Der Ehrengast
Emmanuelle ist so schwierig. Meine Frau – Margot – wir wissen nicht, wie Emmanuelle reagieren würde. Und abgesehen davon, wie würde das aussehen, ich meine, für diesen Mann? Bis jetzt haben wir das nie unterstützt, diese Freundschaft mit Emmanuelle.«
Nun, da er den Schlag selbst geführt hatte, war er irgendwie erleichtert: »Was glauben Sie, wie sich die Dinge entwickeln werden?«
»Das sollte ich Sie fragen, ich bin zu weit vom Schuß.«
Wentz öffnete seine Hände zum Raum hin, faltete sie unterseinem Kinn. »Was? Das hier? Die Schwarzen haben die Regierungsjobs gekriegt, die sie haben wollten, und die Weißen sind in der Wirtschaft, wie gehabt – sie sind glücklich, nichts hat sich geändert. Er war sehr schlau. Sie sollten sie hören; was für ein großartiger Bursche er ist, was für eine stabile Regierung … Oh, er war sehr schlau. Wenn Sie bedenken, was die früher alles über ihn gesagt haben, nicht wahr? Das ganze Gerede über Kapitalflucht ist vergessen, sie möchten bleiben, wo sie sind und schnell gutes Geld machen. Natürlich sind die Flitterwochen noch nicht vorüber. Ich sage bloß, was ich sehe. Die Schwarzen – wer sind sie hier denn schließlich und endlich schon? – Leute, die in die Ränge der Verwaltung aufgerückt sind, Beamte, die nicht mehr bei irgendwem angestellt sind, Bergleute, die jetzt die Jobs bekommen haben, in denen sie schon vorher hätten arbeiten können, die ihnen aber wegen des weißen Mannes vorenthalten wurden. Also sage ich, es läuft sehr gut. Er macht seine Sache sehr gut. Wie es für den Rest des Landes aussieht – ich komme nie weiter als bis zur Gemüsefarm hinaus, wo Margot das Zeug für das Hotel herkriegt, ich fahr zweimal die Woche mit dem Kombi hinaus, und das ist auch schon alles, was ich vom Land weiß!«
Er lachte über sich. »Und was ist da oben los?«
»Nun, in der Umgebung von Gala entsteht ein bißchen Industrie – aber der neue Vertrag über die Fischereikonzessionen läßt im ganzen Seegebiet alles beim alten, und die Bashi Flats brauchen so ungefähr alles, was man sich vorstellen kann, bevor man daran denken kann, dort die Wiederbesiedlungsprojekte anlaufen zu lassen – Straßen, Dämme – einfach alles.«
Hjalmar widersprach. »Die Lizenzen für die Fischrechte sind um ungefähr zwanzig Prozent gestiegen. Es geht nicht mehr das ganze Geld ins Ausland.«
»Aber die Löhne in der Fischindustrie sind nicht um einen Penny erhöht. Natürlich gibt’s da die Entwicklungs- und Planungskommission – vielleicht kommt mit ihrer Hilfe etwas für die Leute am See heraus. Und die Bashi – die haben das sogarnoch dringender nötig. Aber die Möglichkeiten für die Fischindustrie sind da, sie brauchen nur genützt zu werden …«
»Projekte, Kommissionen, Pläne – na, arme Teufel – es ist ihre Sache, nicht wahr«, sagte Hjalmar Wentz. »Das geht Sie und mich nichts an, es ist nicht unser Leben, sie müssen es untereinander ausmachen.« Er zog die Luft tief ein und hielt sie einen Augenblick lang an: Seine Augen folgten den Bewegungen von jemandem auf der anderen Seite des Raums, und dann lächelte er erwartungsvoll, als seine Tochter herankam. »Emmanuelle, du erinnerst dich doch sicher an Colonel Bray? Diesmal wohnt er bei uns …« Mit der unaufmerksamen Korrektheit von jemandem, der einen Auftrag zu erledigen hat, sagte sie: »Irgendein Mensch namens Thomson-Waite möchte dich sprechen. Er hat einen schwarzen Diplomatenkoffer mit seinen Initialen drauf. Die Haare in seiner Nase sind nikotingefärbt.« »Du lieber Himmel, Emmanuelle.« Ihr Vater lachte und spielte sich mit ihr vor Bray auf. Das Mädchen, das ganz ernst und unbeteiligt geblieben war, kaute auf einem eingerissenen Nagel an ihrem Daumen herum. »Du mußt sagen, ob du ihn sehen willst oder nicht. Ich würde sagen, er kommt von einer Bank oder vom Gesundheitsamt; er ist hinter irgendwas her.« »O Gott, ich mach mich besser auf die Beine. Hast du ihn ins Büro geführt?« Hjalmar ging ihr voraus, den Kopf ängstlich vorgestreckt. Bray sah, wie er sich umdrehte, um sie etwas zu fragen, aber sie war schon zwischen den Tischen verschwunden.
Bray duschte sich und saß in einem kaputten Liegestuhl im Garten, um auf den Lunch zu warten. Er las in den Morgenzeitungen, daß Mweta von seinem Staatsbesuch zurück war. Die Einheit sei neuerlich bekräftigt, nützliche Vorschläge seien gemacht worden, über das Fünfzig-Millionen-Projekt zur Gewinnung von Elektrizität aus
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