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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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der Sonne saß. »Mahlope wird für den Garten und die Pflege des Wagens zuständig sein. Ich bin Ihr Koch. Und waschen muß er auch. Wir hatten immer einen Jungen für die Arbeiten außer Haus.«
    »Ja, aber vergiß nicht, daß ich nicht mehr der D. C. bin. Und ich bin jetzt auf mich allein gestellt. Das ist jetzt kein großer Haushalt mehr, für eine ganze Familie. Für mich allein brauch ich nicht mehr als eine Person.«
    Kalimo spülte die Teekanne mit heißem Wasser aus, gab die entsprechende Menge Tee hinein, schüttete das Wasser darüber und brachte den Deckel wieder an Ort und Stelle, wobei er ihn sorgsam so drehte, daß der Schnabel für die Sicherung am richtigen Ort war.
    »Eine Person zum Kochen und zum Waschen und für alles andere – nur für mich.«
    »Möchte der
mukwayi
Kuchen zum Tee oder Zwieback?«
    Selbstverständlich hatte Kalimo Kuchen gebacken und den Haushalt vor seiner Rückkehr auf Vordermann gebracht. Er ließ Bray die Unverschämtheit spüren, daß er einen Mann sein eigenes Handwerk zu lehren wagte, indem er diese Sache überhaupt ansprach.
    Kalimo brachte das Tablett ins Wohnzimmer. Während er es niederstellte, sagte er: »Ich hab mich immer um Sie gekümmert, Kochen, Waschen, Gartenarbeit – mir ist alles recht.«
    Bray sagte: »Du bist nicht müde?«
    Er hatte sich an seinen Tisch gesetzt. Kalimo blickte auf ihn hinunter und lächelte. »Und Sie?
Sie
sind nicht müde.«
    »Also gut. Ich werde es Mahlope erklären. Wir behalten ihn, bis wir für ihn eine andere Arbeit gefunden haben. Du kannst ihn verwenden – im Garten, wo immer du meinst.«
    Nach dem Abendessen schrieb er an Olivia.
Nun, jetzt wirst Du wohl kaum mehr daran zweifeln, ob sich wer um mich kümmert; Kalimo ist aufgetaucht. Er hat durch Hörensagen davon erfahren – ist einen Monat lang unterwegs gewesen, per Bus und zu Fuß. Hat mich in Verlegenheit gebracht, bin vermutlich aber ein Glückspilz. Die schlechten, guten alten Zeiten sind wieder da.
    Shinza. Edward Shinza. Sogar Kalimos Rückkehr war eine Erinnerung an ihn. Er sollte ihn aufsuchen; er mochte sich natürlich leicht einreden, daß er oft daran dachte, tat es in Wahrheit aber nicht. Die Arbeit, die er, ohne abgelenkt oder unterbrochen zu werden, ungestört erledigen konnte, nahm seine Gedanken ganz und gar in Anspruch. In der Stadt wäre sie auf ein paar Stunden zusammengedrängt gewesen, weil sie mit anderen Verpflichtungen und der Gegenwart von Freunden kollidiert wäre. Jetzt aber, obwohl ihm oft zu Bewußtsein kam, daß er alleine war – allein am Abend, und nur in Gesellschaft des Nachtfalters, der brummend gegen die Lampe schlug, und der nackten Möbel, die etwas von der wachen Hellhörigkeit der Wartezimmermöbel einer Junggesellenwohnung annahmen; allein im Garten, wo er an seinem Tisch unter dem Feigenbaum Briefe und Akten las –, jetzt wurden die Interviews, der Papierkram, zu einer so zeitaufwendigen Beschäftigung, daß die Tage und die langen Abende darin aufgingen. Dando hatte geschrieben und sich unter anderem erkundigt, ob er Shinza getroffen habe – Dandos Schrift war so schwer zu entziffern, und die Bögen dünnen Papiers waren so eng beschrieben, daß man Briefe wie die seinen beiseite legte,um sie ein andermal mit größerer Aufmerksamkeit noch einmal durchzulesen. Roly wäre jetzt schon längst mit einer Flasche aufgebrochen, um sich mit Shinza zu betrinken. Unzufriedenheit, Paradoxien und Ironie ließen ihn aufblühen. Er hätte sich mit jemandem selbst noch bei dessen Begräbnis verbrüdert, wenn das eine Gelegenheit zu Freundschaft und Solidarität gewesen wäre. Wann immer Bray sich eine Zusammenkunft mit Shinza ausmalte, hatte er plötzlich das Gefühl, es würde nichts zu sagen geben: Er war von Mweta zurückgeholt worden, und jetzt stand er in Mwetas Diensten. Besser, er konzentrierte sich auf so praktische Probleme wie zum Beispiel die Frage, wie man die alte Holzschnitzer- und Schuhmacherwerkstatt in der Stadt wieder in Schwung bringen und so vergrößern konnte, daß sie sich als eine Art bescheidener Berufsschule eignete. Das Erziehungsministerium hatte diese lächerlichen Handwerksbetriebe aus der prinzipiellen Überlegung heraus abgeschafft, daß nun jedermann eine angemessene Ausbildung erhalten würde; die Ausbildung des Schwarzen hatte nicht mehr bloß dazu auszureichen, daß er für den Weißen die Schmutzarbeit erledigen konnte. »Aber wie steht’s mit den Mechanikern und Installateuren, wenn ihr den

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