Der Ehrengast
sehen möchte.«
»Ja, ich war mit ein paar Freunden da – die Tochter arbeitet mit ihm zusammen.«
»Oh, Asahes weiße Freundin kennt doch jeder. Ist sie hübsch?« Nwanga sprach mit freundlichem Mißtrauen.
»Ziemlich hübsch.«
»Er hätte die Mädchen sehen sollen, die ich in London hatte, was, Bray? Und meine Amerikanerin – weißt du noch, wie sie mir diesen Pyjama brachte, als ich in Lembe im Knast saß – Seide, Mann, Nwanga, und einen roten Gürtel hatte er mit einem – wie heißt das noch – einem Troddel.«
»Ich bin zu spät ins politische Geschäft eingestiegen, das ist das Ärgerliche.«
»Ist Mweta glücklich?« sagte Shinza.
»Zuversichtlich, ja, das würd ich sagen, und das ist gewöhnlich ein Zeichen dafür, daß einer keine Zweifel hat. Oder daß er sie erstickt hat. Er sucht keinerlei Rückversicherung mehr dafür, ob er recht hat oder nicht.«
Shinza hielt eine brennende Zigarette in der Hand, steckte sie aber nicht in den Mund, während er zuhörte; dann sagte er: »Verstehe«, und nahm einen Zug.
Bray bemerkte, daß sich dieses »Er sucht keinerlei Rückversicherung mehr« so anhörte, als glaube er, daß Mweta ihn freigegeben habe. Mweta hat sich von meiner Zustimmung unabhängig gemacht. Er hat sich gelöst; ich bin frei. So viele verschiedene Bande – so viele verschiedene Arten von Freiheit. Und jede relativ in Hinblick auf ein anderes Band: die Freiheit, sich in eine Bindung zu begeben. Frei, mit ihr zu schlafen und zu einem kleinen Devisenschwindler zu werden. Frei von Mweta – für Shinza.
Beinahe ungeduldig sagte er: »Nun, was läuft?«
»Oh, es gibt genug, was zu besprechen wäre … Ich möchte mit dir in aller Ruhe reden, verstehst du? Ich wollte eine Gelegenheit, mit dir zu sprechen …« Nwanga wurde sofort betont aufmerksam, als Shinza zu reden anfing; sie mußten alles schonvorher abgesprochen haben. »Es hat keinen Sinn, diese ganze Kongreßgeschichte noch einmal durchzukauen – schade um jeden Atemzug, nicht … Ich denke jetzt in eine andere Richtung.«
»Ja?«
Shinza blickte ihn beinahe übertrieben ängstlich an, vielleicht – typisch für Shinza – mit einer Andeutung von Parodie der Suche nach Rückversicherung, die Mweta nicht mehr brauchte. Sein Halblächeln gestand es ein. »In den Gewerkschaften wird die Hölle los sein. Und selbst wenn ich morgen tot sein sollte, ich sag dir, es würde keine Rolle spielen, trotzdem wär die Hölle los – ich mein, bei einem Teil von dem, was jetzt auf ihn zukommt, hätte ich die Hand sowieso nicht im Spiel, weil es absolut gegen unsere Politik läuft … Die Kumpel zum Beispiel. Sie kriegen jetzt schon mehr als jeder andere im Land. Aber bitte schön, da haben wir’s wieder. Paß auf, bevor dieser Monat zu Ende ist, werden sie offen damit rauskommen, und das wird den bisher größten Ärger geben, und dann werden wir sehen, was er macht. Das ist die Gruppe, vor der alle Angst haben. Und diesmal wird er sie nicht so leicht niederhalten können. Die Autorität der Gewerkschaften ist futsch, die Regierung nimmt ihre Führung selbst in die Hand, und dann stellt sich auf einmal heraus, daß selbst die Strohmänner der Regierung dafür, daß sie
die
Arbeiterschaft stillhalten, die sich keiner hart anzufassen getraut, ihren Preis verlangen. Was wird er tun? Gibt er den Kumpeln mehr, dann werden alle kommen und neue Forderungen stellen. Und wenn er den harten Jungen spielt, wird’s wie ein Buschfeuer, diejenigen, die den Regierungs-Jasagern brav gefolgt sind, werden sich mit denen solidarisch erklären, die den Gehorsam verweigert haben und niedergeknüppelt wurden.«
»Und die Schuld am Ganzen wird man den Rebellen in die Schuhe schieben müssen.«
»Na, klar. – Den sogenannten Rebellen«, korrigierte Shinza automatisch mit der Wachsamkeit des Politikers, der sich bei keinem semantischen Ausrutscher ertappen lassen will, der so ausgelegt werden könnte, als ob er die Legitimation seiner Positionin Frage stellte. »Agitatoren! Shinza und Goma und Nwanga waren da.«
»Eine gute Entschuldigung dafür, uns alle ins Gefängnis zu werfen.« Nwanga war nie eingesperrt gewesen; sachlich und laut ausgesprochen, verliert der Gegenstand der Furcht etwas von seiner Macht.
Shinza war im Gefängnis gewesen, oft; für ihn war es irrelevant, über Eventualitäten nachzudenken, die einen außer Gefecht setzten. »Die Basis für alles, was passiert, ist die Korruption innerhalb der Gewerkschaften,
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