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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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Höflinge stürzten sich wie die Heuschrecken über die Köstlichkeiten, die ihnen dieses winterliche Märchenreich darbot.
    Auch Anne hatte viel zu tun, so dass ihr weder Zeit zum Essen noch zum Nachdenken blieb. Jehanne hatte dafür gesorgt, dass sie nicht den Tisch mit Elizabeth und Edward bedienen musste, sondern an einer der niedereren Tafeln aufwartete, wo sich die Verwandtschaft der Königin drängte. Anne war ihr sehr dankbar dafür, denn obwohl sie vermied, Edward anzusehen, spürte sie unablässig seinen Blick im Rücken. Er setzte auf Zeit und würde seine Rolle geduldig spielen. Doch sie wollte und durfte ihm nicht nachgeben. Er war gerissen, das spürte sie mit jedem seiner Blicke.
    Sie musste über ihre eigene Naivität lachen. Hatte sie tatsächlich Angst um ihn gehabt? Die entsetzlichen Träume, ihre Schreckensvisionen am Morgen - all das war doch nur Ausdruck ihres überhitzten Verlangens und würde durch harte Arbeit, fleißiges Beten und Buße gewiss vertrieben werden! Irgendwann hob sie mitten in der Arbeit den Kopf und bemerkte, dass er sie beobachtete. Seine verliebte Miene machte all ihre guten Vorsätze beinahe zunichte. Nein! Sie musste sich auf andere Dinge konzentrieren. Sie musste es schaffen!
    Lord Richard Wydeville wunderte sich über die aufmerksame Bedienung. Er brauchte kaum aufzusehen, schon wurde ihm nachgeschenkt. Er musste nur die leckere Speise betrachten, die seinem Tischnachbarn serviert wurde, schon wurde sie ihm vorgesetzt. Verantwortlich dafür war ein ungewöhnlich hübsches Mädchen, das die Livree der Königin trug und es als Lebensaufgabe zu betrachten schien, ihre Gäste zufrieden zu stellen. Darüber hinaus war sie ein Bild der Anmut. Entzückt beobachtete er, wie sie sich mit der Gewandtheit einer Tänzerin in einer komplizierten Choreographie um seinen Tisch bewegte.
    Er war so von ihr angetan, dass er beschloss, seine Tochter zu bitten, sie ihm nach Weihnachten zu überlassen. Vielleicht als Geschenk zum neuen Jahr. Seine Frau war nicht leicht zufrieden zu stellen, eine Eigenschaft, die Elizabeth gewiss von ihr geerbt hatte - aber die Herzogin war wegen der bösen Gerüchte am Hof in letzter Zeit recht unleidlich geworden, und das würde sie vielleicht aufheitern. Vielleicht wäre es klüger, zuerst den König darauf anzusprechen? Ja, so wollte er es machen, dachte er zufrieden und sah zu Edward und seiner Tochter hinüber, während ihm ein weiteres Stück Lerchen- und Gänsepastete aufgelegt wurde. Und da fiel ihm auf, dass auch der König das Mädchen beobachtete.
    Schlagartig kam ihm wieder das seltsame Gefühl in den Sinn, das ihn beschlichen hatte, als Moss dieses Mädchen eines Abends der Königin vorgestellt hatte. Moss stand in dem Ruf, dem König auf dem Gebiet der Liebe in nichts nachzustehen - natürlich vor dessen Heirat mit seiner Tochter. Aber wenn er sich recht entsann, war es ihm fast so vorgekommen, als wollte der Doktor seinem Schwiegersohn dieses Mädchen zum Geschenk machen. Rivers verzog missbilligend das Gesicht. Schon wieder sah der König das Mädchen mit diesem Blick an. Er schien sich allzu sehr für sie zu interessieren. Das Ganze muss schnell bereinigt werden, dachte er. Nicht dass irgendetwas Unziemliches Elizabeths triumphalen Erfolg trübte.

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    Kapitel 26
    Der Heilige Abend war gekommen, und die erst zur Hälfte fertig gestellte Georgskapelle, die den Rittern des Hosenbandordens gewidmet werden sollte, leuchtete trotz all der verstreuten Baumaterialien wie eine riesige Laterne. Auf offizielle Erlaubnis des Königs durfte der Hofstaat das noch unvollendete Meisterwerk, das Edward in Auftrag gegeben hatte und dessen Bau er mit Begeisterung überwachte, an diesem Abend besichtigen und darin die Christmesse feiern. Von den zahlreichen, mannsgroßen Wachskerzen, die im Inneren entzündet worden waren, hatte sich der großzügige Raum sogar ein wenig erwärmt, was einem Wunder gleichkam, da er nur teilweise überdacht war. Während der Abendandacht begann es sanft, aber stetig zu schneien, und die edlen Kleider der Höflinge wurden weiß überzuckert. Wie der Kutscher vorhergesagt hatte, brach in dieser Nacht der Winter an.
    Die Welt außerhalb des Schlosses lag aller Farben beraubt still da. Die Flocken fielen immer dichter und bildeten um die Festungsmauern einen wachsenden Schneewall. Die kleinen Häuser des Ortes versanken im Schneetreiben, und die Straßen waren vollkommen zugeschneit. Zum ersten Mal seit Menschengedenken

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