Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Rücken zu einem der Segelmasten kämpfte, sah aus dem Augenwinkel, dass Malik verzweifelt versuchte, sich gleich fünf der Korsaren vom Hals zu schaffen. Die Planken waren glitschig vom Blut der Erschlagenen. Malik strauchelte.
Entschlossen verließ Armand seinen Platz und kam dem Sarazenenprinzen zu Hilfe. Mit einem Streich schlug er zwei der Angreifer nieder, mit den drei anderen wurde der Araber allein fertig. Die Männer fochten Rücken an Rücken. Und dann – ganz plötzlich, senkten die Piraten ihre Schwerter und schauten fassungslos aufs Meer hinaus.
»Er dreht ab!«
»Sie fahren ab!«
Malik und Armand vernahmen Rufe und sahen, wie ihre eben noch todesmutigen Gegner sich umwandten und über Bord sprangen. Verzweifelt versuchten sie, das abdrehende Piratenschiff noch schwimmend zu erreichen.
»Es ist nicht zu fassen!«, wunderte sich Armand. »Der Herr des Meeres vor Sizilien macht sich aus dem Staub!«
»Vielleicht haben wir den guten Lombarde aber auch schon zu den Haien geschickt, und sein Adjutant sichert sich gerade seinen schwimmenden Untersatz«, bemerkte Malik. »In weiser Voraussicht unter Zurücklassung einer Mannschaft, in der es womöglich weitere Anwärter auf die Nachfolge des Monsieur de Lombarde gibt. Gauner wie die kann er in jedem Hafen anheuern!« Malik stieß mit dem Fuß gegen eine Leiche. »Müssen wir hier selbst saubermachen, oder erbarmt sich vielleicht einer aus der Mannschaft?«
Die Mannschaftsmitglieder waren damit beschäftigt, die flüchtenden Piraten aus dem Meer zu ziehen und zu fesseln. Sie würden auf dem nächsten Sklavenmarkt ein hübsches Sümmchen einbringen, schließlich waren es durchweg junge, kräftige Männer. Inwieweit ihr künftiger Besitzer an den Seeräubern Freude haben würde, war allerdings dahingestellt. Auf Armand zumindest wirkten sie nicht sehr fügsam.
Der Kapitän öffnete derweil ein Weinfass. »Kommt, trinken wir einen Schluck auf den Sieg!«, forderte er seine Passagiere auf.
Die Bootsleute standen bereits mit ihren Trinkgefäßen bereit. Auch die Tempelritter nahmen einen Becher, und selbst Malik vergaß ausnahmsweise das Gebot des Propheten. Ein Stärkungsmittel nach dem Kampf konnte kaum verboten sein.
»Ihr führt eine scharfe Klinge, Franke!«, wandte er sich an Armand. »Wie es aussieht, verdanke ich Euch mein Leben.«
Armand schüttelte den Kopf. »Ach was, Ihr wärt mit den Kerlen auch allein fertig geworden. Aber ich freue mich, dass ich helfen konnte.«
»Ich würde mich dennoch gern revanchieren«, bemerkte der Prinz.
Armand zuckte die Schultern. »Vielleicht in einem anderen Kampf.«
Malik lächelte. »Zumindest werde ich mein Schwert niemals gegen Euch erheben.« Er legte die Hand auf sein Herz und hielt sie dann dem fränkischen Ritter entgegen. »Waffenbruder!«, sagte er mit fester Stimme.
Armand erwiderte die Geste und drückte die Hand seines neu gewonnenen Freundes.
Am nächsten Tag ging Malik al-Kamil in Messina an Land, nicht ohne Armand herzlich zum Abschied zu umarmen. Obwohl sie sich gegenseitig das Gegenteil versicherten, bezweifelten die Ritter, einander jemals wiederzusehen. Zu unterschiedlich waren ihre jeweiligen Aufgaben. Und auch wenn beide wohlbehalten heimkehrten: Es lagen viele Meilen und viele Grenzen zwischen Akkon und Alexandria.
Armand selbst ging in Genua von Bord und schloss sich einer Pilgergruppe an. Sie zog über den Brenner, den leicht zu überwindenden Alpenpass, ins heilige Köln.
Kapitel 6
Die Reise von Meißen zurück ins Rheinland war für Gisela ein einziges Vergnügen. Jutta von Meißen hatte sie mit einer Eskorte ausgestattet, zu der auch ihr Lieblingsritter Guido de Valverde gehörte, und das Mädchen verbrachte den ganzen Tag damit, mit den Rittern zu plaudern und zu tändeln. Das Wetter war schön, es war ein trockenes Frühjahr, und Smeralda tänzelte lebhaft neben den schweren Rössern der Männer her.
Gisela machte sich wichtig, indem sie ihr Gesicht züchtig verschleierte. Die Ritter hatten sie zwar schon in voller Schönheit gesehen, aber sie argumentierte damit, dass sie jetzt schließlich eine fast verheiratete Frau sei, und da zieme es sich nicht, jedem ihr Gesicht zu zeigen. Die Ritter machten das Spiel teilweise entzückt, teilweise mit nachsichtigem Lächeln mit – nur die ältere Zofe, die nachts mit Gisela das Zelt teilte und ihr zu Diensten stand, verdrehte unwillig die Augen.
»Ihr benehmt Euch wie ein Kind!«, schalt sie das Mädchen und dachte im
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