Dem Antrag wurde stattgegeben; die Verhandlungen wurden auf zwei verschiedene Tage ein oder zwei Wochen danach vertagt. Der Rechtsanwalt erhob Einspruch, weil ihm zu wenig Zeit für die Vorbereitung der Verteidigung bliebe; die Verhandlungen wurden auf noch spätere Zeitpunkte vertagt. Es wurde neuerlich eine Kautionssumme für die neun festgelegt – nicht aber für die beiden anderen. Die Jungpioniere ließen die Bänke knarren und erzeugten kehlige tlok! – Geräusche, die wie die Warnrufe bestimmter Vögel klangen. Noch mehr Gesichter hüpften vor dem Fenster auf und ab. Einer der beiden, die nicht gegen Kaution freigelassen wurden, war ein schlanker junger Mann, an dessen Hals sich die Muskeln wie bei einem männlichen Ballettänzer anspannten; immer wieder verdrehte er seinen Kopf, um sich einen gebieterischen Anstrich zu verleihen, und wie Michelangelos
David
blickte er unter gerunzelten Augenbrauen in die Runde. Jedesmal, wenn er das tat, ging eine Bewegung durch die beiden ersten Reihen – die Streitmacht dort schien unruhig zwischen seinem Blick und der Unbeweglichkeit von Selufus Polizisten abzuwägen.
Der Rechtsanwalt erhob Einspruch gegen die Ablehnung einerKaution; der Vertreter der Anklage war unerbittlich. Der Richter schien keinem der beiden zuzuhören; er wiederholte, daß es keine Freilassung gegen Kaution geben werde. Das war alles. Als die Gefangenen hinausgingen, wobei sie ihre zahlenmäßige Stärke nutzten und ihren Abgang verlangsamten, stimmten sie ein PIP -Lied an, und die zwei, die in die Zellen abwanderten, riefen Wahlsprüche, die alten Wahlsprüche aus den Tagen vor der Unabhängigkeit. Bray überließ sich dem Schieben und Stoßen der Menge im Gerichtssaal. Frauen in Sonntagskleidern öffneten bedächtig ihre Münder und brachen in ihr Klagegeheul aus. Der Richter schlug mit seinem Hammer auf den Tisch und resignierte, als man ihn nicht beachtete; sein Mund formte etwas, wahrscheinlich hieß es Vertagung, dann ging er hinaus. Ein weiterer Fall stand bevor, und während sich die Polizei zwischen den Bankreihen vorwärtsschob und hilflos auf und ab hüpfend zum Spiel der Wellen wurde, wurden die Beweisstücke – darunter ein Fahrrad, dem ein Rad fehlte – hereingebracht. Es war schwer zu sagen, ob die Bewegung durch die Tür hinaus von den Leuten verursacht wurde, die hereindrängten, oder von dem sich leerenden Gerichtssaal. Es war keine wütende, sondern eine seltsam selbstsichere Menge, die sich in ihren Gesprächen und Drängeleien unter Kontrolle hatte. Die heulenden Frauen standen noch immer dort, wo sie sich aus den Bänken erhoben hatten, und schwankten hin und her. Es war, als hätten sie ihn gezwungen, mit ihnen zu tanzen; er überragte körperlich alle, und während er hin- und hergeschoben wurde, konnte er alles beobachten. Die Leute von der PIP , die in das Lied der Gefangenen einstimmten und ihre Köpfe wie Hühner bewegten, während sie sich zwischen den Menschen durchdrängten, das verwirrte Gesicht eines alten Bettlers, die jungen Männer, die sich lebhaft von der einen Seite zur anderen drehten. Er hatte Lust zu grinsen: ein bebrilltes, weißes Totem, das lächerlich im Kielwasser der
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