Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
würde ihn anschließend ja doch nicht wiedersehen.
Das Mädchen zog das dunkelblaue Kleid über, das Donna Grimaldi ihm geschenkt hatte. Es gefiel Konstanze am besten von all ihren neuen Kleidern, obwohl sie sich oft scheute, es zu tragen, da es eng anlag und ihre Formen so sehr betonte, dass sie sich fast dafür schämte. Gisela pflegte darüber zu lachen. Die Mode an den großen Höfen schrieb viel größere Ausschnitte und weit engere Kleider vor. Aber in Konstanze lebte eben doch noch die Novizin vom Rupertsberg.
Ihr Haar hatte sie am Abend schon gebürstet, jetzt hielt sie es mit einem Reif zurück, den Malik ihr ein paar Tage zuvor geschenkt hatte. Das würde ihn freuen.
Konstanze schlüpfte in ihre Schuhe – oder nein, damit würde sie Lärm machen, wenn sie die Treppe hinunterlief. Sie konnte barfuß gehen, es war immer noch warm.
Malik hatte eine Öllampe entzündet, die den kleinen, üppig mit Blumen bepflanzten Innenhof dürftig erhellte. Die Bäume und Blüten, der kleine Springbrunnen in der Mitte – all das warf unwirkliche Schatten. Ein Märchenland – Konstanze fühlte sich der Welt von Tausendundeiner Nacht sehr nahe.
Als sie sich Malik näherte, stand er auf, nahm ihre Hand und führte sie zu einer Bank, die unter einem üppig blühenden Strauch stand.
»Konstanze, meine Dame, meine Liebe … ich … ich denke … ich hoffe, du ahnst, was ich dir heute sagen will.«
Konstanze senkte den Blick. »Du willst Adieu sagen«, flüsterte sie. »Wir müssen morgen weiterziehen. Und du … du kommst nicht mit nach Rom, oder?«
Malik lachte. »Nein, Liebste. In euer Zentrum der Christenheit kannst du mich nicht locken, das wäre doch zu gewagt. Aber dennoch möchte ich nicht Adieu sagen.«
Der sarazenische Ritter stand auf und ließ sich langsam vor Konstanze auf die Knie sinken.
»Konstanze, ich glaube, du weißt, in welcher Liebe ich dir zugetan bin. Und ich hoffe, dass du sie erwidern kannst.«
Konstanze wusste vor Scham nicht, wo sie hinsehen sollte. Niemand hatte ihr je erklärt, wie sie auf solche Worte reagieren musste. Eigentlich sollte sie ja auch mit der Bitte verbunden sein, im Kreis der Ritter Eide zu schwören. Aber konnten sie das?
»Was ist, Konstanze?«, fragte Malik sanft. »Ich muss schon wissen, ob du tiefere Gefühle für mich hegst. Sonst sind all meine anderen Fragen sinnlos.«
»Ja …«, flüsterte Konstanze. »Ich … ich hege sehr … sehr tiefe Gefühle für dich.« Aber das klang falsch. Konstanze schluckte. »Ich liebe dich, Malik al-Kamil!«, flüsterte sie.
Malik küsste ihre Hand. »Und ich liebe dich, Konstanze von Katzberg. Ich möchte mit dir zusammen sein.«
Konstanze runzelte die Stirn. »Was … was bedeutet das?«, fragte sie dann. »Trägst du … trägst du mir damit die Ehe an? Oder willst du mich nur … für deinen Harem? Kannst du mich überhaupt heiraten? Hast du nicht schon eine Frau? Oder … oder vielleicht mehr als eine?« Konstanze klang verzagt.
Malik lächelte, erhob sich von den Knien und setzte sich wieder neben sie. Aber diesmal wagte er es, den Arm um sie zu legen.
»Bislang habe ich noch gar keine Gattin«, verriet er ihr dann. »Nicht einmal einen eigenen Harem. Nur zwei oder drei Sklavinnen im Harem meines Vaters.«
»Zwei oder drei …«, Konstanze wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
Malik schüttelte den Kopf. »Nun komm, Konstanze. Du erwartest doch wohl auch von keinem christlichen Ritter, dass er lebt wie ein Mönch, bevor er eine Ehe eingeht!«
»Aber …«
Malik wehrte ab. »Ja, ich weiß, dass darüber nicht gesprochen wird. Der christliche Ritter erwirbt seine Erfahrungen in den Armen einer Marketenderin – und ein paar Flöhe und Läuse schenkt sie ihm dabei gleich mit. Oder er tändelt mit seiner verheirateten Minnedame. Letzteres wäre für einen guten Moslem undenkbar – zumal die Damen viel zu gut geschützt sind. Bei uns erhält ein adliger Jüngling bei Erreichen des Mannesalters eine oder zwei erfahrene Sklavinnen zum Geschenk. Diese Frauen sind meist nicht mehr ganz jung, und sie verstehen ihre Kunst – es sind Preziosen, außerordentlich wertvoll und geschätzt, keiner käme auf den Gedanken, sie als Huren zu bezeichnen. Mit dem Einzug in den Harem gehören sie zum Haushalt – und sollte es dem Jüngling gelingen, eine davon zu schwängern, so wird sie in hohen Ehren gehalten.«
»Du … du hast aber noch kein Kind?«, vergewisserte sich Konstanze.
Der Prinz lachte. »Nicht, dass ich
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