Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
ihre Schwüre wiederholen. Gisela schwankte kurz, ob sie sich darüber ärgern sollte. Aber dann überwog die Vorfreude auf die Art von Hochzeit, die sie sich immer erträumt hatte: Ihr Geliebter würde sie in den Kreis der Ritter führen – illustrer Ritter, wie es aussah. Schließlich sprach nichts dagegen, die Zeremonie im Rahmen der Festlichkeiten in Palermo zu vollziehen.
Martin von Kent schien sich erneut verbeugen zu wollen, hielt sich dann aber zurück und sah Armand an. Konstanze hatte das seltsame Gefühl, dass seine Unterwürfigkeit vor allem ihr galt. Konnte ein christlicher Kaufmann im Sold eines arabischen Herrschers stehen?
»Der Prinz hat daran gedacht und Euch persönlich ein Pferd aus dem Marstall des Königs erwählt. Aber es wäre zu umständlich, nach Palermo zu reiten. Ich selbst bin mit einem Schiff des Königs gekommen. Wenn Ihr also vorliebnehmen wollt.«
»Nicht noch ein Schiff«, seufzte Dimma, sah aber ein, dass eine kurze Seefahrt einem mehrtägigen Ritt vorzuziehen war. Sie nahm an, dass der seltsame Kaufmann darauf bestanden hätte, Konstanze in der Sänfte reisen zu lassen. Sie wären länger als eine Woche unterwegs gewesen.
Das Schiff des Königs erwies sich dann als schmucker Segler, der von einer nur kleinen Besatzung entlang der teilweise spektakulären Steilküste Siziliens geführt wurde. Es war sonnig, aber windig, und Gisela genoss den Ritt auf den Wellen, während Konstanze sich um die seekranke Dimma kümmerte.Erst am Abend, als der Wind sich gelegt und Armand und Gisela sich zurückgezogen hatten, begab sich auch Konstanze an Deck. Sie brauchte dringend frische Luft. Freundlich grüßte sie zu Karl und den anderen Kindern hinüber, die auf den Schiffsplanken lagerten.
Auch Martin von Kent registrierte die Knechte und Mägde an Deck, als er sich jetzt Konstanze näherte. Erneut verbeugte er sich vor ihr.
»Sayyida, ich hoffe, dass Ihr meine Annäherung nicht als Beleidigung empfindet. Wenn Ihr allein sein möchtet, so werde ich sofort gehen – ich denke jedoch, dass ich Euch auch nicht kompromittiere, da ja weitere Personen anwesend sind.« Wieder sprach der Mann arabisch.
Konstanze nickte ihm zu. Sie hoffte, endlich mehr über ihn zu erfahren. Er war zu seltsam für einen christlichen Kaufmann. Aber warum sollte sie ihm das nicht einfach sagen?
»Sofern Ihr ehrlich zu mir seid, Martin von Kent«, sagte sie auf Italienisch, »… was ich bislang nicht glaube …«
Der Mann verbeugte sich wieder, diesmal fast beflissen.
»Sayyida, es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu erzürnen. Der Prinz würde es mir nie verzeihen. Allein Euch beunruhigt zu haben, ist ein Sakrileg! Aber hier auf Sizilien muss ich meine Identität als christlicher Handelsherr wahren – möglichst auch gegenüber Euren Freunden. Es wäre also eine große Gnade, Sayyida, und ein Beweis politischer Einsicht, wenn Ihr mich nicht verraten würdet.«
Konstanze lächelte hinter ihrem Schleier. »Dann«, bemerkte sie, »solltet Ihr Euch etwas seltener verbeugen.«
»Muhammed al-Yafa ibn Peter of Kent«, beeilte der Mann sich vorzustellen, wobei er sich wieder verbeugte. Sie begannen beide zu lachen. »Ich bin sozusagen das Auge und das Ohr des Sultans al-Adil in den Handelsmetropolen der Christen. Die … Eskorte einer Sayyida aus dem Harem des Fürsten obliegt mir eher selten. Also verzeiht mein Ungeschick!«
Konstanze lachte wieder. »Euch sei vergeben!«, sagte sie großmütig. »So … Ihr seid also Muslim?«, erkundigte sie sich.
Al-Yafa nickte. »Selbstverständlich, Sayyida. Auch wenn ich meine Gebete mitunter heimlich spreche und gelegentlich sogar die Kirchen der Christen aufsuche. Allah möge es mir verzeihen, geschieht es doch in Seinem Namen und zur Erhaltung Seiner Gläubigen.«
Konstanze sah hinaus auf das Meer, über dem sich wieder der Mond zeigte. Ein wenig hinter Wolken verborgen – nicht in Silberschimmer, sondern in milchigem Glanz.
»Aber Ihr wart einmal Christ«, riet Konstanze. »Der Name Eures Vaters …«
»Meine Eltern waren Christen, aber meine Mutter kam schon vor meiner Geburt in den Harem des Sultans. Ich wurde muslimisch erzogen«, erklärte Muhammed.
»Aber … aber machte ihr das denn nichts aus?«, brach es aus Konstanze heraus, »Eurer Mutter, meine ich. Wurde sie auch …?«
Al-Yafa schüttelte den Kopf. »Nein. Meine Mutter bekannte sich nie zum Islam. Aber sie war eine gute Frau. Ich bin sicher, Allah hat ihr das Paradies geöffnet.«
Konstanze seufzte.
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