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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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schwangen Misstrauen und Hohn mit.
    Jehanne wurde wütend. »Ja, Doktor. Die arme Frau ist vielleicht schon tot«, erwiderte sie aufbrausend. Der Fehdehandschuh war geworfen.
    Moss musterte sie scharf, sah ihre störrische Miene und ihren trotzig verkniffenen Mund. Er wandte sich zum Gehen, während Jehanne und ihre Mädchen sich wieder daran machten, die Truhen für die Rückreise am nächsten Tag zu packen. Im Türrahmen drehte er sich noch einmal um.
    »Es wäre unklug, Jehanne, wenn der König erführe, dass sich die Krankheit von Annes Mutter in die Länge zieht und das Mädchen deshalb nicht an den Hof zurückkommen kann.«
    O ja, er würde dafür sorgen, dass Jehanne keine Ruhe bekam, bis Anne wieder für den König zur Verfügung stand. Darauf konnte die Alte sich verlassen. Anne musste ihn weiter als Freund betrachten, und er musste weiter daran arbeiten, dass sie Edwards Geliebte wurde. Das würde ihnen beiden von Nutzen sein. Er musste nur seine Trümpfe richtig ausspielen - und die würde er sich ganz bestimmt nicht kampflos wegnehmen lassen.
    Jehannes Herz schlug ihr bis zum Halse. Der kalte Tonfall des Doktors hatte einen schneidenden Beiklang gehabt. Er wäre ein schrecklicher Gegner, falls Anne nicht zurückkäme.
    Anne erbrach sich in einen Lederkübel, der in der kleinen, stickigen Kapitänskajüte der Lady Margaret stand. Trotz ihrer Proteste hatte er darauf bestanden, dass die drei Frauen sich bald nach der Ausfahrt aus dem Hafen unter Deck begaben.
    Die Ausfahrt aus Southampton, wo sie bereits von Jane Shore erwartet worden waren, und die gekräuselte See im frischen Nachmittagswind waren ein herrliches Erlebnis gewesen. Die schneidend kalte Luft, die schreienden Möwen, die knatternden Segel, die den Wind einfingen, und der für Landratten einzigartige Anblick des wogenden, grenzenlosen Horizonts, hinter dem unbekannte Länder verheißungsvoll lockten. Aber sobald sie auf offener See waren, schlug das Wetter um, der Wind wurde immer stärker, die Wellen immer höher.
    Die Männer begannen zu murren. Leif schickte die Frauen in seine Kajüte unter Deck, damit sie außer Sichtweite waren. Das kleine Schiff bockte und neigte sich tief zur Seite, so dass das winzige, dick verglaste Fenster unter Wasser glitt. Die Frauen versuchten unterdessen, sich die einzige, enge Koje zu teilen.
    Vom Bug bis zum Heck war es nicht weit, und das Schiff trieb auf den Wellen wie ein überladener, schwangerer Packesel. Dank seiner Breite und des schweren Kiels schwankte er weniger hin und her, bockte dafür umso heftiger vor und zurück. Durch die ungewohnte Bewegung mussten sich alle drei Frauen in der winzigen Kajüte erbrechen, bis sich ihnen beinahe der Magen umstülpte.
    Leif Mollnar sorgte dafür, dass sein Schiff hart am Wind segelte. »Simon! Sieh nach, wie es den Frauen geht. Bei diesem Wind werden sie Hilfe brauchen«, schrie er seinem Maat Simon, dem Bretonen, zu. Die Männer spürten, wie das Boot unter dem gewaltigen Ansturm der Wellen knirschte, machten sich jedoch keine allzu großen Sorgen - die Lady Margaret war ein robustes Schiff, und sie hatten schon oft viel Schlimmeres erlebt. Außerdem kam der Wind von Süden und trieb sie zügig gen Norden.
    Widerstrebend ging Simon über das Deck und packte unterwegs zwei Eimer mit Meerwasser und eine Bürste, mit der bei ruhigerem Wetter das Deck geschrubbt wurde. Er passte den richtigen Moment ab, stemmte die Kabinentür auf und wurde mit dem nächsten Kippen des Boots in den Raum hineingetragen, ohne auch nur einen Tropfen Wasser zu verschütten.
    Anne, die so ausgetrocknet war, dass sie kaum noch ihre Umgebung wahrnahm, richtete sich mühsam auf, um Simon beim Aufwaschen der Kajüte zu helfen. Doch als sie versuchte, sich auf ihre zitternden Beine zu stellen, wurde sie von Wand zu Wand geschleudert. Irgendwann war die Kajüte wieder in einem ordentlichen Zustand und alle losen Teile sorgfältig festgebunden. Anne fühlte sich wieder besser. Ihre Kleidung war feucht, weil sie versucht hatte, das Erbrochene mit Meerwasser zu beseitigen, aber wenigstens hatte der Gestank nachgelassen.
    Jane und Deborah hatte sie frisches Wasser zum Trinken gegeben, und beide lagen nun friedlich nebeneinander in der Koje. Anne hatte Jane, die sie am Kai wie eine alte Freundin begrüßt hatte, gleich ins Herz geschlossen. Nun half sie ihrer Gef ä hrtin, das kostbare Reisekostüm abzulegen. Das Leinenkleid, das sie darunter trug, würde sich leichter reinigen lassen als der

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