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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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Wasserkraft, das beide Länder versorgen sollte, habe man sich im Prinzip geeinigt … der Leitartikel meldete Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projekts an, die in Gegensatz zu seinem Wert als Beispiel panafrikanischer Zusammenarbeit stünde.
Keine Frage, daß dieses Land seine Zukunft immer als einenTeil der Zukunft des ganzen afrikanischen Kontinents versteht … kein Zweifel, daß Präsident Mweta an dem Tag, an dem er die Bürde des Amtes auf sich nahm, gleichzeitig mit den Verantwortlichkeiten zu Hause auch das Idealbild eines Afrika vor Augen gehabt hat, das einer Welt, die bisher bei der Lösung des Problems nationaler Widersprüche völlig versagt hat, eine Einheit auf dem Gebiet internationaler Zusammenarbeit vor Augen führen soll. Aber wir dürfen mit unseren eigenen Ressourcen nicht verschwenderisch umgehen, nur um die Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten zu pflegen. Mit dem See, der unsere nördliche Grenze bildet, besitzen wir ein Potential an elektrischer Energie, das jedwedes ähnliche Projekt im Süden überflüssig macht, ein Projekt zudem, das die für uns lebenswichtige industrielle Entwicklung letztlich jeglicher Instabilität, zu der es bei unserem Nachbarn kommen könnte, auf Gedeih und Verderb ausliefern würde …
    Hjalmars Tochter ging, flüsternd in ein Gespräch mit Ras Asahe vertieft, vor ihm über den Rasen. Sie ignorierten die Gestalt hinter der Zeitung; da das Mädchen in einem Hotel lebte, trug es ihre Privatsphäre ständig vor den Augen anonymer Fremder mit sich herum. Ein Pfeifton kletterte die Notenskala hinauf und wieder herunter; sie mußte einen Radiorecorder bei sich haben. Das Paar ließ sich irgendwo ganz in der Nähe im Gras nieder, und er hörte Emmanuelles klare, resolute Stimme: »Jemand hat mir erzählt, es sei nicht mehr als ein Niesen«, und die tiefe, spöttische Stimme des Mannes: »Herrgott, so bereitet ihr Weißen die Mädchen vor. Wenn du eine Schwarze wärest, dann wüßtest du, wie man liebt, dann hätte man es dir beigebracht.«
    »Oh, du bist so verdammt hochnäsig, du bildest dir ein, niemand sonst auf der Welt verstünde sich aufs Leben.«
    Stille trat ein. Dann begann ein Musikstück von Bach auf dem Tonbandgerät und ging mit seinem durchdringenden Getriller immer weiter und weiter, immer höher und höher, wobei die hohen Töne mit einem schadenfrohen, schrillen Schrei gehalten wurden.
    Am runden Tisch der Wohnung der Wentz’ hingen die Faltenvon Margot Wentz’ schweren weißen Armen majestätisch über den Gerichten, während sie servierte. Sie hatte ihr Gesicht gepudert, aber der Geruch des Bratensafts aus dem Hotel haftete an ihr. Ab und zu sah sie – halb liebevoll, halb angewidert – ihren Sohn Stephen an wie einen Schoßhund, der den Inhalt des Freßnapfes vor ihm hinunterschlang. Er besaß das hübsche Gesicht und die blonden Haare seines Vaters, aber es war zur überproportionalen Größe des Gesichtes von jungen Weißen aufgeblasen, die in Afrika geboren waren und deren Entwicklung durch Sport und Sonne – wie bei Batteriehühnern – beschleunigt worden war. Hjalmar Wentz zog ständig seine Augenbrauen zusammen und blinzelte, um die Benommenheit seiner Sorgen abzuschütteln. Fast widerwillig begann er zu lachen: »Der Bursche, der zum Plan für die Zimmer des Personals seine Zustimmung gab, hat ihn abgestempelt, ohne einen Blick darauf zu werfen. Er geht sowieso nach England zurück, es scherte ihn einen Dreck. Das Ganze widerspricht den städtischen Verordnungen, es sind nicht genug Luftziegel da – können Sie sich das vorstellen, der Hauptanschluß für das Wasser ist so angebracht, daß wir für das Wasser, das dort unten verbraucht wurde, nichts gezahlt haben?«
    »Ich hab dir ja gesagt, daß ich Abwässer und Geld riechen kann.« All die Sehnen und Muskeln an Emmanuelles Hand traten mit anatomischer Präzision hervor, als sie eine Schnitte Brot mit Butter bestrich.
    »Was wirst du tun?« sagte Margot Wentz.
    Er appellierte an Bray: »Was sie mir vorschreiben, oder? Die Baufirma holen und es mit dem Inspektor besprechen.«
    »Möchten Sie noch etwas Salat, Colonel Bray? Nein? – Welche Baufirma?« Margot Wentz legte ihre Gabel nieder und wartete geduldig auf die Antwort – wie jemand, der bereits sämtliche Antworten kennt, die er zu erwarten hat.
    Ihr Mann warf ihr einen schnellen Blick zu. »Nun, Atkinson – wen denn sonst?«
    »Ich glaube nicht, daß Atkinson noch einmal für uns arbeiten wird, Hjalmar.«
    Stephen streckte

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